Kraus, Anton

Anton Kraus

Info

Anton Kraus, Sohn eines Kaufmannes, war nach der Matura in einem St. Pöltener Gymnasium zwischen 1912 und 1914 als Volontär in einem Rechnungsdepartment des k. u. k. Finanzministeriums beschäftigt, ehe er sich bei Kriegsbeginn 1914 freiwillig zum Dienst in der k. u. k. Armee meldete und mehrmals verwundet wurde. 1919 nahm Kraus sein Studium der Kunstgeschichte an der Universität Wien auf, das er ab 1920 mit einer Hilfsstelle in der Kunsthandlung Nebehay finanzierte. Am 2. April 1921 heiratete er die aus Cilli/Celje in der Untersteiermark stammende Privatbeamtin Melanie Pivetz. 1927 promovierte Kraus bei Heinrich Hammer mit einer Arbeit über Wendelin Dietterlin an der Universität Innsbruck. Fallweise als wissenschaftliche Hilfskraft für die Inventarisierung von Denkmälern und in der Bibliothek beschäftigt, bemühte sich Kraus in den 1930er-Jahren erfolglos um eine dauerhafte Anstellung in der Nationalbibliothek bzw. im Bundesdenkmalamt. Im April 1932 trat er der NSDAP bei und erhielt die Mitgliedsnummer 1,084.283. 1936 eröffnete sich für Kraus eine berufliche Perspektive als nichtständiger wissenschaftlicher Vertragsangestellter in der Bibliothek der Akademie der bildenden Künste, er arbeitete jedoch auch weiterhin in der Zentralstelle für Denkmalschutz. Nach dem "Anschluss" war Kraus dort im Ausfuhrdienst tätig, bis er als "alter Kämpfer" 1939 eine Beamtenplanstelle an der Bibliothek der Akademie erhielt. Mit Weisung vom 2. November 1939 wurde Kraus vom Reichserziehungsminister zum sofortigen Dienstantritt bei Kajetan Mühlmann, Sonderbeauftragten für die Sicherung der Kunst- und Kulturgüter in den besetzten polnischen Gebieten, nach Krakau abgeordnet. Gemeinsam mit dem Direktor der Ägyptisch-Orientalischen Sammlung des Kunsthistorischen Museums (KHM), Hans Demel, dem Kustos am Münzkabinett des KHM, Eduard Holzmair, und dem Leiter der Waffensammlung des KHM, Leopold Ruprecht, reiste Kraus am 11. November 1939 nach Krakau, um versteckte Kunst- und Kulturgegenstände aus den polnischen Sammlungen aufzuspüren, zu "überprüfen" und zu katalogisieren. Unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen Erfassung sollte die Gruppe "Verschleppungen" verhindern und gleichzeitig Erhebungen anstellen, um die mit 16. Dezember 1939 angeordnete "Sicherstellung" und Beschlagnahme der polnischen Kulturgüter zu erleichtern. Nach seinem Aufenthalt in Krakau war Kraus der "Gruppe Nord" unter Leitung von Josef Mühlmann zugeteilt, die in den Schlössern, Kirchen, Museen und Privatsammlungen Warschaus tätig wurde. 1940 kehrte Kraus nach Wien zurück und arbeitete ab diesem Zeitpunkt auch als Experte für Alte Gemälde, Handzeichnungen, Graphik und Miniaturen im Dorotheum. Nach einer positiven politischen Beurteilung folgte 1942 Kraus' Bestellung als Kunsthistoriker an das Museum des Reichsgaues Niederdonau, wo er mit der Betreuung einer neu einzurichtenden Galerie mit Schwerpunkt auf Kunst des Gaus Niederdonau beauftragt wurde und bei Neuerwerbungen, auch aus jüdischem Besitz, involviert war.

Am 13. Juli 1945 kam er der Meldepflicht gemäß dem Verbotsgesetz nach, versuchte jedoch den frühen Beitritt zur NSDAP zu verschleiern. Sein Gauakt und das Karteiblatt der NSDAP-Ortsgruppe Bauernfeldplatz belegten jedoch seine frühe Mitgliedschaft eindeutig, weshalb sein Name auf die Liste der NationalsozialistInnen gesetzt, als "Illegaler" rot unterstrichen und er entlassen wurde. Nach der Novelle des Nationalsozialistengesetzes 1947 wurde seine Entlassung aufgehoben, ohne Nachzahlung der Bezüge. Kraus starb noch vor seiner Pensionierung 1950.

Author Info
Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Eva Frodl-Kraft, Gefährdetes Erbe. Österreichs Denkmalschutz und Denkmalpflege 1918–1945 im Prisma der Zeitgeschichte (= Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege XVI), Wien-Köln-Weimar 1997.

Andreas Liška-Birk, Was tun mit erblosem Vermögen? Theodor von Hörman, "Erster Schnee, Dachau" – ein beispielhafter Fall, in: Armin Laussegger/Sandra Ham (Hg.), Tätigkeitsbericht 2018 der Landessammlungen Niederösterreich und des Zentrums für Museale Sammlungswissenschaften, Krems 2019, 177–180.

Archivalien

BDA-Archiv, Personalakten Kraus Anton.

DKA, NL Posse, Hans, I,B-2 30.11.1939–01.12.1939: Krakau, Warschau (0049).

IMT/Nuremberg Archives, H-2922.

KHM-Archiv, 74/KORR/1939/40, 280/KL/1939, 322/KL/1939.

OeStA/AdR, BMI BeKo, BK 1126/46, Anton Kraus.
OeStA/AdR, ZNsZ, Gauakt 115.931, Anton Kraus.

OeStA/KA, Qualifikationslisten, K. 1540.

ÖNB, 318/1930, 1628/1936.

UAAbKW, Zl. 967/1936.

WStLA, Gauakten, A1, Personalakten des Gaues Wien, Anton Kraus.
WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Meldeauskunft Anton Kraus.
WStLA, M.Abt. 119, A42, NS-Registrierung, Anton Kraus.