Lauffen, Salzbergwerk

Salzbergwerk Lauffen

Info
Zusatzinformationen

weitere Bezeichnung: "Berg"

Schlagwörter

Über Weisung von Robert Hiecke, Ministerialdirigent im Reichserziehungsministerium, fand im Spätherbst 1943 eine kommissionelle Besichtigung des Lauffener Stollens bei Bad Ischl durch Ludwig Berg (Sachbearbeiter für Museen im Generalreferat für Kunstförderung, Theater, Museen und Volksbildung), Fritz Dworschak (Erster Direktor des Kunsthistorischen Museums (KHM) in Wien), Herbert Seiberl (Leiter des Instituts für Denkmalpflege) und Hermann Michel (Direktor der Abteilung Mineralogie am Naturhistorischen Museum in Wien) statt. Nach Abgabe eines Gutachtens durch Michel wurde der Stollen in Lauffen am 8. November 1944 für die Bergung der bedeutendsten Werke aus den Wiener Museen freigegeben. Die Räume im Bergwerk konnte Gottfried Reimer, stellvertretender Leiter des "Sonderauftrags Linz", zur Verfügung stellen, da "alle alpenländische[n] Salinen über Weisung des Reichsfinanzministers für Bergungszwecke beschlagnahmt" worden waren. Dworschak informierte Reimer am 23. November 1944, dass er in den folgenden Wochen wegen der "Bergungsarbeiten im Ischler Salzbergwerk" häufiger und länger vor Ort sein werde. Auch eine Restaurierwerkstatt sollte in Bad Ischl eingerichtet, die im Kaiser Franz Josef Erbstollen tätigen Wachleute und Aufseher sollten direkt in Lauffen, in der Pension Weißes Rössl, untergebracht werden. Ende November 1944 bestätigte Reimer, dass das Salzbergwerk für die Bergung der Wiener Kunstsammlungen sowie für die Liechtensteinische Gemäldegalerie bezugsfertig sei. Die Tagesberichte aus Lauffen setzten mit 9. Dezember 1944 ein. An diesem Tag kamen die beiden Restauratoren des Kunsthistorischen Museums Josef Hajsinek und Franz Sochor am späten Nachmittag in Bad Ischl an, wo sie in der Pension Engljähringer Quartier bezogen, das als Büro und später auch als Bergungsraum diente. Die Bergungsmannschaft bestand lediglich aus den beiden Restauratoren. Der erste Transport mit Bergungsgut traf am 12. Dezember 1944 ein, obwohl die Schächte zu diesem Zeitpunkt noch nicht für die Lagerung von Kunstgegenständen ausgekleidet waren. In den ersten Tagen der Bergung beschäftigte das Kunsthistorische Museum nur neun Mitarbeiter, die die Kunstwerke in das Berginnere brachten. Nach und nach folgten weitere Transporte, fast alle Wiener Sammlungen verlagerten Bergungsgut nach Lauffen. Victor Luithlen, Kustos der Sammlung alter Musikinstrumente des KHM, wurde noch im März 1945 zum Bergungsleiter ernannt und löste damit Gert Adriani ab, der im Februar 1945 Bergungsgut in einem Waggon übersehen hatte und deshalb abberufen worden war. Am 4. Mai 1945 fanden die letzten Arbeiten im Stollen statt, der verschlossen und verschüttet wurde. Im Unterschied zum Bergwerk in Altaussee gab es in Lauffen nie die Bedrohung einer vollkommenen Vernichtung der Kunstwerke durch die nationalsozialistischen Machthaber.

Am 13. Mai 1945 trafen US-amerikanische Truppen in Lauffen ein und übernahmen die Kontrolle über die Bergungsstelle. Verantwortlich vor Ort war seitens der Abteilung Monuments, Fine Arts and Archives der Architekt Robert Posey. Nachdem die Zugänge zum Bergwerk wieder freigemacht worden waren, führten die KHM-Mitarbeiter in den Schächten Kontrollen der Bergungsbestände durch, wobei bei einigen Gemälden Schimmelbildung festgestellt wurde. Wenige Tage später verwehrten Angehörige der US-Streitkräfte der Bergungsmannschaft die Einfahrt in den Stollen und führten die beiden Wachmänner Karl Weinisch und Rudolf Denk zum Verhör nach Bad Goisern ab. Monuments Man Lieutenant Frederick Shrady wollte die in der Pension Engljähringer gelagerten Kunstgegenstände nach München in den Central Collecting Point (CCP) bringen. Dabei handelte es sich um Objekte, die für den "Sonderauftrag Linz" bestimmt gewesen waren und noch Ende April 1945 vom Salzbergwerk in Altaussee nach Lauffen gebracht hätten werden sollen, wozu es aber nicht mehr gekommen war. Nach Kriegsende wurden sie schließlich in den CCP München gebracht. Indes gingen die Arbeiten im Bergwerk weiter: Die Restauratoren Hajsinek und Sochor überprüften fortlaufend mit Hilfe der Aufseher und Wachmänner die im Bahnhof in Tiefbau II aufgestellten Gemälde. Erst gegen Ende Juli 1945 konnte Victor Luithlen die Verbindung mit Wien wiederaufnehmen und berichtete am 7. August 1945 dem neuen Ersten Direktor des KHM August Loehr, dass in Lauffen alles in Ordnung sei. Die Rückbringung der Objekte aus Lauffen nach Wien erfolgte zwischen 1945 und 1947 unter Luithlens Leitung, nur wenige Objekte kamen abhanden wie etwa das Bild Kleiner Blumenstrauß von Jan Brueghel d. Ä. (Inventarnummer GG 548). Dieses sollte später in einer Privatwohnung in München wieder auftauchen und nach einer längeren gerichtlichen Auseinandersetzung über ein Urteil des Bundesgerichthofs in Karlsruhe erst 1959 in die Gemäldegalerie des KHM zurückkommen. Sieben Bilder der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums gelten immer noch als verschollen. Heute befinden sich in den ehemaligen Bergungsräumen ein Wasserbassin und ein Lager für Kernbohrungen.

Author Info
AutorIn
Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Katharina Hammer, Glanz im Dunkel. Die Bergung von Kunstschätzen im Salzkammerkgut am Ende des 2. Weltkrieges, Altaussee 1996.

Herbert Haupt, Jahre der Gefährdung. Das Kunsthistorische Museum 1938–1945, Wien 1995.

Susanne Hehenberger/Monika Löscher, "Geheime" Bergungsorte: das Rothschildsche Jagdschloss Steinbach bei Göstling (Jagd), die Kartause Gaming (Schloss), das aufgelassene Stift Klosterneuburg (Stift) und das Salzbergwerk Lauffen bei Bad lschl (Berg). Arbeitsalltag – Sicherheitsvorkehrungen – Rückbergungen, in: Pia Schölnberger/Sabine Loitfellner (Hg.), Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus. Mythen – Hintergründe – Auswirkungen (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 6), Wien-Köln-Weimar 2016, 35–68, URL: doi.org/10.7767/9783205201564-004.

Archivalien

BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 4/1, M. 5a und K. 16, M. 5.

KHM-Archiv, Bergungsunterlagen, XIII 16, XIII 20, XIII 33, XIII 34, XIII 36; Direktions- und Verwaltungsakten, 73/ED/1944, 2/I/ED/1945, 2/I/ED/1947, 94/VK/1954.
KHM, Gemäldegalerie, 44/GG/1931, 27/GG/1965, 25/GG/1955, 12/GG/1956, 28/GG/1957.