Kunsthandlung Ign. Pick

Kunsthandlung Ign. Pick

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Weitere Bezeichnung: Altkunstgalerie Wien

Josef Pick (1842–1896) war Inhaber eines Trödlergeschäfts in Wien 1, Landesgerichtsstraße 20, das nach seinem Tod seine Witwe, Katharina Pick, née Berger (1848–1906), weiterführte und 1899 handelsgerichtlich protokollieren ließ. Prokurist war ihr 1870 geborener Sohn Ignatz Pick. Nach dem Austritt seiner Mutter 1902 ließ er als neuer Alleininhaber den Firmennamen auf Ign. Pick ändern. 1914 kam zum Trödlergewerbe die Berechtigung zum Handel mit Antiquitäten hinzu, wobei bald auch Werke namhafter KünstlerInnen des 19. bzw. frühen 20. Jahrhunderts zum Angebot zählten.

Nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich bewertete Pick in seiner Vermögensanmeldung das Betriebsvermögen mit rund 57.500 Reichsmark. Ende November 1938 bestellte die Vermögensverkehrsstelle (VVSt) auf Vorschlag des Landesleiters Wien der Reichskammer der bildenden Künste, Leopold Blauensteiner, und dessen Stellvertreters und Geschäftsführers, Marcel Kammerer, Robert Grehs zum kommissarischen Verwalter. Dieser sollte eine Bestandsaufnahme durchführen und die Liquidation der Firma "unter Bedachtnahme auf das künstlerisch und kulturell wertvolle Gut" vorbereiten. Grehs bewertete die Warenbestände mit nur knapp 35.700 Reichsmark. Eine von ihm erstellte Liste umfasste 1.100 Einzelposten, u. a. Ölgemälde, Holzplastiken, Miniaturen und Möbel. Zwei Werke von aus Oberösterreich stammenden Künstlern (eine Landschaft von Adolf Obermüllner und ein Werk von Johann Baptist Reiter, darstellend die Tochter des Malers) wurden um 159 Reichsmark an das "Museum in Linz" veräußert, zwei Porträts von Johann Baptist von Lampi (darstellend den ehemaligen Wiener Bürgermeister Anton Josef von Leeb und dessen Ehefrau) auf Vorschlag von Grehs deutlich unter dem Schätzwert an das Museum der Stadt Wien. Die geplante Liquidierung des Geschäfts durch den Abwickler Otto Faltis kam nicht zustande, da Anfang 1939 die von der Landesleitung der Reichskammer protegierte Hilda Attems und deren Cousine Maria Korb-Weidenheim (nach ihrer Heirat 1939 Maria Offermann) bei der VVSt einen Antrag auf "Arisierung" um 24.000 Reichsmark eingebracht hatten. Die VVSt setzte im April 1940 einen Kaufpreis von 24.000 Reichsmark und eine "Arisierungsauflage" von rund 5.500 Reichsmark fest, die Endgenehmigung erfolgte im August. Bis dahin hatte Grehs immer wieder Waren abverkauft, wobei er den Erlös nur teilweise, wie von der VVSt gefordert, zur Zahlung offener diskriminierender Steuern für Pick verwendet, sondern vielmehr selbst verbraucht hatte. Aufgrund der erfolgten Verkäufe reduzierte die VVSt den Kaufpreis schließlich auf rund 18.700 Reichsmark. Grehs hatte auch einige Kunstgegenstände, die ursprünglich von der "Arisierung" ausgenommen worden waren, mit Bewilligung Blauensteiners nach und nach an Offermann veräußert. Es handelte sich u. a. um eine Zeichnung Gustav Klimts, zwei Ölgemälde von Tina Blau (Prater und Dortrecht) sowie zwei Ölgemälde von Fritz Rojka (Interieur und Polnischer Jude). Im Mai 1940 ging ein letzter Ausfuhrantrag von Ignatz Pick mit ihm selbst als Empfänger und der Destination USA bei der Zentralstelle für Denkmalschutz ein, ein Ölgemälde von Ferdinand Georg Waldmüller, Alte Frau, wurde für die Ausfuhr gesperrt. Ignatz Pick, der wegen ausständiger diskriminierender Steuern nicht ausreisen konnte, starb am 25.2.1941 im Spital der Israelitischen Kultusgemeinde.

Nach der Befreiung Wiens im April 1945 beschlagnahmte die Rote Armee kurzfristig das Geschäft, im Juli konnte es die zur öffentlichen Verwalterin bestellte Amelie Menshengen, die seit 1942 im Betrieb tätig gewesen war, wiedereröffnen. Im November 1948 schloss Maria Offermann mit den in den USA lebenden Erbinnen nach Ignatz Pick – Gisela Pick, Margaret Epstein und Alice Löwy – einen außergerichtlichen Vergleich, der lediglich den vorhandenen Warenbestand, nicht aber das Geschäftslokal betraf. Ein Teil der im Unternehmen befindlichen Objekte sollte in die USA transportiert, ein weiterer von Offermann als Kommissionsware abverkauft werden. Offermann war hingegen berechtigt, das Gewerbe weiterhin am selben Standort unter der bisherigen Bezeichnung Altkunstgalerie Wien auszuüben. Offermann führte den Betrieb – ab den 1960er-Jahren an einem neuen Standort in Wien 1, Annagasse, – bis 1977 weiter, sie starb 1995, Hilda Attems, die lediglich als stille Teilhaberin fungiert hatte, 1981. 

Die erwähnten Porträts von Lampi wurden 2008 vom Wien Museum an die Rechtsnachfolgerinnen nach Ignatz Pick restituiert.

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Publikationen zur Person / Institution

Dritter Bericht des amtsführenden Stadtrates für Kultur und Wissenschaft über die gemäß dem Gemeinderatsbeschluss vom 29. April 1999 erfolgte Übereignung von Kunst- und Kulturgegenständen aus den Sammlungen der Museen der Stadt Wien sowie der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, URL: www.wienmuseum.at/items/uploads/items/Restitutionsbericht_2002_bf.pdf (29.6.2025).

Christian Mertens/Gerhard Milchram/Michael Wladika. "In gutem Glauben erworben". 25 Jahre Restitutionsforschung der Stadt Wien, Wien 2024.

Reinhold Mittersakschmöller (Hg.), Joachim Freiherr von Brenner-Felsach: Eine Reise nach Nias. Unveröffentlichte Manuskripte aus dem Museum für Völkerkunde in Wien / Materialien zu Exotismus und Ethnographie, Wien 1998.

Archivalien

BDA-Archiv, Ausfuhrmaterialien, Zl. 342/1940, Ignaz Pick.

OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 4304, 22.897, Ignaz Pick.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds, 1.007, Gisela Pick.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds, 1.009, Margarethe Epstein.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds, 1.010, Alice Loewy.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, Ha. 8704, Firma Ign. Pick.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, K. u. Tr. 12.016, Robert Grehs, Firma Ign. Pick.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 36.839, Ignatz Pick.
OeStA/AdR, ZNsZ, Gauakt 64.360, Hilda Attems, Maria Korb-Weidenheim.

WStLA, Gauakten, A1, Personalakten des Gaues Wien, Zl. 76.107, Hilda Attems.
WStLA, Handelsgericht Wien, B74, Registerakten, Einz. 32, 154, Katharina Pick, Ign. Pick.
WStLA, Handelsgericht Wien, B74, Registerakten, Einz. 32, 208 a, Katharina Pick, Ign. Pick.
WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Meldeauskunft, Name.
WStLA, M. Abt. 119, A25, ÖVA (Öffentliche Verwaltungen), Zl. 3040, Kt. 205, Maria Offermann, Altkunstgalerie Wien.
WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr 6038/47, Hilde Attems, Maria Offermann.