Pick, Ignatz

Ignatz Pick

Schwarzweißporträt
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30.6.1870 Wien – 25.2.1941 Wien

Ignatz Pick wuchs als ältestes von neun Kindern des Trödlers Josef Pick und seiner Frau Katharina Pick, née Berger, in einer Mietwohnung in Wien 1, Rathausstraße 19 auf. Im selben Gebäudekomplex, der Landesgerichtsstraße 20, betrieb der Vater im Erdgeschoß sein Trödlergeschäft. Ignatz Pick übernahm 1896 den Laden und änderte den Firmennamen in Ign. Pick. 1897 heiratete er im Wiener Stadttempel die aus Nikolsburg/Mikulov, Südmähren gebürtige Gisela Fischer. Das Ehepaar bekam zwei Töchter: Margarethe (1898) und Alice (1900). Margarethe Pick heiratete 1920 den aus Minsk stammenden Opernsänger, Juwelier und Kommunisten Julian Epstein. Alice Pick ehelichte 1924 den Neurologen Paul Löwy, die gemeinsame Tochter Hanna Miriam Löwy wurde 1925 geboren. Ignatz Pick, der 1914 die Berechtigung für den Handel mit Antiquitäten erworben hatte, engagierte sich seit 1927 in der Vereinigung der Antiquitäten- und Kunsthändler Wiens und wurde 1930 deren Vizepräsident. Ignatz und Gisela Pick bauten privat in ihrer Wohnung in der Rathausstraße 19 eine umfangreiche Kunstsammlung bestehend aus Bildern des 19. Jahrhunderts auf.

Nach dem “Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 war die Familie Pick aufgrund ihrer jüdischen Herkunft der NS-Verfolgung ausgesetzt. Im Dezember 1938 wurde der Antiquitätenhandel des Ignatz Pick im Auftrag des stellvertretenden Landesleiters der Reichskammer für Bildende Künste, Marcell Kammerer, unter kommissarische Verwaltung des Kunsthistorikers Robert Grehs gestellt und in Folge durch Hilde Attems und Maria Offermann zum bereits von der Vermögensverkehrsstelle herabgesetzten Preis von 18.729,50 Reichsmark "arisiert". Nach Abzug der Unrechtssteuern verblieben lediglich 3.000 Reichsmark auf einem Sperrkonto. Der Dorotheumsexperte Franz Kieslinger bewertete die aus 169 Teilposten bestehende Kunstsammlung im April 1938 mit rund 21.000 Reichsmark. Margarethe und Julian Epstein verließen Österreich Anfang April 1938 Richtung Frankreich. In Toulouse kam 1941 die gemeinsame Tochter Monique Epstein zur Welt. Julian Epstein wurde 1942 verhaftet, im März 1943 ins Vernichtungslager Majdanek deportiert und sofort nach der Ankunft ermordet. Margarethe Epstein überlebte mit ihrer Tochter die deutsche Besatzung als U-Boot im Süden Frankreichs. Paul und Hanna Löwy flüchteten im September 1938 nach New York, Alice Löwy folgte ihrer Familie im März 1939. In den USA änderten sie 1939 die Schreibweise ihres Namens in Loewy. Ignatz Pick starb am 25. Februar 1941 im Spital der israelitischen Kultusgemeinde. Nach dem gerichtlichen Erbteilungsbeschluss veräußerte der kommissarische Verwalter Robert Grehs die noch verbliebenen Kunstobjekte aus der Privatsammlung und zahlte den Erlös auf drei Sperrkonten zugunsten der Erbinnen ein. Gisela Pick konnte im Oktober 1941 nach Kuba flüchten, von wo sie 1943 in die USA weiterreiste. Mit Bescheid des Oberfinanzpräsidenten Wien-Niederdonau beim Amtsgericht Wien I vom März 1944 verfiel das gesamte Vermögen von Gisela Pick, Alice Löwy und Margarethe Epstein nach der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz aus 1941 dem Deutschen Reich.

Margarethe und Monique Epstein emigrierten 1947 in die USA. 1948 schlossen Alice Loewy, vertreten durch den Wiener Schriftsteller George Saiko, und Maria Offermann einen Rückstellungsvergleich für das entzogene Antiquitätengeschäft von Ignatz Pick ab, der die Rückstellung des gesamten Warenlagers beinhaltete. Zwischen 1956 und 1958 konnte Alice Loewy zwar die Restitution von insgesamt 13 Bilder aus der Kunstsammlung ihrer Eltern erreichen, doch wurden diese nicht zur Ausfuhr freigegeben. 12 Gemälde erwarb das Historische Museum der Stadt Wien 1957 und 1958. Das Porträt der Mutter des Künstlers von Ferdinand Georg Waldmüller wurde 1960 an die Österreichische Galerie verkauft. Alice Loewy heiratete 1969 nach dem Tod ihres ersten Mannes Paul Loewy 1955 ihren langjährigen Lebensgefährten, den Schriftsteller und Soziologen Erich von Kahler. Gisela Pick verstarb 1962 in New York. Nach Erlass des Ersten Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetzes 1969 machte Alice Loewy am 12. Dezember 1969 die Herausgabe weiterer fünf Kunstobjekte aus der Sammlung ihrer Eltern geltend. Mit Schreiben vom 20. Oktober 1970 an die Finanzlandesdirektion Wien bat das Bundesdenkmalamt um "Rückstellung nach Entbehrlichkeit“, wobei alle fünf Objekte ausgehändigt wurden. Die Schwestern Margarethe Epstein und Alice Loewy-Kahler starben 1988 bzw. 1991. Erst in Folge des Kunstrückgabegesetzes 1998 kam es zu weiteren Restitutionen: 2001 beschloss der Kunstrückgabebeirat des Bundes die Rückstellung zweier Bilder aus der Graphischen Sammlung Albertina an die Erbinnen nach Ignatz Pick. Auch das Wien Museum restituierte 2006/2007 sechs Kunstobjekte. Bis dato nicht restitutiert wurde hingegen das aus der Sammlung Ignatz Pick stammende Gemälde Ausritt zur Parforcejagd aus Schloß Orth von Franz Rumpler. Ernst Zix hatte das Bild 1941 im Dorotheum erworben und 1972 dem Land Niederösterreich vermacht. Es befindet sich heute in den Landessammlungen Niederösterreich.

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Publikationen zur Person / Institution

Jürgen Wüller, Die Leidenschaften des Ingenieurs Zix, in: Der Anschnitt. Zeitschrift für Kunst und Kultur im Bergbau 4 (1952) 1, 16–17.

Beiratsbeschluss Ignatz Pick, 01.10.2001, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Pick_Ignatz_2001-10-01.pdf (16.09.2024).

Wolfgang Krug, Waldmüller bis Schiele, Meisterwerke aus dem Niederösterreichischen Landesmuseum, St. Pölten 2002.

Vierter Bericht des amtsführenden Stadtrates für Kultur und Wissenschaft über die gemäß dem Gemeinderatsbeschluss vom 29. April 1999 erfolgte Übereignung von Kunst und Kulturgegenständen aus den Sammlungen der Museen der Stadt Wien sowie der Wiener Stadt- und Landesbibliohtek, URL: www.wienbibliothek.at/sites/default/files/files/Restitutionsbericht_2003.pdf (19.08.2024).

Sophie Lillie, Was einmal war, Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003.

Marianne Enigl, Reich im Reich. Der Adel und die Nazis, Teil 2, in: profil Nr. 23 (2004), 38–41.

Sechster Bericht des amtsführenden Stadtrates für Kultur und Wissenschaft über die gemäß dem Gemeinderatsbeschluss vom 29. April 1999 erfolgte Übereignung von Kunst- und Kulturgegenständen aus den Sammlungen der Museen der Stadt Wien sowie der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, URL: www.wienbibliothek.at/sites/default/files/files/Restitutionsbericht_2005.pdf (19.08.2024)

Fünfter Bericht des amtsführenden Stadtrates für Kultur und Wissenschaft über die gemäß dem Gemeinderatsbeschluss vom 29. April 1999 erfolgte Übereignung von Kunst- und Kulturgegenständen aus den Sammlungen der Museen der Stadt Wien sowie der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, URL: www.wienmuseum.at/fileadmin/user_upload/PDFs/Restitutionsbericht_2004.pdf (22.1.2024).

European Holocaust Research Infrastructure (EHRI), "Epstein family collection", URL: portal.ehri-project.eu/units/us-005578-irn73321 (08.02.2024).

Archivalien

BDA-Archiv, Ausfuhrmaterialien, Zl. 421/38, Zl. 2914/38, Zl. 342/40, Ignatz Pick.
BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 30, PM Alice von Kahler-Loewy.

Archiv der IKG Wien, Matriken.

IKG Wien, Bestand Jerusalem, A/W 2590,144, Auswanderungsfragebogen Paul Löwy.

Literaturhaus Wien, Archiv, K. N1.19, Nachlass Alice von Kahler.

NÖLA, Amt der nö Landesregierung, Ankaufsakt LA. III/2-527/10m-72.

OeStA/AdR, E- uReang, VVSt, HA 8.704, Fa. Ign. Pick.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 36.839, Ignatz Pick.
OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 2.597, Margarethe Epstein.
OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 4.303, Alice Loewy.
OeStA/AdR, E-uReang, FLD Zl. 22.897, Ignatz Pick.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, SSt Neg., Zl. 143, Fa. Ign. Pick.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds 1.007, Gisela Pick.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds 1.009, Margarethe Epstein.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds 1.010, Alice Loewy.

WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Meldeauskünfte Ignaz [sic] Pick, Julian Epstein und Paul Löwy.
WStLA, M.Abt. 119, A41-VEAV 21V, 1. Bez., Ignaz [sic] Pick.
WStLA, BG Innere Stadt, 26A 193/1941, Verlassenschaft Ignatz Pick.

WMW-Archiv, K. 60, Sammlermappe Ignatz Pick.