Gilhofer und Ranschburg

Gilhofer & Ranschburg

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weitere Bezeichnungen: Gilhofer (1883–1884), Gilhofer & Ranschburg Antiquariats GesmbH (1938–1947), Gilhofer KG (ab 1947)

Das Wiener Buch- und Kunstantiquariat Gilhofer wurde 1883 von Hermann Gilhofer (1852–1913) als Sortimentsbuchhandlung mit Standort in der Wiener Innenstadt, Bognergasse 2, gegründet. Nach dem Einstieg Heinrich Ranschburgs (1860–1914) als Gesellschafter, der die Geschäftstätigkeit um das Antiquariat erweiterte, entwickelte sich die Firma Gilhofer & Ranschburg, die zusätzlich ein Auktionshaus sowie einen Verlag betrieb, zu einem international erfolgreichen Player auf dem Sektor des Handels mit antiquarischen Büchern, Grafik und Autographen, aber auch mit Münzen. Infolge dieses Aufstiegs, den u. a. die Versteigerungen der Bibliotheken Metternich oder jene der russischen Zaren sowie der Doubletten der Albertina mit sich brachten, eröffnete man 1924 eine Filiale in Luzern, die bis zu ihrer Auflösung 1941 von Leopoldine Zelenka geleitet werden sollte. Nach dem "Anschluss" 1938 verlor Heinrich Ranschburgs Sohn Otto (1900–1985) im Zuge der "Arisierung" des Wiener Betriebs seinen Posten als Geschäftsführer, und die bisherigen Gesellschafter Wihelm Schab, Elisabeth Margulies, née Ranschburg, und Ludwig Abelis mussten ihre Anteile veräußern. Der Rechtsanwalt Stefan Lehner fungierte als Vermögensverwalter. Das Unternehmen wurde im Februar 1939 vom bisherigen Prokuristen der Firma, Friedrich Steinert, sowie dem Münchener Antiquar Hans Werner Taeuber als Gilhofer & Ranschburg Antiquariats GesmbH neugegründet. Zudem erwarb Adolf Ziegler 95 Prozent der Anteile für die Reichskammer der bildenden Künste, der er als Präsident vorstand. Die Neugründung erfolgte über Genehmigung der Vermögensverkehrsstelle, wobei es zu Unstimmigkeiten mit Heinrich Höfflinger, einem Mitarbeiter der Kunstkommission, kam, der den Wert des Warenlagers mit RM 150.000 viel höher angesetzt hatte als die neuen Gesellschafter mit RM 80.000. Dass Gilhofer & Ranschburg mehrheitlich im Eigentum der Reichskammer stand, blieb unbekannt. In den Folgejahren konnte die Firma zahlreiches "arisiertes" Kunstgut in die Schweiz ausführen und über die Luzerner Niederlassung veräußern, war aber gleichzeitig weiterhin in Wien aktiv, wie beispielsweise bei der Übernahme der – ursprünglich für das "Linzer Kunstmuseum" vorgesehenen – Bibliothek Rudolf Gutmanns im Januar 1944.

Nach langem Rechtsstreit zwischen dem "Ariseur" Taeuber und den früheren Gesellschaftern Margulies und Schab, die 1939 nach New York geflohen waren, wurde die Firma 1949 an diese restituiert. Taeuber erwarb sie 1950 zurück und führte sie – ab 1958 gemeinsam mit Rudolf Hoffmann, einem vormaligen Mitarbeiter des Antiquariats Christian M. Nebehay, – bis zu seinem Tod 1970 weiter. Die Geschäftstätigkeit der Gilhofer KG endete 2004 mit der Übernahme durch das nunmehrige Antiquariat Inlibris, Gilhofer Nfg. GmbH.

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Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Agnes Schildorfer/Ute Simonlehner, "Arisierungen" im Falle der Buch- und Kunstantiquariate "Gilhofer und Ranschburg" und "Dr. Ignaz Schwarz", Seminararbeit, Univ. Wien, 2001/02, URL: www.murrayhall.com/files/referate/gilhoferschwarz.pdf (3.12.2020).

Werner Schröder, Die Arisierung jüdischer Antiquariate, Teil II, in: Aus Dem Antiquariat: Zeitschrift für Antiquare und Büchersammler NF 7 (2009) 6, 359–386.

Esther Tisa Francini/Anja Heuss/Georg Kreis, Fluchtgut – Raubgut. Der Transfer von Kulturgütern in und über die Schweiz 1933–1945 und die Frage der Restitution, hg. von der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg (= Veröffentlichungen der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg 1), Zürich 2001.

Publikationen der Person / Institution

Zahlreiche Veröffentlichungen für das Auktionsinstitut sowie den Verlag Gilhofer & Ranschburg.

Archivalien

BArch Berlin, R 9361-V/100199, Personenbezogene Unterlagen der Reichskulturkammer.

OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 420.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, Handel, H. 5509.