Blumka, Ernst

Ernst Blumka

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21.2.1886 Wien – 14.3.1969 London

Der im südböhmischen Budweis (České Budĕjovice) geborene Moses (Moritz) Blumka (1855–1918) betrieb in Wien 1, Himmelpfortgasse 17, ein Kunst- und Antiquitätengeschäft und gründete 1911 gemeinsam mit seinem Sohn Ernst Blumka am selben Standort die Firma M. Blumka & Sohn, einen Handel mit Antiquitäten. Ernst Blumka und sein jüngerer Bruder, der am 12.5.1887 geborene Hugo Blumka, stammten aus der später geschiedenen Ehe Moses Blumkas mit Johanna, née Lichtblau (1862–1920). Letztere heiratete 1901 den Antiquar Oskar Weinstein. Nach dem Tod seines Vaters führte Ernst Blumka das Geschäft als nicht protokollierte Einzelfirma weiter. Auch die Antiquitätenhandlung seines jüngeren Bruders Hugo in Wien 1, Seilerstätte 11, wurde nicht in das Handelsregister eingetragen. Ernst Blumka hatte 1914 die 1892 in Bad Vöslau geborene Irene, née Rausnitz, geheiratet und Hugo im Jahr 1920 Hermine (Mimmi), née Wälder, die aus einer Goldarbeiterfamilie kam. Alle Genannten waren Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Hugo Blumka, im Ersten Weltkrieg Leutnant der k. u. k. Armee, kehrte 1920 aus der sibirischen Kriegsgefangenschaft nach Wien zurück und fungierte von 1927 an als bevollmächtigter Sachverständiger und Schätzmeiser für Antiquitäten und Kunstgegenstände der Italienischen Handelskammer.

Wenige Wochen nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich schätzte der Kunsthändler und gerichtlich beeidete Sachverständige Amatus Caurairy im Mai und Juni 1938 sowohl die Warenlager als auch die Wohnungseinrichtungen von Ernst und Hugo Blumka. Zu deren Privatbesitz zählten Teppiche, Schmuck, Kunstwerke sowie Gold- und Silbergegenstände. Ernst Blumkas Sammlung umfasste u. a. Werke von Franz Alt, Max Schödl und Ferdinand Georg Waldmüller. Caurairy ermittelte einen Wert von knapp 8.800 Reichsmark für das Warenlager Ernst Blumkas und rund 9.300 Reichsmark für dessen Wohnungseinrichtung. Die Schmuck-, Gold- und Silbergegenstände schätzte der Juwelier Ambros Moritz auf rund 6.200 Reichsmark, die Teppiche Eduard Janeczka auf rund 2.100 Reichsmark. Blumkas PKW war schon im April beschlagnahmt worden. Im Fall von Hugo Blumka repräsentierten die Objekte in dessen Privatwohnung laut Gutachten einen Gesamtwert von knapp 11.000 Reichsmark. Wie Hugo Blumka dem Finanzamt Ende August 1938 mitteilte, war sein in der Vermögensanmeldung auf knapp 2.000 Reichsmark geschätztes Geschäft bereits "gänzlich ausverkauft" und der Betrieb eingestellt, den Erlös hatte er für seinen Lebensunterhalt verbraucht. 1938 wurden mehrere Ausfuhranträge unter den Namen Ernst und Hugo Blumka bei der Zentralstelle für Denkmalschutz eingebracht, Empfänger der Sendungen von Ernst Blumka waren u. a. Konrad Strauss und die Galerie Gurlitt in Berlin. Im August suchte er um die Ausfuhrgenehmigung für zahlreiche Einrichtungsgegenstände aus seiner Wohnung als Übersiedlungsgut nach England an. Nach der Besichtigung durch Ignaz Schlosser vom Staatlichen Kunstgewerbemuseum stellte Herbert Seiberl von der Zentralstelle für Denkmalschutz ein Bild von Franz Alt und ein Ölgemälde von Jakob Alt von der Ausfuhr zurück. Das gemeinsam von ihrem Vater geerbte Haus in der Himmelpfortgasse 17, das den Brüdern Blumka als Wohnsitz gedient und in dem sich Ernst Blumkas Geschäft befunden hatte, "arisierte" 1938 der Rechtsanwalt Karl Junginger aus Krems. Der kommissarische Verwalter Karl Falkenberg hatte Ernst Blumkas Geschäft bereits liquidiert und es waren keine Warenbestände mehr vorhanden, als die Vermögensverkehrsstelle Anfang Februar 1939 den Kommerzialrat Otto Faltis mit der Endabwicklung beauftragte.

Ernst und Irene Blumka, die im September 1938 nach England geflüchtet waren, lebten anfangs in Hove (Sussex), dann in London und nahmen die britische Staatsbürgerschaft an. Ernst Blumka starb 1969, seine Frau Irene 1983. Hugo und Hermine Blumka waren nach ihrer Flucht aus Wien Mitte Jänner 1939 seit September des Jahres in den USA ansässig und erwarben später die US-Staatsbürgerschaft. Hugo Blumka starb im Mai 1941 in Cleveland, Ohio (USA). Das Haus in der Himmelpfortgasse 17 wurde 1948 laut Teilerkenntnis der Rückstellungskommission an Ernst Blumka und die ErbInnen nach Hugo Blumka restituiert, gemäß dem Enderkenntnis von 1953 mussten sie jedoch eine Zahlung von knapp 36.000 Schilling an den ehemaligen "Ariseur" bezahlen, da die Reichsfluchtsteuer aus dem Kaufpreis beglichen worden war.

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Publikationen zur Person / Institution

Gabriele Anderl, "Kostbarkeiten, gemischt mit Trödel …" Die "Abwicklung" jüdischer Kunst- und Antiquitätenhandlungen in Wien während der NS-Zeit, in: Verena Pawlowsky/Harald Wendelin (Hg.), Enteignete Kunst. Raub und Rückgabe. Österreich von 1938 bis heute, Wien 2006, 36–58.

Archivalien

BDA-Archiv, Ausfuhrmaterialien, Zl. 2850/1938, 7222/1938, 8447/1938, Ernst Blumka.
BDA-Archiv, Ausfuhrmaterialien, Zl. 3797/1938, 4331/1938, Hugo Blumka.

OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 13.652, Ernst, Hugo und Irene Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds, 1353, Hermine und Hugo Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds, 2565, Ernst Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds 10.933, Irene Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Alter Hilfsfonds, 10.395, Ernst Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Alter Hilfsfonds, 17.648, Hermine Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, Allg. Reihe, K. 997, Abwickler Faltis, Ernst Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, Lg 2228, Karl Junginger, Ernst und Hugo Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, St. 10310, Ernst Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, St. 10321, Hugo Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 15.632, Hugo Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 33.748, Ernst Blumka.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 33.749, Irene Blumka.

WStLA, Handelsgericht Wien, B76, A Registerakten, A17, 169, M. Blumka & Sohn.
WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Meldeauskunft, Ernst Blumka, Hugo Blumka.
WStLA, M.Abt. 119, A41, VEAV 203, 1. Bezirk, Ernst und Hugo Blumka.