Augustinerkeller, Wien

Augustinerkeller, Wien

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Augustinerstraße 1, Wien 1

Ausschlaggebend für die Einrichtung des in der Wiener Innenstadt gelegenen Augustinerkellers als Bergungsstelle war Karl Graf Lanckoronskis (1848–1939) Kunstsammlung, die im Herbst 1939 bei dessen Sohn Anton gemäß "Verordnung über Behandlung von Vermögen der Angehörigen des ehemaligen polnischen Staates" beschlagnahmt worden war. Obwohl sie damit in den Zuständigkeitsbereich der "Haupttreuhandstelle Ost" Hermann Görings fiel, stellte Adolf Hitler, der die Sammlung nach dem Krieg an österreichische Museen abzugeben beabsichtigte, die Werke unter "Führervorbehalt". Während die Gemälde zuerst 1942 in Schloss Immendorf, dann 1943 in Schloss Thürnthal geborgen wurden, musste eine Lokalität für die Unterbringung der Skulpturen der Sammlung gefunden werden. Auf der Suche nach einem solchen Raum wurde die Gemeinde Wien auf den unter dem Museumsgebäude der Albertina gelegenen Augustinerkeller aufmerksam, in dem zu der Zeit ein Restaurant betrieben wurde. Wie der Bergungsleiter in der Reichsstatthalterei, Ludwig Berg, im Juni 1943 feststellte, wäre der 1.000 Quadratmeter umfassende Keller geeignet, "da er belüftet, beheizbar, eben zu erreichen ist, in einem staatlichen Gebäude steht und als bombensicher angesehen werden kann, weil er in den alten Befestigungen der Augustinerbastei mit ihren mehrfachen Wölbungen liegt." Nachdem Reichsstatthalter Baldur von Schirach der Verwendung als Bergungsraum zugestimmt hatte, wurden ab dem August 1943 unter der Aufsicht der Albertina als Depotverwalterin neben den Steinplastiken der Sammlung Lanckoronski Teile der Antikensammlung des Kunsthistorischen Museums, darunter die Reliefs von Ephesus, die Stephansfiguren der Wiener Städtischen Sammlungen, Plastiken der Österreichischen Galerie, wie die berühmten Charakterköpfe Franz Xaver Messerschmidts oder die Statuen Georg Raphael Donners, sowie die marmornen Habsburgerstatuen Paul und Peter Strudels aus dem Prunksaal der Nationalbibliothek in den Augustinerkeller transferiert. Das Institut für Denkmalpflege veranlasste des Weiteren die Bergung von Statuen aus privaten Gebäuden und von öffentlichen Plätzen, darunter die Hygieia-Statue Johann Martin Fischers aus dem Vorgarten des Josephinums. Eingelagert wurden außerdem einige für ein "Führer"-Relief profilierte Marmorblöcke der Schlösserverwaltung. Wohl aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit im Keller wurde Gustav Klimts Beethovenfries, der kurzfristig auch für eine Bergung unter der Albertina im Gespräch gewesen war, letztlich nach Schloss Thürnthal verbracht. Wurden nach dem Krieg zwar Diebstähle an ebenfalls hier eingelagerten privaten Gegenständen von Angehörigen der Reichsstatthalterei gemeldet, so überstanden die Kunstwerke die Bergung schadlos. Gemeinsam mit anderen Sammlungsbestandteilen wurden die Plastiken der Sammlung Lanckoronski nach dem Krieg an Anton Lanckoronski zurückgestellt. Pläne, nach dem Krieg in der ehemaligen Bergungsstelle ein Lapidarium zu eröffnen, wurden nicht weiter verfolgt. Nachdem der Augustinerkeller im Oktober 1947 wieder gänzlich geräumt war, wurde der Restaurantbetrieb wiedereröffnet.

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Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Pia Schölnberger, "Hier feiert der Luftschutz Orgien". Die Bergungsmaßnahmen der Graphischen Sammlung Albertina unter George Saiko, in: Pia Schölnberger/Sabine Loitfellner (Hg.), Bergung von Kulturgut im Nationalsozialismus. Mythen – Hintergründe – Auswirkungen (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 6), Wien-Köln-Weimar 2016, 129–148, URL: doi.org/10.7767/9783205201564-008.

Archivalien

BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 6, M. 6, Augustinerkeller.