Austin-Löwenstein, Irma

Irma Austin-Löwenstein

Blick in ein großbürgerliches Wohnzimmer mit Kamin, Luster, Gemälden und Klavier, Schwarz-Weiß-Foto
Info
Zusatzinformationen

8.8.1892 Neuhaus / Jindřichův Hradec  nach 1972, Sterbedatum und -ort unbekannt

Irma Löwenstein, née Sametz, lebte mit ihrem Gatten Oscar (auch: Oskar) Löwenstein, Gründer des Neuen Wiener Journals in Wien 3, Landstraßer Hauptstraße 88. Der erfolgreiche Verleger baute über mehrere Jahre hinweg eine Kunstsammlung auf, die er 1934 seiner Ehefrau schenkte. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich war das Ehepaar Löwenstein aufgrund seiner jüdischen Herkunft der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt und musste Vermögensanmeldungen bei der dafür zuständigen Vermögensverkehrsstelle (VVSt) abgeben. Der Kunstsachverständige Emmerich Schaffran bewertete Irma Löwensteins Sammlung von Gemälden (u. a. Ferdinand Georg Waldmüller, August von Pettenkofen, Pietro Perugino), Aquarellen, Graphiken, Kunstgewerbe, Silber und Teppichen im Juni 1938 mit rund 80.000 Reichsmark. In Vorbereitung der Flucht beantragte Irma Löwenstein im August 1938 die Ausfuhrbewilligung für ihre Sammlung, die ihr die Zentralstelle für Denkmalschutz auch erteilte, einzig ausgenommen das Pettenkofen-Gemälde Duell in der Au. Nachdem Irma und Oscar Löwenstein zunächst nach Brüssel, dann weiter zu ihrem Stiefsohn Wilhelm Hübsch nach London emigriert waren, zeigte die VVSt im Oktober 1938 die Löwensteins wegen "Verschleierung der Vermögensverhältnisse" beim Devisenfahndungsamt an. Konkret warf ihnen die VVSt die Nicht-Anmeldung eines Bösendorfer-Flügels, den unerlaubten Versand von vier Gemälden nach London, das Verschenken dreier Objekte sowie den nicht angemeldeten Verkauf eines Gemäldes Dorfszene von Joost Cornelisz Droochsloot vor. Noch im Sommer 1938 hatten Irma und Oscar Löwenstein zur Sicherung des Lebensunterhaltes drei Waldmüller-Gemälde an Maria Almas Dietrich verkauft, was laut Bescheid der VVSt "ordnungsgemäß angemeldet" worden war. Die Reichsfluchtsteuerstelle forderte daher am 27. November 1939 rund 58.000 Reichsmark vom bereits emigrierten Ehepaar Löwenstein; inklusive Säumniszuschlägen und Gebühren beliefen sich die Forderungen 1944 auf rund 127.000 Reichsmark. Dem Konto des Finanzamtes Innere Stadt-Ost wurde dieser Betrag 1944 nach Einzug von einem gesperrten Konto der Löwensteins gutgeschrieben. Aus dem unter dem Namen des Stiefsohnes bei der Spedition Oberndorfer, Bellariastraße 10, eingelagerten Umzugsgut beschlagnahmte die Gestapo 1941 zwei Kisten mit Bronzen, Kunsthandwerk sowie vier Gemälde (Adrian van der Werff, Schön, Charlemont, Gérard).

Nach Kriegsende bemühte sich Irma Löwenstein, seit 1942 verwitwet, um die Rückstellung ihres Eigentums. 1948 betrieb sie, nun unter dem Namen Brunninghausen, Nachforschungen zum Verbleib des Gemäldes Duell in der Au, das sie 1938 zur Verwahrung bei Bekannten in Wien zurückgelassen hatte. Recherchen ergaben, dass das Gemälde 1940 in der Galerie Artaria versteigert worden war; der Verbleib des Kunstwerks ließ sich nicht aufklären. 1956 stellte Irma Austin-Löwenstein (nun erneut verehelicht) einen Rückstellungsantrag an die Republik Österreich für die 1941 von der Gestapo beschlagnahmten Kunstgegenstände. Die Republik Österreich wiederum beantragte die Restitution dieser Objekte von der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Der Antrag wurde 1959 abschlägig entschieden, nachdem der Verbleib in der BRD nicht nachgewiesen worden war. Die drei Waldmüller-Gemälde Der Bettler, Besuch der Großeltern und Heurigenfest in einer Schenke, welche die Löwensteins im Sommer 1938 unter Verfolgungsdruck an Maria Almas Dietrich verkauft hatten, waren über Almas Dietrich in den "Sonderauftrag Linz" und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg über den Central Collecting Point München in den Besitz der BRD übergegangen; 2019 wurden sie an RechtsnachfolgerInnen Irma Austin-Löwensteins restituiert.

Author Info
Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Sophie Lillie, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens (= Bibliothek des Raubes 8), Wien 2003.

Datenbank der Kunstverwaltung des Bundes, Eintrag zu Waldmüller, Ferdinand Georg: Vorbereitung zum Weinlesefest, URL: www.bva.bund.de/SharedDocs/Provenienzen/DE/1000_1999/1741.html (16.12.2020).
Datenbank der Kunstverwaltung des Bundes, Eintrag zu Waldmüller, Ferdinand Georg: Das gutmütige Kind [Der Bettler], URL: www.bva.bund.de/SharedDocs/Provenienzen/DE/8000_8999/8593.html (16.12.2020).
Datenbank der Kunstverwaltung des Bundes, Eintrag zu Waldmüller, Ferdinand Georg: Besuch der Großeltern, URL: www.bva.bund.de/SharedDocs/Provenienzen/DE/9000_9999/9692.html (16.12.2020).

Archivalien

BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 31/1, PM Irma Austin-Löwenstein.

BDA-Ausfuhr, Zl. 4.753/38, Irma Löwenstein; Zl. 7.039/38, Wilhelm Hübsch.

OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds 6.337, Oskar Löwenstein.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 28.887, Irma Löwenstein; VA 30.743, Oscar Löwenstein.