Die 1727 von Johann Lucas von Hildebrandt errichtete und dem heiligen Januarius geweihte Kapelle gehörte Alois Thomas Raimund Graf Harrach (1669–1742). Seit den späten 1920er-Jahren befand sich das Gebäude im Besitz des österreichischen Bundes, ab November 1940 gehörte es der Polizeiverwaltung des Deutschen Reiches. Am 17. September 1946 ging die Januariuskapelle, die im Mai 1945 fast vollständig ausgebrannt war, auf Veranlassung der Finanzlandesdirektion (FLD) wieder in österreichischen Staatsbesitz über. In den 1960er-Jahren stand das heute der Bundesimmobiliengesellschaft zugehörige, denkmalgeschützte Gebäude unter der Verwaltung der Post- und Telegrafendirektion. Da das Amt der Salzburger Landesregierung die Räumung des Rauchsalons von Schloss Kleßheim anstrebte, in welchen im Jänner 1952 Kunstgegenstände mit ungeklärter Provenienz aus dem Central Collecting Point in München (sogenannter Münchner Restbestand) überstellt worden waren, suchte das Bundesdenkmalamt (BDA) im Auftrag der Finanzbehörde ab Dezember 1960 neue Lagerräume für die Kunstwerke. Die Wahl des BDA fiel auf die ehemalige Sakristei der Januariuskapelle in Wien 3, Ungargasse 69, die nach dem Krieg seitens des BDA teilweise restauriert worden war. Im April 1961 ließ die für die Umlagerung zuständige BDA-Mitarbeiterin Erika Doberer die 135 Gemälde aus Schloss Kleßheim sowie ca. 500 gerahmte Bilder, zehn Mappen mit Graphik, 13 Skulpturen und ungefähr 30 kunstgewerbliche Objekte aus dem Kellerdepot der Salzburger Residenz in die Januariuskapelle verbringen. Nach Einlagerung der Kunstgegenstände fand am 21. April 1961 eine Begehung durch Edith Podlesnigg und Hans Foramitti, beide für das BDA tätig, statt. Aufgrund der Bedenken, die diese bezüglich der Luftfeuchtigkeit in der Kapelle äußerten, entschieden der Leiter der Kulturabteilung im Unterrichtsministerium Erwin Thalhammer und Gertrude Tripp seitens des BDA, die wertvolleren Kunstwerke anderen Häusern zur Deponierung zu übertragen. Die Akademie der bildenden Künste übernahm am 16. Mai 1961 die Graphikbestände sowie die Bibliothek in treuhändige Verwahrung. Kunstgewerbliche Objekte, wie etwa fünf Gobelins und elf kleinere Textilien, gingen am 18. Mai 1961 an das Museum für angewandte Kunst (MAK). 43 Gemälde sowie zwei Plastiken deponierte das BDA im eigenen Tresorraum in der Löwelstraße 20. Weniger wertvolle Objekte blieben in der Kapelle. Aufgrund der Vorbereitungen des Bundesministeriums für Finanzen zum Kunst- und Kulturgutsbereinigungsgesetz, welches per 1. September 1969 in Kraft treten sollte, erfolgte 1965 die Verlagerung der in der Januariuskapelle verbliebenen Kunstgegenstände, zusammen mit jenen aus den anderen BDA-Depots (Löwelstraße 20, Neue Burg, Arsenal Objekt 15, Amtliche Werkstätten), in die Kartause Mauerbach. Danach stand die Januariuskapelle bis zu ihrer Rekonstruktion in den Jahren 1985–1987 leer und ist heute Teil eines Schulkomplexes.
Januariuskapelle
Publikationen zur Person / Institution
Andreas Lehne/Gabriele Roithner (Hg.), 3. Ungargasse 67 A - 69, Ehemaliges Palais Harrach, Januariuskapelle, in: Bundesdenkmalamt (Hg.), Wiener Stadtjuwelen im Wandel der Zeit, 34 Beispiele für Denkmalmetamorphosen von Albertina bis Westbahnhof, Wien 2015, 99–101.
Archivalien
BDA-Archiv, Historische Materialien, K. 25, Restitution Jahresberichte; K. 28, Wien III, Profan 2, Haus Ungargasse 69.
BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 6/1, M. 29a Januariuskapelle; K. 29, M. 1b Mauerbach, Zl. 7280/1966 und M. 7a, Mauerbach, Zl. 2179/1968.
Justizzentrum Wien Mitte, BG Innere Stadt, Grundbuch, EZ 1702.