Alfred Spitzer studierte ab 1879 Rechtswissenschaften an der Universität Wien, wo er 1889 promovierte. Zuvor hatte Spitzer als Einjährig-Freiwilliger seinen Militärdienst in der k. u. k. Armee 1884 angetreten und war im September 1885 in die Reserve versetzt worden. Im selben Jahr trat er in die Kanzlei von Friedrich Schönhof ein, später ließ sich der Hof- und Gerichts-Advokat, dessen Eintragung in die Advokatenliste 1894 erfolgte, schließlich als Verteidiger in Strafsachen in der Wiener Innenstadt, Hohenstaufengasse 17 nieder. Vermutlich begann Spitzer um diese Zeit mit dem Sammeln von Kunst, vorerst Radierungen und alten Stichen. Aus seiner 1896 geschlossenen Ehe mit Hermine, née Spitzer, stammten die Töchter Hanna und Edith(a), die später den Theologen Friedrich Neumann heiratete. Als Rechtsanwalt vertrat er gelegentlich KünstlerInnen wie etwa Egon Schiele, die ihn u. a. mit ihren Werken bezahlten. Dies schien seinen Sammlungsschwerpunkt nachhaltig beeinflusst haben, der sich zunehmend auf zeitgenössische Kunst verlagerte. Seine Sammlung beinhaltete u. a. Werke von Jehudo Epstein, Alois Beran, Tina Blau, Carl Fehringer, Rudolf Ribarz, Anton Faistauer, Walter Hampel, Max Slevogt, Alfred Kubin, Gustav Klimt, Robin Christian Andersen, Egon Schiele und soll – seinen Töchtern zu Folge – ungefähr 800 Kunstwerke umfasst haben, die er in seiner Rechtsanwaltskanzlei, aber auch der Familienwohnung verwahrte. Spitzer trat als Leihgeber etwa bei Ausstellungen im Künstlerhaus öffentlich in Erscheinung. Dieses hatte Spitzer 1920 als außerordentliches Mitglied aufgenommen, in den folgenden Jahren bekleidete er das Amt eines Rechnungsrevisors und Vertrauensmanns für Kassa-Skontierung. Am 26. April 1923 verstarb Alfred Spitzer mit 62 Jahren – die Internationale Sammler-Zeitung widmete dem "Sammler und Kunstfreund" einen umfangreichen Nachruf. Seine Sammlung ging an seine Ehefrau, nach deren Tod im Jahr 1930 an die beiden Töchter Hanna und Edith über. 1935 wurden Teile der Sammlung – neben der Kunstsammlung des Zahnarztes Heinrich Rieger – in der Herbstausstellung des Künstlerhauses präsentiert bzw. zum Verkauf angeboten. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 konnten die beiden Schwestern einen Großteil der Sammlung ins Ausland verbringen. Im Andenken an den Vater vermachte Hanna Spitzer dem Belvedere, Edith Neumann 1981 der Albertina und 2002 dem Bard-College New York Werke aus der umfangreichen Kunstsammlung des Rechtsanwaltes Alfred Spitzer.
Alfred Spitzer
Bard College (Hg.), Memory and History. The Legacy of Alfred Spitzer and Edith Neumann, New York 2004.
Tobias G. Natter, Die Welt von Klimt, Schiele und Kokoschka. Sammler und Mäzene, Köln 2003, 224–233.
N. N., Dr. Alfred Spitzer †, in: Internationale Sammlerzeitung 11 (1923), 85.
Künstlerhaus-Archiv im WStLA, PM Alfred Spitzer.
Künstlerhaus-Archiv im WStLA, Veranstaltungsmappe Herbstausstellung 1935.
Leo Baeck Institute, Edith Neumann Estate Collection, AR 25450, Series III: Alfred Spitzer Art Collection.
UAW, M 32.3-5, Promotionsprotokoll für das Doktorat der Rechtswissenschaften, Alfred Spitzer, 6.7.1889.
WStLA, BG Josefstadt, GZ 3 A 420/23, Verlassenschaft Dr. Alfred Spitzer.
WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Meldeauskunft Alfred Spitzer.