Hanna, älteste Tochter des Wiener Rechtsanwaltes und Kunstsammlers Alfred Spitzer, arbeitete nach absolvierter Lehrbefähigungsprüfung für Englisch und Pädagogik im Dezember 1916 und einer kurzen Tätigkeit für die Friends Relief Mission im Sommer 1921 als Sprachlehrerin, Erzieherin und Haushaltshilfe an unterschiedlichen privaten Sprachschulen und in Haushalten in Wien. Gemeinsam mit ihrer Schwester Edith Neumann erbte sie mit dem Tod des Vaters 1923 bzw. der Mutter Hermine 1930 die umfangreiche Kunstsammlung. Bereits im Dezember 1927 kamen einige Bilder aus der Sammlung Spitzer im Dorotheum Wien zur Versteigerung. In den 1930er-Jahren folgten weitere Verkäufe, da die beiden Schwestern von Geldsorgen geplagt wurden. Im Rahmen der Herbstausstellung 1935 im Wiener Künstlerhaus, die Stücke aus den Kunstsammlungen Spitzer und Heinrich Rieger zeigte, standen etwa 80 Werke zum Verkauf. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 zählte Hanna Spitzer aufgrund ihrer jüdischen Herkunft zum Kreis der Verfolgten. 1939 flüchtete sie nach London, im Sommer 1940 schließlich in die USA, wo sie als Haushaltshilfe bei unterschiedlichen Familien in New York Arbeit fand. Einen Teil der Kunstsammlung ihres Vaters konnte Hanna Spitzer in die USA mitnehmen. Der Großteil der Sammlung, der durch die Spedition Zdenko Dworak verschickt hätte werden sollen, ging angeblich im Zuge eines Bombentreffers im Depot der Firma in Wien verloren. Hanna Spitzer versuchte ihren Lebensunterhalt in New York durch den Verkauf einzelner Blätter aus der Sammlung Spitzer aufzubessern, dokumentiert ist etwa eine langjährige Geschäftsbeziehung mit Otto Kallir, dem sie Werke von Egon Schiele und Gustav Klimt verkaufte. Spitzer trat immer wieder als Leihgeberin in Erscheinung. Ihr 1962 eingereichter Antrag beim Fonds zur Abgeltung von Vermögensverlusten politisch Verfolgter wurde abschlägig beantwortet. Erst 1977 erhielt sie auf neuerlichen Antrag eine kleine Aushilfe zugewiesen. Am 4. Dezember 1982 verstarb Hanna Spitzer in New York. Sie hatte testamentarisch die Schenkung einiger Kunstwerke an FreundInnen und Bekannte verfügt, sechs Werke von Theodor von Hörmann, Wlastimil Hofman, Wilhelm Bernatzik, Robert Russ und Emil Jakob Schindler sollten der Österreichischen Galerie unter der Auflage zukommen, die Bilder mögen mit einer Plakette versehen werden, die diese als Schenkung von Hanna Spitzer in Erinnerung an ihren Vater Alfred Spitzer auswies.
Hanna Spitzer
Sammlungen des Ober-Medizinalrates Dr. Heinrich Rieger und Dr. Alfred Spitzer, in: Österreichische Kunst 6/2 (1935), 13.
Thomas Trenkler, "Unter der Bedingung der permanenten Ausstellung“, in derstandard, 23.12.2002, URL: www.derstandard.at/story/1168631/unter-der-bedingung-der-permanenten-ausstellung (30.1.2024).
Bard College (Hg.), Memory and History. The Legacy of Alfred Spitzer and Edith Neumann, New York 2004.
BDA-Archiv, Ausfuhrmateralien, Zl. 09533/1938, Hanna Spitzer.
Leo Baeck Institute, Hanna Spitzer Collection, AR 25537.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds, 9629, Hanna Spitzer.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Neuer Hilfsfonds, 19.322, Hanna Spitzer.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Neuer Hilfsfonds, 25.474, Hanna Spitzer.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA, 41.168, Hanna Spitzer.
The National Archives (TNA), Home Office (HO) 396/240, Hanna Spitzer, Exemption from internment.
WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Hanna Spitzer.