Rosenfeld, Valentin Viktor

Valentin Viktor Rosenfeld

stehender Mann, Schwarz-Weiß-Foto
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2.3.1886 Wien – 1970 Barnet, England

Valentin Viktor Rosenfeld studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien und promovierte 1910. Als Rechtsanwalt vertrat er vor allem Fußballspieler bei Vertragsstreitigkeiten mit ihren Vereinen. Einen Namen machte er sich allerdings als Funktionär des jüdischen Sportvereins Hakoah, einem der erfolgreichsten Sportvereine Österreichs der Zwischenkriegszeit. Gegründet worden war dieser 1909 als Ausdruck des gestiegenen Selbstbewusstseins liberaler Juden und als Reaktion auf die "Arierparagraphen", die von anderen Sportvereinen eingeführt worden waren. Rosenfeld kam 1922 zur Hakoah Schwimmsektion, nach deren Umwandlung in einen eigenständigen Verein 1928 war er Präsident und Herausgeber der Vereinszeitung, wobei die Adresse seiner Rechtsanwaltskanzlei in Wien 1, Wipplingerstraße 21 als Vereinssitz diente. Seine Ehefrau und Cousine Eva Rosenfeld begründete in den 1920er-Jahren gemeinsam mit Anna Freud und der US-Amerikanerin Dorothy Burlington eine reformpädagogische Privatschule, die "Hietzinger Schule". Nach der Trennung des Ehepaars zog Eva Rosenfeld mit dem gemeinsamen Sohn Victor zunächst nach Berlin, wo sie eine psychotherapeutische Ausbildung absolvierte. 1936 emigrierten die beiden nach Großbritannien. Anfang 1938 besuchte Valentin Rosenfeld seine Familie in London und kehrte danach nicht mehr in das mittlerweile nationalsozialistische Wien zurück. In der Folge beschlagnahmte die Gestapo 1938 Rosenfelds 3.000 bis 4.000 Bände umfassende Bibliothek und Autographensammlung und verbrachte Teile davon – eine Sammlung von Goethe-Manuskripten – zunächst in das Zentraldepot für beschlagnahmte jüdische Sammlungen in der Neuen Burg. Im September 1938 übernahm die Nationalbibliothek in Form einer "Zuweisung" der Gestapo ca. 600 Bände aus dem Eigentum Rosenfelds in ihren Bestand, im November 1938 folgte die Goethe-Sammlung. Weitere Teile seiner Bibliothek wurden über die Bücherverwertungsstelle Wien, einer vom Reichspropagandaamt eingerichteten Behörde zur Umverteilung beschlagnahmter Buchbestände aus jüdischen Buchhandlungen, Verlagen und Privatbibliotheken, zerstreut. Rosenfelds zuletzt nicht mehr verwendetes Exlibris zeigte den Schriftzug "ich hasse die lesenden Müssiggänger" unter dem Porträt von Friedrich Nietzsche und dem Monogramm "V. R.". In der Emigration konnte er sehr vielen Mitgliedern der Hakoah Permits nach England verschaffen, für seine Rettungsaktion gewann er Sigmund Freud als Unterstützer. Die Universität Wien erkannte am 22. Juli 1943 Rosenfelds Doktortitel ab, da er im Nationalsozialismus "als Jude als eines akademischen Grades einer deutschen Hochschule unwürdig" galt. Erst 12 Jahre später sollte ihm der Doktorgrad wieder zuerkannt, bzw. die Aberkennung für "von Anfang an nichtig" erklärt werden.

1948 wandte sich Rosenfeld an die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) mit dem Ersuchen um Rückgabe seiner Bibliothek. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland verfügte am 28. Dezember 1948 die Rückstellung der insgesamt 288 in der ÖNB befindlichen Bücher, Musikalien und Autographen. Im Zuge der systematischen Provenienzforschung in der ÖNB konnten noch vier Autographen und zwei Publikationen aus der Sammlung Rosenfeld aufgefunden werden. Am 20. November 2003 empfahl der Kunstrückgabebeirat, diese Objekte an die ErbInnen nach Valentin Rosenfeld auszufolgen.

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Publikationen zur Person / Institution

Beiratsbeschluss Valentin Rosenfeld, 20.11.2003, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Rosenfeld_ValentinViktor_2003-11-20.pdf (7.9.2021).

Evelyn Adunka, Der Raub der Bücher, Wien 2002.

Albertina online, URL: sammlungenonline.albertina.at/?query=search=/record/objectnumbersearch=[ALA2505]&showtype=record#/query/9b7bab7c-bcfe-41a5-ad92-d3a568356ced (7.9.2021).

Arthur Baar, 50 Jahre Hakoah, Tel Aviv u. a. 1959.

Bernhard Hachleitner/Matthias Marschik/Georg Spitaler (Hg.), Sportfunktionäre und jüdische Differenz. Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938, Berlin 2018.

Marcus G. Patka (Hg.), Ignaz Hermann Körner, in: Lexikon jüdischer Sportler in Wien 1900–1938, Wien 2008, 179–180.

Murray G. Hall/Christina Köstner, ... Allerlei für die Nationalbibliothek zu ergattern ... Eine österreichische Institution in der NS-Zeit, Wien-Köln-Weimar 2006.

Archivalien

BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 8/1, K. 13, M. 5d, K. 39/3, K. 44/2, K. 53/2, M. 8.

KHM-Archiv, Beschlagnahmeunterlagen, XIII 1, 160/KL/1938

Library of Congress, Sigmund Freud Papers, Topic: Valentin Rosenfeld 1967, Valentin Rosenfeld an Kurt Eissler am 13.8.1967, 9, URL: www.loc.gov/item/mss3999001666 (21.7.2021); Topic: Maccabi World Union 1939, Sigmund Freud an die Maccabi World Union am 16.2.1939, URL: hdl.loc.gov/loc.mss/ms004017.mss39990.00966 (21.7.2021).

OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 15719, Valentin Rosenfeld.

ÖNB, GD 2355/1938; 4364/1939; 5126/1939; 1079/1941,42; 375/1948; 207/1949.

WStLA, M.Abt.119, A41, VEAV 398 N, 1. Bez., Valentin Rosenfeld.
WStLA, M.Abt.119, A41, VEAV 678, 13. Bezirk, Valentin Rosenfeld.