Ab den 1950er-Jahren legte der in Wien ansässige Augenarzt Rudolf Leopold (1925–2010) zusammen mit seiner Ehefrau, der Augenärztin Elisabeth Leopold (geb. 1926), eine umfangreiche Kunstsammlung an. Sein anfänglicher Fokus auf österreichische Kunst des 19. Jahrhunderts erweiterte sich zusehends um solche der österreichischen Moderne des frühen 20. Jahrhunderts. Leopold tätigte Erwerbungen im Kunsthandel sowie bei privaten SammlerInnen und Museen wie der Österreichischen Galerie und stand im regen Austausch mit verschiedenen Kunst- und Kultureinrichtungen. Zu seinem großen Netzwerk zählten KunstexpertInnen und -sammlerInnen wie Erich Lederer, Arthur Roessler oder Otto Kallir, KunsthändlerInnen wie Wolfgang Gurlitt, Serge Sabarsky und Franz Kieslinger, ebenso Museumsfachleute wie Bruno Grimschitz und Karl Garzarolli-Thurnlackh oder NachkommInnen der KünstlerInnen wie Egon Schieles Schwester Melanie Schuster. Verfolgte Leopold schon ab den 1970er-Jahren die Idee der Gründung eines seiner Sammlung gewidmeten Museums, so sollte dieses 1994, nach mehrjährigen Verhandlungen mit der Republik Österreich, mit der Leopold Museum – Privatstiftung (LMPS) realisiert werden. Laut Stiftungsurkunde besteht ihr Zweck darin, "die vom Stifter gegründete Sammlung auf Dauer zu erhalten, der Öffentlichkeit durch den Betrieb eines Museums zugänglich zu machen, zu dokumentieren und wissenschaftlich aufzuarbeiten". Als Stifter brachte Rudolf Leopold einen Großteil seiner privaten Kunstsammlung, insgesamt 5.266 Objekte, darunter Gemälde und Grafiken ebenso wie Plastiken, Möbel und Autografen, in die Stiftung ein. Im Gegenzug verpflichtete sich die Republik Österreich zur Zahlung von 2,2 Milliarden Schilling, die es dem Stifter ermöglichte, seine erheblichen Bank-Verpflichtungen zu begleichen und so die Sammlung unbelastet in die Stiftung einbringen zu können. Dem Stiftungsvorstand, bestehend aus acht paritätisch vom Stifter wie von der Republik bestellten Mitgliedern, oblag es, ein kaufmännisches wie museologisches Direktorium zu ernennen, wobei Rudolf Leopold mit letzteren Agenden auf Lebenszeit betraut ebenso wie er zusammen mit seiner Ehefrau auf Lebzeit als Mitglied des Stiftungsvorstandes designiert wurde. Nach der Wahl eines geeigneten Standortes erfolgte auf dem Areal des MuseumsQuartiers der durch den Staat Österreich finanzierte und von den Architekten Manfred und Laurids Ortner geplante Bau des Leopold Museums, das am 21. September 2001 eröffnet werden sollte. Mit dem Ableben Rudolf Leopolds im Jahr 2010 erlosch sein Bestellungsrecht als Stifter. Seit dem Austritt Elisabeth Leopolds 2022 sind keine von Seiten des Stifters ernannten Mitglieder mehr im Vorstand vertreten.
Noch vor der Museumseröffnung organisierte die LMPS zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. So zeigte das New Yorker Museum of Modern Art vom 12. Oktober 1997 bis zum 4. Jänner 1998 unter dem Titel Egon Schiele. The Leopold Collection, Vienna zentrale Werke der Sammlung. Nur wenige Tage nach dem Ende der Ausstellung ließ die New Yorker Staatsanwaltschaft zwei Gemälde Egon Schieles, Bildnis Wally Neuzil und Tote Stadt III, beschlagnahmen. Die RechtsnachfolgerInnen nach Lea Bondi-Jaray und Fritz Grünbaum hatten einen Antrag auf Herausgabe eingebracht und diesen mit dem Entzug der Kunstwerke während der Zeit des Nationalsozialismus begründet. Die Beschlagnahme sowie der daraus folgende Rechtsstreit begleitet von großem internationalen medialen Interesse lieferten den Anstoß, um sich mit der bisher nur unzureichend erforschten Herkunft von Objekten im Bestand der LMPS, aber auch österreichweit mit im Bundeseigentum befindlichen Werken auseinanderzusetzen. Als unmittelbares Resultat daraus sollte Anfang 1998 die Kommission für Provenienzforschung eingerichtet und im November desselben Jahres das Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen beschlossen werden. Das Kunstrückgabegesetz entfaltete auf die Bestände des Leopold Museums jedoch keine Rechtswirksamkeit, da es sich bei der Privatstiftung um eine private, vom Bund zu unterscheidende Rechtsträgerin handelte. Das Leopold Museum beauftragte schließlich 2003 einen Provenienzforscher mit den Recherchen zur Herkunft der Werke im Sammlungsbestand. Das anhaltend hohe mediale und internationale Interesse, anhängige Restitutionsbegehren und eine sich zuspitzende Auseinandersetzung mit der Israelitischen Kultusgemeinde führten dazu, dass das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur 2008 zusätzlich zwei externe, bundesfinanzierte ProvenienzforscherInnen zur systematischen Beforschung der Bestände einsetzte. Diese fassten die Ergebnisse ihrer Recherchen in den Folgejahren zu fallbezogenen Dossiers zusammen. Ein von der zuständigen Bundesministerin Claudia Schmied eingerichtetes "beratendes Gremium betreffend Provenienzen von Werken aus der Sammlung der Leopold Museum – Privatstiftung", das in seiner konstituierenden Sitzung am 1. März 2010 erstmals zusammentrat, sollte die Bewertung zukünftig vorgelegter Sachverhaltsdarstellungen vornehmen. Angelehnt an das Kunstrückgabegesetz erwog dieses, ob die Voraussetzung für die Rückgabe an die ursprünglichen EigentümerInnen bzw. deren ErbInnen erfüllt wären, stünden sie im Eigentum des Bundes. Die Beschlüsse des beratenden Gremiums ergingen als Empfehlungen an den Vorstand der LMPS, der sich verpflichtet hatte, nach "gerechten und fairen Lösungen" im Sinne der 1998 von der internationalen Washington Conference on Holocaust-Era Assets verabschiedeten Washington Principles on Nazi-Confiscated Art zu suchen.
Bereits in seiner Sitzung vom 25. Juni 2010 stellte das beratende Gremium einen NS-verfolgungsbedingten Entziehungshintergrund bei drei Gemälden von Anton Romako fest und empfahl deren Restitution an die RechtsnachfolgerInnen nach Oskar Reichel. Ebenso kam das Gremium in derselben Sitzung zu dem Schluss, dass das Werk von Egon Schiele Häuser am Meer an die ErbInnen nach Jenny Steiner zurückzustellen wäre, würde es unter die Bestimmungen des Kunstrückgabegesetzes fallen. In einer weiteren Sitzung am 18. November 2010 empfahl das Gremium, fünf Werke Egon Schieles zur Restitution an die RechtsnachfolgerInnen Karl Mayländers sowie zwei Gemälde Romakos an jene des Kunstsammlers Moriz Eisler. War das beschlagnahmte Bild Tote Stadt III bereits 1999 wieder an das Leopold Museum ausgefolgt worden, da die beanspruchende Partei nicht erbberechtigt war, so gelang es schließlich den mehr als zehn Jahre dauernde Rechtsstreit um das Bildnis Wally Neuzil in einem Vergleich zwischen den ErbInnen nach Bondi-Jaray und der LMPS 2010 beizulegen. Im Gegenzug für die Zahlung von rund 15 Millionen Euro an die RechtsnachfolgerInnen nach Bondi-Jaray sowie für die Anbringung eines das Schiele-Werk ergänzenden Ausstellungstextes, der auf dessen NS-verfolgungsbedingten Entziehungshintergrund verweist, konnte die LMPS das Gemälde im selben Jahr wieder in seinen Bestand übernehmen. In den Jahren 2011 und 2012 einigte sich der Vorstand der LMPS zudem mit den ErbInnen nach Reichel, Eisler und Steiner in Vergleichen darauf, deren Rückstellungsansprüche finanziell abzugelten. 2016 erfolgte schließlich ein weiterer Vergleich mit den RechtsnachfolgerInnen nach Mayländer – zwei der fünf Schiele-Blätter wurden an die ErbInnen ausgefolgt, drei verblieben im Bestand des Leopold Museums.
Bis 2020 konnte der überwiegende Teil der Provenienzen der in der Sammlung befindlichen Gemälde und Zeichnungen von Egon Schiele, Gustav Klimt und Oskar Kokoschka beforscht werden. Basierend auf den daraus resultierenden Dossiers fasste das beratende Gremium seither insgesamt 145 Beschlüsse, deren Veröffentlichung zusammen mit den zugehörigen Dossiers auf der Website des zuständigen Ministeriums erfolgte. Seit 2020 wird die vom nunmehrigen Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport finanzierte systematische Provenienzforschung im Leopold Museum in enger Abstimmung mit der Kommission für Provenienzforschung fortgeführt. Die Dossiers werden nun dem Kunstrückgabebeirat zur Erwägung und Beschlussfassung vorgelegt, wobei die Mitglieder des ehemaligen beratenden Gremiums weiterhin zur Beratung herangezogen werden können.
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Sonja Niederacher.