Kneisel, Eduard

Eduard Kneisel

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29.3.1900 Wien – März 1981 New York
auch Edward Kneisel

Eduard Kneisel besuchte 1917 bis 1920 die Malerschule unter Hans Tichy an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Danach arbeitete er – wie schon sein Vater – als Zollbeamter beim Speditionsunternehmen Schenker & Co. Über dieses knüpfte er Kontakte zur Firma Coty in Paris. In dem 1904 gegründeten und heute noch existierenden Parfüm- und Kosmetikkonzern war er anfangs kaufmännisch, später in der Reklame tätig. Zurück in Wien machte Kneisel von 1934 bis 1936 eine weitere Ausbildung an der Meisterschule für Konservierung und Technologie der Akademie der bildenden Künste bei Robert Eigenberger. Ab Herbst 1936 war er Vertragsangestellter in der Restaurieranstalt des Kunsthistorischen Museums (KHM). Im Zuge der Wiener Bergungsmaßnahmen zum Schutz von Kunst- und Kulturgegenständen vor drohenden Kriegsschäden, die im Sommer 1939 einsetzten, betreute er die nach Steinbach bei Göstling verbrachten Objekte aus dem KHM und dem Zentraldepot für beschlagnahmte Sammlungen. Im März 1940 forderte Kajetan Mühlmann, der Sonderbeauftragte für die Kunst- und Kulturgüter des Generalgouvernements in Krakau, Eduard Kneisel als Restaurator an. Damit sollte Kneisel, der im Oktober 1940 der NSDAP beitrat, eine wesentliche Rolle in der Betreuung der geplünderten polnischen Kulturgüter spielen. Ende Juli 1944 wurde Kneisel aufgrund "defätistischer Äußerungen" in Krakau festgenommen und im August nach Berlin in das "Hausgefängnis" des Reichssicherheitshauptamtes überstellt. Hans Frank als Generalgouverneur von Krakau begnadigte ihn, wohl auch, weil er seine restauratorischen Fähigkeiten weiterhin benötigte. So betreute Kneisel die enteigneten polnischen Kunstwerke, zunächst am Bergungsort Sichów in Polen. Darunter befand sich auch das heute als verschollen geltende Bildnis eines jungen Mannes von Raffael aus der Sammlung Augustyn Józef Czartoryski. Im Jänner 1945 begleitete er den Abtransport der Kunstwerke nach Neuhaus in Bayern. Kneisel bezog sein Gehalt bis März 1945 vom Referat für Kunstförderung, Staatstheater, Museen und Volksbildung beim Reichsstatthalter Wien. Ab Februar 1945 lebte Kneisel gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Schwester bis Juli 1946 im Tiroler Zillertal, da seine Wohnung in Wien ausgebombt war, und emigrierte später in die USA, wo bereits sein Bruder Karl seit 1923 als Kunsthändler lebte. Er arbeitete freiberuflich an der Restaurierabteilung der Frick Collection in New York City und verstarb 1961 in New York.

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Publikationen zur Person / Institution

Morwenna Blewett, Restoring for the Reich. Commercial and Institutional Restorers in Service of the Nazi Kleptocracy, in: Art, Antiquity and Law 2 (2007) 1, 17–27.

Morwenna Blewett, Restorers in the Service of the Nazi Kleptocracy. A Case Study from the Sequestrations of the Dienststelle Mühlmann, in: Ruth Heftrig/Olaf Peters/Barbara Schellewald (Hg.), Kunstgeschichte im "Dritten Reich". Theorien. Methoden, Praktiken, Berlin 2008, 393–404.

Rikke Foulke, The Cradle and its Makers, in: AIC Paintings Speciality Group Postprints, Papers Presented at the Thirty-fifth Annual Meeting of the American Institute for Conservation of Historic & Artistic Works, Richmond, Virginia April 16 - 20, 2007, compiled by Helen Mar Parkin, 20 (2008), 8–14, URL: www.culturalheritage.org/docs/default-source/publications/periodicals/painting-specialty-group/paintings-specialty-group---postprints-vol-20-(2007)95e41a6bd7a24f4582da1aa8f5cf14e0.pdf?sfvrsn=584655ce_11 (14.2.2023).

J. Robert Kudelski , Portrait of a Young Man – the story of a lost painting, URL: dzielautracone.gov.pl/articles/105-portrait-of-a-young-man-the-story-of-a-lost-painting (17.10.2022).

Isabel Röskau-Rydel, NS-Kunst und Kulturpolitik in Krakau unter Deutscher Besatzung am Beispiel von Museen und Ausstellungen 1939–1945, in: Tanja Baensch/Kristina Kratz-Kessemeier/Dorothee Wimmer (Hg.), Museen im Nationalsozialismus: Akteure – Orte – Politik, Köln-Weimar-Wien 2016, 191–202.

Archivalien

BArch Berlin, R/9361/II – 536362; R 3017/41249.

Frick Collection, Archive, hourly sheet Kneisel.

KHM-Archiv, 145/KL/1939, 73/KL/1940, 67/ED/1944.

KHM, Gemäldegalerie, oZ23/GG/1938; 9/GG/1946; Korrespondenz 1952.

NARA, Ardelia Hall Collection, URL: www.fold3.com/image/270107183; www.fold3.com/image/270107156; www.fold3.com/image/232045891; www.fold3.com/image/270107058; www.fold3.com/image/232045812 (23.2.2023).

OeStA/AdR, UWK, BMU, Personalakten 08/106, Eduard Kneisel.
OeStA/AdR, ZNsZ, Gauakt 254.713, Eduard Kneisel.

UAAbKW, Studienakt Nr. 78 und Nr. 1322N, Eduard Kneisel.

WStLA, Gauakten, A1, Personalakten des Gaues Wien, Eduard Kneisel.