Klauner, Friderike

Friderike Klauner

Porträt, Schwarzweiß-Foto
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6.12.1916 Wien – 27.8.1993 Wien
auch: Friederike Klauner

Die Beamtentochter Friderike Klauner studierte nach der Matura ab dem Wintersemester 1935/36 Geschichte und Germanistik an der Universität Wien. Nach vier Semestern wechselte sie zum Hauptfach Kunstgeschichte mit Nebenfach Geschichte. Im Juli 1941 reichte sie die Dissertation zum Thema Der Wohnraum im Wiener Biedermeier bei Hans Sedlmayr ein. Noch bevor sie das Rigorosum im Dezember 1941 ablegte, hatte Klauner mit 30. Oktober 1941 auf Werkvertragsbasis im Staatlichen Kunstgewerbemuseum in Wien zu arbeiten begonnen. Dort erfasste sie die vom Mobiliendepot übernommenen Objekte im Inventar. Aufgrund eines Erlasses des Reichsstatthalters vom April 1943 waren "nichtbeamtete Gefolgschaftsmitglieder" dem Landesarbeitsamt für eine anderweitige Verwendung zu melden. In der Folge wurde Klauner von Juni bis September 1943 am Historischen Institut St. Florian dienstverpflichtet, welches nach der Aufhebung des Augustiner-Chorherrenstifts 1941 als dem Reichsstatthalter von Oberdonau untergeordnete Stelle die Archive und Bibliotheken der aufgehobenen Stifte verwaltete. Ab Oktober 1943 war sie als wissenschaftliche Hilfskraft in der Bibliothek des musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Wien tätig. Dieses musste sie aufgrund eines Konflikts mit dem Direktor des Instituts Erich Schenk, der ihre selbständige Arbeitsweise nicht mochte, im Dezember 1944 verlassen.

Ab Juni 1945 arbeitete Friderike Klauner auf Honorarbasis als wissenschaftliche Hilfskraft in der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums (KHM). Im Vorfeld ihrer Anstellung im KHM überprüfte das Innenministerium 1947 Klauners politische Einstellung. Abgesehen von ihrer Mitgliedschaft im Bund Deutscher Mädel während des Studiums wurde keine politische Nähe zur NSDAP festgestellt. Gefördert vom Direktor der Gemäldegalerie Ernst Buschbeck erfüllte sie ab 1948 wichtige wissenschaftliche Agenden und Verwaltungsaufgaben, wie Revision und Neuordnung der Sammlung, Inventarkontrolle, Vorbereitungen für Ausstellungen, Rückbergungen und Erwerbungen. In Buschbecks Abwesenheit fiel ihr immer wieder die stellvertretende Leitung der Gemäldegalerie zu. So übernahm sie im Juli 1948 die im Gegenzug für die erteilte Ausfuhrbewilligung dem KHM überlassenen Objekte aus den Sammlungen von Alphonse und Louis Rothschild. Auch am Zustandekommen der ausfuhrbedingten Widmung des Gemäldes Kardinal Bessarion von Gentile Bellini aus der Sammlung Erich Lederers war sie 1950 beteiligt. 1952 als wissenschaftliche Assistentin der Gemäldegalerie pragmatisiert, stieg Klauner 1954 zum "Kustos" II. Klasse, 1962 I. Klasse auf. 1967 bestellte sie der Bundesminister für Unterricht zur Direktorin der Gemäldegalerie. Das Gremium der Sammlungsleiter wählte Friderike Klauner 1973 schließlich als erste Frau zum "Ersten Direktor" des Kunsthistorischen Museums. Diese Position hatte sie zusätzlich zur Leitung der Gemäldegalerie inne, 1976/77 übernahm sie administrativ auch noch die Sammlung für Plastik und Kunstgewerbe. Neben wichtigen Publikationen und Ausstellungen eröffnete sie in ihrer Amtszeit 1968/1971 die neu eingerichteten Sekundärgalerie, 1974 die baulich sanierte Wagenburg in Schönbrunn, 1976 die Porträtgalerie zur Geschichte Österreichs in Schloss Ambras und 1978 das Ephesos-Museum in der Neuen Burg. Für ihre Leistungen erhielt Friderike Klauner 1977 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, die Richard Meister-Medaille der Universität Wien und den Fürstlich Liechtensteinischen Verdienstorden sowie 1986 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien. 2004, elf Jahre nach Klauners Tod, benannte der Wiener Gemeinderat eine Gasse in Wien Strebersdorf nach ihr.

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Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Sabine Forsthuber-Plakolm, Friderike Klauner, in: Brigitta Keintzel/Ilse Korotin (Hg.), Wissenschafterinnen in Österreich. Leben – Werk – Wirken, Wien-Köln-Weimar 2022, 373–376.

Susanne Hehenberger, Friderike Klauner (1916–1993). Director of the Picture Gallery and First Director of the Kunsthistorisches Museums Wien. A biographical sketch, in: Journal of Art Historiography 29/1 (December 2023), 1–13, URL: arthistoriography.files.wordpress.com/2023/10/hehenberger.pdf (5.12.2023).

Herbert Haupt, Das Kunsthistorische Museum. Die Geschichte des Hauses am Ring. Hundert Jahre im Spiegel historischer Ereignisse, Wien 1991.

Publikationen der Person / Institution

Aufsätze und eigenständige Publikationen in chronologischer Reihenfolge (Auswahl):

Friderike Klauner, Der Wohnraum im Wiener Biedermeier, Dissertation Universität Wien 1941.

Friderike Klauner, Die Kirche von Stift Melk, Wien 1947.

Friderike Klauner, Zur Landschaft Jan Breughels d. Ä., in: Nationalmusei Arsbok (1949/50), Stockholm 1952, 1–28.

Friderike Klauner, Eine Notiz zur Arbeitsweise Caravaggios, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien 50 (1953) 137–140.

Friderike Klauner, Zur Symbolik Giorgiones "Drei Philosophen", in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien 51 (1955) 145–168.

Friderike Klauner, Venezianische Landschaftsdarstellungen von Jacopo Bellini bis Tizian, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien 54 (1958) 121–150.

Friderike Klauner, Spanische Porträts des 16. Jahrhunderts, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien 57 (1961) 123–158.

Erwin M. Auer/Günther Heinz/Friderike Klauner/Vincenz Oberhammer, Neu erworben 1955 bis 1966 neugewonnen, Wien 1966.

Friderike Klauner, Aus der Sammlung Schwarzenberg. Österreichische Leihgaben für die 11. Europarat-Ausstellung in Stockholm. Christina – Königin von Schwednen, in: Alte und moderne Kunst 11/87 (1966), 3–7.

Friderike Klauner, Der "Mathematische Turm" des Stiftes Kremsmünster und die Gemäldegalerie, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 21 (1967) 1–16.

Friderike Klauner, Dürers Werk in der Kopie, in: Alte und moderne Kunst 16/118 (1971) 14–18.

Friderike Klauner, Über die Kunstsammlungen des Stiftes Kremsmünster, in: Kremsmünster. 1200 Benediktinerstift, Linz 1976, 233–247.

Friderike Klauner, Geschichte der Erwerbungen und der Aufstellung der Sammlungen mit besonderer Berücksichtigung der Gemälde, in: Die Kunstdenkmäler des Benediktinerstiftes Kremsmünster, Teil II: Die stiftlichen Sammlungen und die Bibliothek (= Österreichische Kunststopographie 43) Wien 1977, 20–23.

Friderike Klauner, Die Gemäldesammlung, in: Die Kunstdenkmäler des Benediktinerstiftes Kremsmünster, Teil II: Die stiftlichen Sammlungen und die Bibliothek (= Österreichische Kunststopographie 43) Wien 1977, 93–118.

Friderike Klauner, Über die Wertschätzung Giorgiones, in: Giorgione. Atti del Convengo Internazionale di Studi. Catselfranco Veneto 1978, Asolo, Montebelluna 1978, 263–267.

Friderike Klauner, Gedanken zur Dürers Allerheiligenbildern, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien 75 (1979) 57–92.

Friderike Klauner, Das Museum als Erlebnis. Bildungsideal: Ästhetisches Vergnügen, in: Morgen 1981, 375–379.

Friderike Klauner, Höfische Porträtmalerei Spaniens von Sánches Coello bis Juan Carreno de Miranda in Österreich, in: Von Greco bis Goya. Vier Jahrhunderte spanische Malerei, Wien-München 1982, 27–35.

Friderike Klauner, Stationäre Präsentation im Museum aus der Sicht des Objekts, der Besucher und der Verantwortlichen, in: Hermann Auer (Hg.), Bewahren und Ausstellen, die Forderung des kulturellen Erbes in Museen, München 1984, 57–61.

Günther Heinz/Friderike Klauner, Vom Himmel durch die Welt zur Hölle. Inhalt und Sinn von Gemälden, Salzburg-Wien 1987.

Friderike Klauner, Zu Veroneses Buckingham-Serie, in: Wiener Jahrbuch für Kustgeschichte 44 (1991) 107–119.

 

Ausstellungs- und Bestandskataloge:

Ernst H. Buschbeck/Günther Heinz/Friderike Klauner, Brueghel und die niederländische Malerei des 16. Jahrhunderts, Graz 1951.

Günther Heinz/Friderike Klauner, Dürer und seine Zeit. Meisterwerke der deutschen Malerei des 16. Jahrhunderts, Graz 1953.

Ernst H. Buschbeck/Günther Heinz/Friderike Klauner, Die italienischen, spanischen, französischen und englischen Malerschulen, Katalog der Gemäldegalerie, Wien 1954.

Günther Heinz/Friderike Klauner, Rembrandt und seine Zeit. Meisterwerke der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, Klagenfurt 1954.

Günther Heinz/Friderike Klauner/Erwin Neumann, Die moderne Galerie des Kunsthistorischen Museums, Wien 1957.

Günther Heinz/Friderike Klauner, Vlamen, Holländer, Deutsche, Franzosen, Katalog der Gemäldegalerie, Wien 1958.

Günther Heinz/Friderike Klauner/Elisabeth Mahl, Die Neue Galerie des Kunsthistorischen Museums Wien, Wien 1966.

Klaus Demus/Friderike Klauner, Katalog der Neuen Galerie in der Stallburg, Wien 1967, Vorwort, VII-XIII.

Friderike Klauner, Die Sekundärgalerie des Kunsthistorischen Museums, Teil 1: Niederländische Meister des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Katalog der Gemäldegalerie, Wien 1968; Teil 2: Italienische, deutsche, holländische, spanische Malerei vom 15. bis 18. Jahrhundert, Wien 1971.

Friderike Klauner, Geschichte der Gemäldegalerie, in: Kunsthistorisches Museum. Verzeichnis der Gemälde, Wien 1973, VII–XV.

Friderike Klauner (Hg.), Führer durch die Sammlungen des Kunsthistorischen Museums, Wien 1975.

Friderike Klauner, Die Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in Wien. Vier Jahrhunderte europäischer Malerei, Salzburg-Wien 1978.

Klaus Demus/Friderike Klauner/Karl Schütz, Flämische Malerei von Jan van Eyck bis Pieter Bruegel d. Ä., Katalog der Gemäldegalerie, Wien 1981.

 

Archivalien

KHM-Archiv, Direktionsakten: I 85, I 86, I 475, I 476, I 477; Personalia: III 827, III 2100.
KHM, Gemäldegalerie, 35/GG/1948, 40/GG/1948, 41/GG/1948, 2/GG/1950, 9/GG/1950, 60/GG/1951, 11/GG/1956, 71/GG/1956, 28/GG/1957, 51/GG/1957.

MAK-Archiv, Hauptakten, Zl. 1075/1941, 408/1943.

OÖLA, Forschungsinstitut St. Florian.

OeStA/AdR, UWK, BMU, Personalakten, K. 18/199, Friderike Klauner.
OeStA/AdR, ZNsZ, Gauakt 179.818, Friderike Klauner.

UAW, PH PA 2198, PA Friderike Klauner.
UAW, PH RA 15102, Rigorosenakten der Philosophischen Fakultät, Friderike Klauner, Promotion 13.12.1941.