Benedikt, Walter

Walter Benedikt

Porträt, schwarzweiß
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19.3.1896 Wien – 23.10.1948 New York
ab 1942 Benedict

Walter Benedikt, einziges Kind des Zahntechnikers Max Benedikt (1867–1931) und seiner Frau Pauline, neé Hoffmann (1870–1903), trat nach einer kaufmännischen Ausbildung an der Wiener Handelsakademie als offener Gesellschafter in die 1903 gegründete Firma seines Onkels Julius Benedikt ein. Die Firma handelte mit Häuten und Fellen und hatte ihren Sitz in Wien 2, Franzensbrückenstraße 22, wo sich auch Benedikts Wohnung befand. Daneben war Walter Benedikt passionierter Musiker und Komponist: Bereits 1914 debütierte er als Dirigent, seine Gavotte für Streichorchester wurde im Februar 1915 bei einem Konzert der Wohltätigkeits-Akademie der Wiener Handelsakademie uraufgeführt. Die musikalische Ausbildung erhielt er bei Wilhelm Sonnenberg, Mitglied der Wiener Philharmoniker bzw. des Staatsopernensembles sowie beim Pianisten Roderich Bass. Als Pianist und Flötist war Benedikt Mitglied des Hakoah-Orchesters und verrichtete Substitutendienste an der Staatsoper. Seine Kompositionen waren vielfach in Konzertsälen oder bei Radiokonzerten zu hören. Am 14. Juni 1925 heiratete er die 1902 geborene Alice Rosa Ehrenfest, Tochter von Moritz (1851–1913) und Jenny (neé Bittner, 1862–1903) Ehrenfest, im Wiener Stadttempel. Die gemeinsame Tochter Eva wurde am 22. März 1926 geboren, am 31. Juli 1928 kam Tochter Lilly zur Welt. Nach Julius Benedikts Tod im Jahr 1928 übernahm Walter Benedikt als alleiniger Inhaber die Firma, betrieb zudem eine Handelsagentur; seine Frau Alice war für Buchhaltung und Sekretariat zuständig.

Nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich war die Familie Benedikt den antisemitischen NS-Verfolgungs- und Repressionsmaßnahmen ausgesetzt. Im Mai 1938 registrierten sich alle Familienmitglieder bei der Auswanderungsabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und gaben an, in die USA emigrieren zu wollen. Am 15. Juli 1938 füllten Walter und Alice Benedikt jeweils ihr "Verzeichnis über das Vermögen von Juden nach dem Stand vom 27. April 1938" aus. Unter Punkt "IV g) Gegenstände aus edlem Metall, Schmuck- und Luxusgegenstände, Kunstgegenstände und Sammlungen" erwähnten Walter Benedikt summarisch einen Wert von 2.875 Reichsmark und Alice Benedikt den Schätzbetrag von 6.066 Reichsmark für Schmuck. Das Ehepaar beauftragte Rechtsanwalt Alfred Maril mit der Abwicklung der vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Seine Gewerbeberechtigungen musste Walter Benedikt gemäß Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leopoldstadt vom 25. Juni 1938 zurücklegen, anschließend erfolgte die Löschung der Einzelfirmen aus dem Handelsregister. Die Familie Benedikt verließ Wien am 3. August 1938 und bestieg knapp zwei Wochen später, am 16. August, in der nordfranzösischen Hafenstadt Cherbourg die S.S. Duchess of Richmond in Richtung Quebec, Kanada. Dort angekommen, überquerte sie die Grenze in die USA am 25. August 1938. Im Dezember 1942 ließ sie sich in Philadelphia taufen und änderte ihren Nachnamen auf "Benedict", bevor sie nach New York übersiedelte. Eva und Lilly setzten ihre schulische Ausbildung fort, Walter Benedict wurde Mitglied im New York Flute Club und komponierte mehrere Flötenwerke.

Im Zuge der erzwungenen Emigration hatte Walter Benedikt die Ausfuhr des Umzugsgutes in die USA durch die Spedition Bäuml veranlasst. Das Ansuchen um Ausfuhrbewilligung, datiert vom 27. Oktober 1938 und listet summarisch "4 Ölbilder, 1 Graphik, div. Reproduktionen, 1 Cello, 1 Laute, 1 Gitarre, 2 Violinen, 1 Saxophon, 7 Teppiche u. div. Läufer, div. Glas, Silber, Porzellan, Nippes etc." Im Februar 1941 beantragte die Gestapoleitstelle Wien die Aberkennung der Staatsangehörigkeit aller vier Familienmitglieder; mit 15. April 1941 erging die einstweilige Beschlagnahmeverfügung bezüglich des gesamten Vermögens. Zugleich wurde der Rechtsanwalt Stefan Lehner als Vermögensverwalter bzw. -abwickler eingesetzt und im Juni 1941 erfolgte der endgültige Vermögensverfall. Das Umzugsgut, das Wien nie verlassen hatte, verwertete die Vugesta, die den Nettoerlös in der Höhe von 7.610,81 Reichsmark am 28. August 1942 an den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg überwies. Die Veräußerung der Umzugsgüter erfolgte sowohl im Dorotheum, als auch bei Depot-und Freihandverkäufen; Musikhandschriften von Werken Benedikts sowie einige Musiknotendrucke gelangten in diesem Zusammenhang in die Bestände der Nationalbibliothek.

Nach 1945 versuchte Walter Benedict sein Eigentum zurückzuerlangen. Sein Haus in Neuhaus im Triestingtal in Niederösterreich, das der Familie vermutlich als Sommerfrischedomizil gedient hatte, wurde 1948 nach Erkenntnissen der Rückstellungskommission Wien/Außensenat beim Kreisgericht Wiener Neustadt an die Familie Benedict zurückgestellt. Nicht bekannt ist, ob die Familie jemals Kenntnis vom Entzug des Umzugsgutes durch die Vugesta erlangte oder erfuhr, dass Musikhandschriften und Notendrucke in die Nationalbibliothek gelangt waren. Walter Benedict verstarb am 23. Oktober 1948 in New York. Seine Witwe Alice, die 1952 wieder heiratete und den Nachnamen Lakos annahm, erhielt in den 1960er-Jahren vom so genannten Hilfsfonds eine Entschädigung für erlittenen Berufsschaden; sie starb im Oktober 1990 in New Jersey. Lilly Benedict, die Restauratorin wurde, heiratete den aus einer Berliner Musikerfamilie stammenden Filmproduzenten Peter Hollaender. Nach dessen Tod gründete sie das Hollaender Chamber Orrchester in Cornwall (Connecticut). Eva Benedict heiratete den ebenfalls aus Wien emigrierten Arzt Robert Freiberger.

Am 8. Juli 2025 beschloss der Kunstrückgabebeirat die Rückgabe der in der Österreichischen Nationalbibliothek befindlichen 20 Musikhandschriften und vier Musiknotendrucke. Diese werden im September 2025 von Vizekanzler Andreas Babler an die Enkelkinder von Alice und Walter Benedict im Österreichischen Kulturforum New York übergeben werden.

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Publikationen zur Person / Institution

Beschluss des Kunstrückgabebeirats, Walter Benedikt, 8.7.2025, URL: provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Benedikt_Walter_2025-07-08.pdf (14.7.2025). 

Monika Kornberger, Benedikt (Benedict) Walter, in: Österreichisches Musiklexikon online, URL: musiklexikon.ac.at/ml/musik_B/Benedikt_Walter.xml  (4.9.2025).

Archivalien

Archiv der IKG Wien, Matrikenamt, Familie Benedikt.

Auswanderungsfragebogen Familie Benedikt, URL: www.myheritage.at/research/collection-11000/osterreich-wien-judische-auswanderungsantrage-1938-1939?itemId=71219-&action=showRecord&recordTitle=Walter+Benedikt#fullscreen (15.7.2025). 

BDA-Ausfuhr, Zl. 2291/38, Walter Benedikt.

BG Wiener Neustadt, KG Neuhaus, EZ 89 und 148.

NÖLA, 610, IX 15, 1950, Rückstellungsakt Walter Benedikt.

OeStA/AdR, E-uReang,  Abwicklungsstelle der Vermögensverkehrsstelle, Vugesta Geschäftsbuch, 1, Zl. 181, Walter Benedikt.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, NHF 38.056,  Alice Rosa Lakos.
OeStA/AdR, E-uReang,  Hilfsfonds, NHF 34.846, Lilly Hollaender.
OeStA/AdR, E-uReang, FLD, 5599, Walter und Alice Benedikt.
OeStA/AdR, E-uReang,  VVST, VA 43175, Walter Benedikt.
OeStA/AdR, E-uReang, VVST, VA 43174, Alice Rosa Benedikt.

WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Meldeauskunft Walter Benedikt.
WStLA, HRA, Handelsgerichtsakt A 70, 235 Julius Benedikt.