Die aus einer Pilsner Fabrikantenfamilie stammende Rosa Hirsch heiratete im Jahr 1900 den Chemiker und Industriellen Alfred Kraus. Das Ehepaar wohnte mit den beiden gemeinsamen Kindern Marianne und Richard ab 1908 in einer von Adolf Loos ausgestatteten Wohnung in Wien 3, Mohsgasse 2. Loos erhielt als Freund von Alfreds Bruder Karl Kraus mehrere Aufträge von Mitgliedern der Familien Kraus und Hirsch. Das Paar war freundschaftlich wie auch beruflich mit Malvine und Oskar Reichel verbunden – Alfred Kraus war an der Firma Kunst und Wohnung R. Lorenz GesmbH beteiligt, deren Geschäfte zeitweilig Oskar Reichel und sein Sohn Raimund führten.
Rosa Kraus, die bereits 1907 aus der Israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten war, wurde – wie auch ihre Familie – nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich im März 1938 als jüdisch verfolgt. Alfred Kraus verstarb im August 1938 im Kurhaus Sacher in Baden bei Wien. Nur wenige Tage nach dem Tod ihres Vaters meldete sich Marianne, verheiratete Winterberg, nach Prag ab. Rosa und ihr Sohn Richard Kraus, Prokurist im von seinem Großvater gegründeten Familienunternehmen Vereinigte Papier und Ultramarinfabriken AG flüchteten im Februar 1939 nach Belgien. Sie reisten mithilfe eines Geschäftsvisums ein, das ihnen in der Folge Schwierigkeiten bei der Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung bereiten sollte, die Rosa Kraus schließlich im November 1940 erhielt. Richard Kraus war am 10. Mai 1940, dem Tag der deutschen Invasion in Belgien, als einer von geschätzten 6.000 bis 8.000 ausländischen Männern festgenommen worden, die die belgische Regierung für potentielle Verbündete der Deutschen hielt. Wie viele andere vor dem Nationalsozialismus Geflüchtete wurde Richard Kraus in das Camp de Gurs und von dort in das Lager Les Milles im Département Bouches-du-Rhône verbracht, wo er bis zu seiner Überstellung nach Aubagne im Jänner 1942 zum Arbeitseinsatz bei den Groupements de travailleurs étrangers (GTE) in der 8. Gruppe der Fremdarbeiter interniert war. Er starb im Februar 1942 an den Folgen schwerer Misshandlungen durch die dortigen Aufseher.
Rosa Kraus heiratete im August 1942 den belgischen Staatsbürger Adolphe Louis Hoton und lebte bis zu ihrem Tod 1951 in Saint-Gilles-lez-Bruxelles. Ihre Tochter Marianne war mit ihrem Sohn im April 1939 von Prag nach England geflohen. Nach der Scheidung von ihrem ersten Mann heiratete sie 1946 den aus Wien stammenden Arzt Albert Bauer. Sie starb 1947 in London. Ihr Umzugsgut, fünf Möbelwagenmeter bestehend aus 18 Colli, war 1943 von der Vugesta verwertet und größtenteils im Dorotheum veräußert worden. Nach Kriegsende erhielten Rosa Kraus und ihre Familie eine Immobilie in Wien 3, Reisnerstraße 28 sowie entzogene Anteile an einer Liegenschaft Am Modenapark 4 zurückgestellt. Das Wohnungsinterieur der Familie Kraus – neben kunsthandwerklichen Objekten und einem Gemälde Jacopo Bassanos vermutlich mehrere Werke von Max Oppenheimer (MOPP), darunter ein Porträt von Rosa Kraus, das ihr Mann beim Künstler 1909 beauftragt hatte – ging im unmittelbaren Zusammenhang mit Verfolgung und Flucht verloren. 1988 gelangte das Porträt als Schenkung ins mumok Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien. 2015 empfahl der Kunstrückgabebeirat die Restitution des Porträts Rosa Kraus an die RechtsnachfolgerInnen nach Alfred und Rosa Kraus. Es wurde am 30. April 2024 übergeben.