Gussenbauer, Hildegard

Hildegard Gussenbauer

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17.2.1891 Prag – 25.8.1953 Wien

Hildegard Gussenbauer, Tochter des Chirurgen Carl Ignatz Gussenbauer, war Kunstvermittlerin, Kunstberaterin und Kunsthändlerin in Wien. Nach der Berufung ihres Vaters zum Nachfolger Theodor Billroths als Leiter der II. Chirurgischen Universitätsklinik war die Familie 1894 nach Wien übersiedelt. Gussenbauer wurde bis in die Gymnasialzeit zu Hause unterrichtet. Später besuchte sie Zeichen- und Modellierkurse im Atelier von Emma Schlangenhausen, nahm kunstgewerblichen Unterricht beim Architekten Othmar Leixner von Grünberg und absolvierte eine Ausbildung als Spitzenklöpplerin mit Lehrbefähigung. Ihre kunstgeschichtlichen Kenntnisse vertiefte sie durch den Besuch von Museen in verschiedenen europäischen Ländern. Sie war Mitglied des Vereins der Freunde asiatischer Kunst und Kultur in Wien. 1930 reiste sie in die USA. Seit 1922 war Hildegard Gussenbauer als "Kunstbeirat für Wohnkultur" tätig und befasste sich in dieser Funktion mit der Gestaltung von Innenräumen, der Anfertigung von Entwürfen sowie Beratung und Vermittlung in Einrichtungsfragen. Sie bemalte auch selbst Möbel, überprüfte Schätzungen sowie die Echtheit von Kunstwerken, löste Verlassenschaften auf und stellte Kontakte zwischen privaten SammlerInnen und Museen her. Gussenbauer, die zeitlebens ledig blieb, dürfte seitens ihrer Familie finanziell abgesichert gewesen sein, denn ihren eigenen Angaben zufolge deckten die Erträgnisse ihrer Tätigkeiten die Kosten für ihren Lebensunterhalt nicht. Sie betonte gleichzeitig die Bedeutung ihrer weitreichenden Kontakte in zahlreiche Länder der Welt für ihre Arbeit. Das Kunsthandelsgewerbe übte Gussenbauer ab Mitte 1939 aus, und zwar ausschließlich in ihren Wohnungen: zunächst in Wien 8, Skodagasse 9, und ab Mitte 1941 in der Jacquingasse 31, Wien 3. Die letztgenannte Wohnung nutzte sie auch zu Präsentationszwecken. Auf dem Land (vermutlich in Oberverlach, Kärnten) besaß sie ein großes Haus mit Landwirtschaft. Hildegard Gussenbauer war Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste (Fachgruppen Entwerfer sowie Kunstverleger und Kunsthändler), von der Mitgliedschaft in der Reichsschrifttumskammer wurde sie wegen ihrer nur geringfügigen Tätigkeit als Schriftstellerin befreit. In der späteren Kriegsphase befasste sie sich nach eigenen Angaben vor allem mit Neueinrichtungen für Bombengeschädigte und junge Familien. Diese Tätigkeit führte sie sowohl in durch Bomben zerstörte Städte als auch in abgelegene Gebirgsregionen im gesamten "Reichsgebiet", wo sie Einrichtungsgegenstände und alte Volkskunst erwarb. 1940 reiste sie unter anderem in das damalige Protektorat Böhmen und Mähren. Hildegard Gussenbauer trat auch während der NS-Zeit nicht aus der römisch-katholischen Kirche aus. Sie besaß eine Mitgliedskarte der NSDAP, Ortsgruppe Breitenfeld. Zu wiederholten Anlässen betonte sie während der NS-Zeit ihre Regimetreue und verwies auf ihre Bemühungen um den Erhalt der deutschen Kultur. Gussenbauer gehörte dem Deutschen Schulverein Südmark sowie dem Deutsch-Österreichischen Alpenverein an und war Besitzerin eines Waffenpasses. Sie versuchte auch, Kunstwerke an den "Sonderauftrag Linz" zu verkaufen. Ihr Name scheint etwa im Zusammenhang mit dem Gemälde Die Malkunst von Vermeer auf: Sie stand in Kontakt mit Karl Haberstock und bot sich im März und April 1939 – erfolglos – als Vermittlerin für dessen Verkauf an. Unter anderem erwarb das damalige Museum für Völkerkunde (das heutige Weltmuseum Wien) während der NS-Zeit einige Objekte von Hildegard Gussenbauer, deren Vorprovenienzen jedoch nicht eruiert werden konnten. Ihre Gewerbeberechtigung für den Kunsthandel erlosch 1951, zwei Jahre vor ihrem Tod.

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Publikationen zur Person / Institution

Susanne Hehenberger/Monika Löscher (Hg.), Die verkaufte Malkunst. Jan Vermeers Gemälde im 20. Jahrhundert (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 4), Wien-Köln-Weimar 2013, URL: doi.org/10.7767/boehlau.9783205789611.

Archivalien

Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs (Wien, Schloss Schönbrunn), Archiv, Unterlagen zu Hildegard Gussenbauer.

WStLA, Historische Meldeunterlagen, Meldeauskunft Hildegard Gussenbauer.