Epstein, Eduard

Eduard Epstein

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29.2.1876 Eisgrub/Mähren – 28.4.1943 New York

Eduard Epstein war eines von sieben Kindern des aus Böhmen stammenden Lehrers Moritz Epstein und seiner Frau Babette. 1904 heiratete er Margarete Kraus nach mosaischem Ritus in Prag. Eduard Epstein machte sich als erfolgreicher Handelsagent und Kaufmann in der Textilindustrie einen Namen. Er fungierte von 1910 bis 1927 als Prokurist der Wiener Zweigniederlassung der böhmischen Friedrichswalder mechanischen Weberei J. S. Perlhefter, war an diversen Handels-Aktiengesellschaften der Bekleidungsbranche beteiligt sowie im Vorstand des Verbandes der Textilindustrie. 1927 gründete Eduard Epstein mit seinen Geschäftspartnern Hugo Hirsch und Max Weinberger die offene Handelsgesellschaft Epstein, Hirschler & Co, die sich als Handelsagentur, Kommissionshandel und Textilwarengroßhandel verstand. 1917 hatte Epstein ein Zinshaus in Wien 3, Boerhaavegasse 21 erworben. In seiner Wohnung in Wien 8, Josefstädterstraße 87 beherbergte Epstein seine Kunstsammlung, deren Zusammensetzung oder Umfang nicht bekannt ist.

Nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich musste Epstein am 15. Juli 1938 eine Vermögensanmeldung abgeben, die außer einer Silbermünzensammlung, keine Kunstgegenstände benennt. Im Dezember 1938 war das Unternehmen Epstein, Hirschler & Co. mit Sitz in Wien, Börseplatz 6 abgewickelt und aus dem Handelsregister gelöscht worden. Bei einer Hausdurchsuchung am 16. Dezember 1938 stellte die Gestapo in der Vermögensanmeldung nicht deklarierten Schmuck, eine Münzsammlung und weitere Silbergegenstände sicher, die Eduard Epstein in der Wohnung einer "Arierin" versteckt hatte. Im April 1939 unternahm Epstein den gescheiterten Versuch, höhere Geldbeträge und Wertgegenstände über einen Mittelsmann ins Ausland zu verschaffen. Von 3. Mai 1939 bis 7. März 1940 saß er deswegen in Haft im Wiener Straflandesgericht. Die beschlagnahmten Schmuck- und Edelmetallgegenstände wurden im Herbst 1939 zur Verwertung an das Wiener Dorotheum übergeben, 1940 folgten Abgaben von Silbergegenständen im Rahmen der §14-Ablieferungen an das Wiener Dorotheum aus dem Besitz von Eduard und Margarethe Epstein. Im Februar 1940 musste Eduard Epstein sein Zinshaus in der Boerhaavegasse verkaufen. Nach seiner Haftentlassung stellte er am 27. März 1940 ein Ausfuhransuchen bei der Zentralstelle für Denkmalschutz. Dieses listet zwölf Ölbilder, ein Aquarell, diverse Nippes sowie zwölf Teppiche und eine "Miniatur von Theer" auf. Mit Ausnahme der Miniatur wurde das Ansuchen bewilligt. Die Zentralstelle übergab die Aquarellminiatur am 28. März dem Heeresmuseum Wien (HGM) zwecks Erwerbung. Das Objekt wurde am 12. April 1940 im Inventarbuch eingetragen samt Nennung des Ankaufspreises von 100 Reichsmark und des Verkäufers Epstein.

Die Wiener Spedition Rudolf Löwinger überstellte die restliche Kunstsammlung Eduard Epsteins gemeinsam mit den ihm verbliebenen Besitztümern in einem Liftvan am 9. August 1940 an den Freihafen Triest und lagerte ihn bei der Lloyd Triestino ein. Aufgrund der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 beschlagnahmte Gauleiter Friedrich Rainer, der Oberste Kommissar in der Operationszone Adriatisches Küstenland, den Umzugslift und übergab ihn am 9. März 1944 an die NSDAP-Gauleitung Berlin. Der Lift wurde anschließend nach Berlin/Westhafen abtransportiert ("Masse Adria"). Über dessen Verbleib existiert keine Dokumentation.

Mithilfe der Gildemeester-Auswanderungsaktion emigrierten Eduard und Margarethe Epstein erst am 22. Mai 1941 über Lissabon in die USA, wohin deren 1906 geborene Tochter Helene Wahle, wiederverheiratete Lieb, mit ihrem Ehemann im August 1939 geflüchtet war und wo bereits drei Geschwister von Eduard Epstein lebten. Am 21. Juni 1941 erreichte das Ehepaar New York. Eduard Epstein starb dort 1943, gezeichnet von Haft und Verfolgung.

Die ErbInnen erwirkten nach einem Rückstellungsverfahren 1951 eine Restitution der "arisierten" Liegenschaft in der Boerhaavegasse. Das Verfahren gegen die Wiedergutmachungsämter in Berlin für den entzogenen Umzugslift endete 1960 mit einem Vergleich. Der Abgeltungsfonds entschädigte nur einen Bruchteil der von Epstein bezahlten "Reichsfluchtsteuer", der konfiszierten Bankkonten, Aktien, das bei der IKG Wien deponierte "Konto D"-Vermögen und Versicherungen. Auf Grundlage des Dossiers, das dem Kunstrückgabebeirat zur Kenntnisnahme vorgelegt wurde, empfahl dieser am 8. März 2013 in seiner 65. Beiratssitzung die Rückgabe des Blattes aus dem HGM an die RechtsnachfolgerInnen nach Eduard Epstein.

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Publikationen zur Person / Institution

Beiratsbeschluss Eduard Epstein, 8.3.2013, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Epstein_Eduard_2013-03-08.pdf (12.6.2025)

Interview Helen Lieb, 29.11.1995, New York mit Naomi Rappaport, USC Shoah Foundation Institute, Archive of Holocaust oral testimonies, Interview Code 9354. URL: www.sfiaccess.usc.edu/Testimonies/ViewTestimony.aspx?RequestID=2ae3373e-dfe8-4a43-ac1a-396767da1afd (28.4.2025)

Publikationen der Person / Institution

BDA-Archiv, Ausfuhrmaterialien, Zl. 332/1940, Eduard Epstein.

HGM-Archiv, Geschäftsbuch 1940, Inventarbuch.

LAB, Wiedergutmachungsakten, B-Rep. 025-08, Nr. 4921-59 – 4925-59.
LAB, Wiedergutmachungsakten, B-Rep. 064, Nr. 68, Triester Liste.

OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 2586, Eduard Epstein
OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 2587, Eduard Epstein
OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 7195, Eduard Epstein, Hirschler & Co.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds, Zl. 4004, Eduard Epstein, Margarethe Epstein, Helene Lieb
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, §14-Kartei, Eduard Epstein, Margarethe Epstein.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 5007, Eduard Epstein.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 38690, Margarethe Epstein.

WStLA, Handelsgericht, A43-A-Registerakten A14, 170 (Perlhefter).
WStLA, Handelsgericht, A43-A-Registerakten: A2 61a Epstein, Hirschler & Co.
WStLA, Historische Meldeunterlagen, Meldeauskunft Eduard Epstein.
WStLA, Landesgericht für Strafsachen, A11 – Vr-Strafakten: 2722/1939, Eduard Epstein
WStLA, Landesgericht für Strafsachen, A11 – Vr-Strafakten: 4225/1940, Otto Wolff, Ing. Leo Schneider, Arnold Pick u. a.