Der Kaufmann und Kunstsammler Nathan Eidinger war Eigentümer von Zuckerfabriken in Rumänien und Teilhaber der Wiener Cottage Sanatoriums AG. Er und seine Frau Bertha Eidinger, née Fischler, besaßen die rumänische Staatsbürgerschaft; das Paar hatte drei Kinder: Sabine, Dora und Alfred. Die Familie bekannte sich zum jüdischen Glauben und wohnte bis 1938 an der Adresse Wien 1, Schubertring 3. Aufgrund eines Darlehens und daraus folgenden Vergleichs aus dem Jahr 1934 hatte Nathan Eidinger bis 1939 halbjährlich Raten von 17.000 Schilling an die ErbInnen des Darlehensgebers Ottokar Czernin zu überweisen. Im Juni 1937 verpfändete Nathan Eidinger seine Sanatoriumsanteile an die Bank Fried & Thiemann.
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich im März 1938 flüchtete die Familie in die Schweiz. Nathan Eidinger zahlte daher die letzten Raten an die ErbInnen nach Ottokar Czernin nicht mehr, die daraufhin die 1939 von der Zentralstelle für Denkmalschutz sichergestellte Kunstsammlung Nathan Eidingers beanspruchten und am Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eine Klage einbrachten. 1940 wurde den Klägern vom Gericht der Zugriff auf die 166 Positionen umfassende Sammlung Eidinger bewilligt. Das Staatliche Kunstgewerbemuseum in Wien (heute MAK) erwarb 1942 von den nunmehr als Eigentümer geltenden Theobald und Peter Czernin 37 Positionen aus der Sammlung Eidinger. Weitere Gläser und Porzellane wurden an das Joanneum in Graz (17 Positionen), das Ferdinandeum in Innsbruck (12 Positionen) und an die Wiener Kunsthändlerin Marianne Scharmitzer (10 Stück) veräußert. Ein Gemälde übernahm ein Vertreter des Rechtsanwalts der ErbInnen nach Ottokar Czernin, Gunther Spitzy. Der Verbleib der übrigen Objekte ist unbekannt.
Nach ihrer Flucht lebte die Familie Eidinger unter anderem in Zürich, Evian, Vichy und Bukarest. Sohn Alfred Eidinger, Student der Medizin an der Universität Wien, floh nach Nizza, schloss sich der Résistance an, wurde verraten, zum Tode verurteilt und 1943 hingerichtet. Nathan Eidinger starb im Mai 1945 in Bukarest. 1953 forderten die in der Schweiz verbliebenen Bertha und Dora Eidinger sowie die in Israel lebende Tochter Sabine die entzogenen Kunstgegenstände nach dem Dritten Rückstellungsgesetz zurück. Die Rückstellungskommission beim Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien erkannte, dass das Österreichische Museum für angewandte Kunst die 1942 erworbenen Objekte zurückzustellen und die Erbinnen 11.572 Schilling als Ausgleich für die vom Staat beglichene Darlehensschuld an die Republik Österreich zu zahlen hätten. Nach Vergleichsverhandlungen erwarb das MAK 12 Objekte um 15.200 Schilling, wovon den Erbinnen nach Abzug der Forderung durch die Republik Österreich 3.628 Schilling verblieben. Auch das Joanneum und das Ferdinandeum schlossen Vergleiche mit den Erbinnen nach Nathan Eidinger ab. Im Herbst 1953 erfolgte die Restitution von insgesamt 50 Positionen der Sammlung Eidinger aus den drei Museen in Wien, Graz und Innsbruck, für die das Bundesdenkmalamt (BDA) auf eine Ausfuhrsperre verzichtete. Die ausführliche Kartei (Position 166), die Eidinger zu seiner Sammlung angelegt hatte, verblieb im BDA. Tochter Sabine verstarb 1959 in Tel Aviv, Bertha Eidinger 1964 in Luzern, Dora Eidinger 1990 in Zürich.
Am 3. Juli 2014 empfahl der Kunstrückgabebeirat auf Basis des Kunstrückgabegesetzes des Bundes die Restitution der zwölf im Zuge der Ausfuhrwidmung von 1953 im MAK verbliebenen Objekte (10 Inventarnummern) sowie der im BDA-Archiv verwahrten Kartei an die RechtsnachfolgerInnen nach Nathan Eidinger unter der Voraussetzung, dass diese die 1953 erhaltene monetäre Gegenleistung an die Republik zurückerstatten. Im März 2025 erfolgte nach ErbInnenermittlung die faktische Rückgabe der Objekte aus dem MAK und BDA. Restitutionen aus dem Ferdinandeum in Innsbruck und dem Joanneum in Graz sind in Vorbereitung.
Basierend auf der Forschung von Leonhard Weidinger