Otto Braun, Sohn eines Rechtsanwalts, studierte nach der Matura an der Hochschule für Bodenkultur in Wien 18. 1924 legte er die landwirtschaftliche Staatsprüfung ab und konnte fortan die Standesbezeichnung Ingenieur führen. Er lebte bis zu seiner Auswanderung in Wien 9, Grünentorgasse 18. Mitte der 1920er-Jahre dürfte er in Niederösterreich landwirtschaftliche Praktika absolviert haben, ehe er im August 1926 nach Buenos Aires, Argentinien, übersiedelte, um sich dort archäologischen, botanischen und agronomischen Studien zu widmen. Nach einem kurzen Besuch in Wien 1932 meldete er sich nach Camargo in Bolivien ab. Kurz vor der Abreise, am 15.9.1932, übergab er dem Museum für Völkerkunde (MVK, heute Weltmuseum Wien) 61 ethnografische Objekte aus Bolivien als "Leihgaben auf die Dauer eines Jahres". 1933 heiratete er in Bolivien Mercedes Trujillo.
Eine ursprünglich von Otto Braun geplante Rückkehr nach Österreich kam nach dem "Anschluss" an das Deutsche Reich nicht mehr in Frage. Seine Mutter, die am 11.2.1878 im ungarischen Pécs geborene Gisela Braun, eine Schwester von Alexander Zirner, Geschäftsführer des Warenhauses Gebrüder Zwieback in Wien 1, Kärntnerstraße, war seit 1925 Witwe. Im Juni 1938 stellte sie über die Spedition E. Bäuml ein Ansuchen um Genehmigung der Ausfuhr von Umzugsgut mit dem Bestimmungsort Buenos Aires. Ethnografika schienen unter den angeführten Gegenständen nicht auf. Etwa zur selben Zeit bemühte sie sich um eine Rückgabe der Leihgaben aus dem MVK. Der damalige Direktor Fritz Röck schrieb am 11.6.1938 auf einer Postkarte an Gisela Braun, dass die Objekte zum Abholen bereitliegen würden, doch die Karte wurde nicht abgesandt. Aus einem wenige Tage später hinzugefügten Vermerk geht hervor, dass das MVK die Sammlung "richtig übernommen" habe. Einen Teil, 35 in einer Liste erfasste Objekte, folgte das Museum schließlich an Braun aus, der Rest verblieb im Haus. Gisela Braun konnte Ende September 1938 nach Südamerika flüchten, wo sie mit ihren Söhnen Otto und Robert in Buenos Aires lebte. Otto Braun fand später eine Beschäftigung auf Weingütern in Culpina nahe Camargo in Bolivien. Eine "Spende" Otto Brauns an das MVK im Jahr 1943 – eine Gewandnadel aus einem Schachthockergrab in Bolivien – erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem sich weder Gisela noch Otto Braun in Wien aufhielten. Zwischen 1948 und 1975 inventarisierte das MVK die Objekte mit der Herkunftsangabe "Sammlung Otto Braun" einschließlich der im Museum verbliebenen Leihgaben. Der Umzugslift von Gisela Braun war 1940 durch die Vugesta beschlagnahmt und veräußert worden.
2009 empfahl der Kunstrückgabebeirat die Restitution der im MVK verbliebenen 26 ethnografischen Objekten aus der Sammlung Otto Braun. Er ging davon aus, dass, selbst wenn es 1938 zu einem rechtsgeschäftlichen Erwerb der Gegenstände durch das Museum gekommen sein sollte, von einer Entziehung auszugehen sei, da ein solches Geschäft in unmittelbarem Zusammenhang mit der Flucht der als Jüdin verfolgten Gisela Braun und der Unmöglichkeit einer Rückkehr Otto Brauns stattgefunden hätte. 2012 kaufte das MVK die Ethnografika von den ErbInnen nach Otto und Gisela Braun an.