Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien

Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien

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weiterer Bezeichnung: Bibliothek des Institutes für Geschichte der Medizin (bis 2003)

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Die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, als Teil der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, ist am Standort des Josephinum in Wien 9, Währinger Straße 25 untergebracht. Mit ihren etwa 500.000 Einzelbänden ist sie Österreichs größte Archivbibliothek für die Geschichte der Medizin und ihre verwandten Disziplinen. Der Grundstock der Bibliothek wurde auf Initiative des Gründers des Instituts für Geschichte der Medizin, des Medizinhistorikers und Psychiaters Max Neuburger, gelegt. Nachdem das k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht mit Erlass vom 23. Juli 1906 die von Neuburger vorgeschlagene Errichtung eines Institutes für medizinische Geschichtsforschung genehmigte hatte, begann Neuburger mit dem Aufbau einer medizinhistorischen Sammlung und Bibliothek, die er nach der offiziellen Gründung des Institutes im Jahr 1914 provisorisch an der ersten Medizinischen Klinik unterbrachte. Damit gehörte das Wiener Institut nach dem 1905 gegründeten Institut in Leipzig zur zweitältesten medizinhistorischen Einrichtung im deutschsprachigen Raum. Erst nachdem der Unterstaatssekretär des Volksgesundheitsamtes, Julius Tandler, sich für einen eigenen Standort ausgesprochen hatte, endete das Provisorium und es kam im Jahr 1919 zur Aufstellung der Bestände am Standort des heutigen Josephinum. Hier bilden sie gemeinsam mit den Beständen der ehemaligen medizinisch-chirurgischen Josephsakademie (gegründet 1785 durch Joseph II. als Ausbildungsstätte für Militärärzte) und des ehemals hier ansässigen Wiener medizinischen Doktoren-Kollegiums den medizinhistorischen Bibliothekskern der heutigen Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien. Die Bibliothek wurde durch Schenkungen von privater Seite und Institutionen sowie aus Nachlässen laufend erweitert und ergänzt. Heute befinden sich zahlreiche weitere historische Bibliotheken an diesem Standort, darunter die Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte in Wien, die Obersteiner-Bibliothek (Neurologisches Institut) oder die Max und Margareta Wolf Bibliothek für Dermatologie, die Reuter-Bibliothek für Endoskopie, sowie Bestände der ehemaligen dislozierten medizinischen Institute, Universitätskliniken und außeruniversitären Einrichtungen, aus Wiener Krankenanstalten und von privaten Nachlässen. Die Bibliothek des Institutes für Geschichte der Medizin wurde 1975 der Universitätsbibliothek Wien und 1986 der Fakultätsbibliothek für Medizin an der Universität Wien zugeordnet. Seit 2003 ist sie als Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin ein Bestandteil der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien.

Unmittelbar nach dem "Anschluss" im März 1938 und nach der Vertreibung von Max Neuburger, dem Leiter des Institutes für Geschichte der Medizin, wurde Rudolf Geissler, ein Bibliothekar der Universitätsbibliothek Wien, dort zum kommissarischen Verwalter bestellt. Am 22. Jänner 1940 trat der Kölner Arzt, Medizinhistoriker und Nationalsozialist Fritz Lejeune dessen Leitung an, die er bis Anfang April 1945 ausübte. Während dieser Zeit kam es durch Ankäufe aus dem Antiquariatshandel zu einer beträchtlichen Erweiterung des Bibliotheksbestandes. Lejeunes weitreichende Pläne zur Erweiterung und Umgestaltung des Institutes wurden dadurch begünstigt, dass das Institut wie noch nie zuvor durch staatliche Stellen (insbesondere durch das Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten) in den Genuss beträchtlicher budgetärer Förderungen kam, die eine expansive Erwerbungspolitik an der Bibliothek ermöglichten. Durch die ideologische Aufwertung der Medizingeschichte im Nationalsozialismus und ihre Einführung als prüfungsimmanentes Fach für Studierende an der Medizinischen Fakultät 1940 avancierten das Fach und damit das Institut sowie die Bibliothek zum ideologischen Ausbildungsort für künftige Ärzte und Ärztinnen. Für die Erweiterung der Bibliothek nutzte Lejeune seine Kontakte zu zahlreichen Antiquariaten aus Deutschland und aus Wien. Darunter befand sich auch eine Reihe von in den NS-Bücherraub involvierten Antiquariaten, wie die Wiener Antiquariats- und Exportbuchhandlung Alfred Wolf. Am 1. November 1943 kam es aus Luftschutzgründen zur Bergung großer Teile der Bibliothek und der Instrumentensammlungen nach Gänserndorf, Niederdonau, in das Gut Mautner-Markhof. Von dort wurden sie wenige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges durch die Rote Armee an die Universitätsbibliothek Wien transferiert und im Juli/August 1946 dem Institut für Geschichte der Medizin am Josephinum zurückgegeben. Kleinere Bücherbestände verlagerte Lejeune zu Kriegsende in das Rainer-Spital. Diese konnten bereits 1945 wieder an die Bibliothek zurückgeführt werden. Eine weitere Bergungsaktion zum Schutz vor Luftangriffen betraf die Gemäldesammlung des Josephinums, die 1943 in Tullnerbach-Preßbaum in Verwahrung genommen und ebenfalls 1945 dem Josephinum übergeben werden konnte.

Nach der Flucht von Fritz Lejeune im April 1945 leitete der Vorstand der ersten Chirurgischen Universitäts-Klinik im Allgemeinen Krankenhaus und der spätere Rektor der Universität Wien, Leopold Schönbauer, – zunächst als provisorischer Vorstand – bis 1960 das Institut. Die eigentlichen Arbeiten am Institut bzw. der Bibliothek wurden von der Medizinhistorikerin Marlene Jantsch (1917–1994) durchgeführt. Von 1960 bis 1979 übernahm die Medizinhistorikerin und Altphilologin Erna Lesky (1911–1986) den Vorstand.

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Publikationen zur Person / Institution

Harald Albrecht/Bruno Bauer/Walter Mentzel, Josephinische Bibliothek und medizinhistorische Bestände der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, in: GMS Medizin – Bibliothek – Information, 12 (2012) 1–2, Doc 11.

Walter Mentzel/Bruno Bauer, Brüche in der Entwicklung medizinischer Bibliotheken in Wien während des NS-Regimes: Anmerkungen zur Geschichte der Vorgängerbibliotheken der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, in: Gertrude Enderle-Burcel/Alexandra Neubauer-Czettl/Edith Stumpf-Fischer (Hg.), Brüche und Kontinuitäten 1933–1938–1945. Fallstudien zu Verwaltung und Bibliotheken (= Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs Sonderband 12), Innsbruck 2013, 287–314.
Walter Mentzel/Bruno Bauer, Stumme Zeitzeugen. Medizinische und medizinhistorische Bibliotheken an der Medizinischen Universität Wien während der NS-Zeit, in: Stefan Alker, Christine Köstner, Markus Stumpf (Hg.), Bibliotheken in der NS-Zeit. Provenienzforschung und Bibliotheksgeschichte, Göttingen 2008, 273–287.

Archivalien

Sammlungen der Medizinischen Universität Wien, Archiv, Ordner Rektorat – Dekanat der med. Fakultät 1945–1946.
Sammlungen der Medizinischen Universität Wien, Archiv, Ordner Rektorat – Kurator – Dekanat 1942–1945.

UAW, Med.Fak. Dekanat, Zl. 455/1939–40.