Neuburger, Max

Max Neuburger

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8.12.1868 Wien – 15.3.1955 Wien

Der Psychiater und Medizinhistoriker Max Neuburger war zwischen 1914 und 1938 Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin an der damaligen Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Er hatte zunächst an der Universität Wien Medizin studiert und nach der Promotion 1893 als Sekundararzt am Rudolfs-Spital sowie als Assistent an der Neurologischen Abteilung der Wiener Allgemeinen Poliklinik gearbeitet. 1898 habilitierte er sich bei Theodor Puschmann im Fach Geschichte der Medizin. Nachdem auf seine Initiative das Ministerium für Kultus und Unterricht in einem Erlass vom 23. Juli 1906 prinzipiell die Errichtung eines medizinhistorischen Institutes genehmigt hatte, begann Neuburger unmittelbar darauf mit der Sammlung medizinischer Objekte und dem Aufbau einer medizinhistorischen Bibliothek (u. a. durch Schenkungen wie von der medizinhistorischen Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte in Wien), die nach der offiziellen Gründung des Institutes 1914 zunächst provisorisch an der ersten medizinischen Klinik untergebracht war. Nach langjährigen Bemühungen wurde schließlich 1918/19 das Institut für Geschichte der Medizin am Standort der ehemaligen militärärztlichen Akademie, dem Josephinum (Wien 9, Währingerstraße 25) eingerichtet und bezogen. Aufgrund der geringen finanziellen Unterstützung konnte Neuburger den Bestand nur in Eigeninitiative durch Schenkungen, Spenden, der Einbringung seiner medizinhistorischen Privatbibliothek und einer unermüdlichen Sammeltätigkeit erweitern. Mit 1. April 1934 wurde er aufgrund der Sparpolitik der damaligen Bundesregierung emeritiert und der Lehrstuhl aufgelöst, womit das Institut zwischen Duldung und Auflösung stand. Nur aufgrund seines weiterhin erfolgten privaten Engagements gelang es ihm, das Institut provisorisch – Honorarprofessor ohne Lehrkanzel – bis März 1938 weiter zu führen und den Bestand zu sichern. Neuburger war Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften (1901), Mitherausgeber zahlreicher medizinhistorischer Schriftenreihen und darüber hinaus seit der Jahrhundertwende ein wesentlicher Vertreter der kultur- und sozialhistorischen Ausrichtung der Medizingeschichte, die vor allem in der internationalen Historiografie (insb. in den USA) rezipiert worden war.

Unmittelbar nach dem "Anschluss" im März 1938 musste Neuburger – offiziell mit 22. April 1938 – aufgrund seiner jüdischen Herkunft das Institut verlassen. Im August 1939 flüchtete er mittellos nach England, wo er am Wellcome Historical Medical Museum in London neun Jahre als Medizinhistoriker tätig war. Am 23. Juni 1948 übersiedelte er nach Buffalo im US-Staat New York zu seinem Sohn Fritz Neuburger. Im Jahr 1952 kehrte er nach Wien zurück, wo er am 15. März 1955 verstarb. Neuburger brachte mehrmals medizinhistorische Bücher aus seiner Privatbibliothek als Schenkung in die "Institutsbibliothek", die heutige Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, ein, womit er auch den Kern des heutigen medizinhistorischen Bestandes der Zweigbibliothek aufbaute.

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Publikationen zur Person / Institution

Emanuel Berghoff, Max Neuburger. Werden und Wirken eines österreichischen Gelehrten (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin 3), Wien 1948.

Michael Hubenstorf, Eine "Wiener Schule" der Medizingeschichte? – Max Neuburger und die vergessene deutschsprachige Medizingeschichte, in: Medizingeschichte und Gesellschaftskritik (= Festschrift für Gerhard Baader), Husum 1997, 246–289.

Walter Mentzel/Bruno Bauer, Brüche in der Entwicklung medizinischer Bibliotheken in Wien während des NS-Regimes: Anmerkungen zur Geschichte der Vorgängerbibliotheken der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, in: Gertrude Enderle-Burcel/Alexandra Neubauer-Czettl/Edith Stumpf-Fischer (Hg.), Brüche und Kontinuitäten 1933–1938–1945. Fallstudien zu Verwaltung und Bibliotheken (= Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs Sonderband 12), Innsbruck 2013.

Publikationen der Person / Institution

Max Neuburger, Die Anschauungen über den Mechanismus der specifischen Ernährung. Leipzig-Wien 1900.
Max Neuburger, Geschichte der Medizin. 2 Bde., Stuttgart 1906–1911.
Max Neuburger, Die Entwicklung der Medizin in Österreich (= Österreichische Bücherei 11), Wien-Leipzig 1918.
Max Neuburger, Die Wiener medizinische Schule im Vormärz, Wien-Berlin-Leipzig-München 1921.
Max Neuburger, Das alte medizinische Wien in zeitgenössischen Schilderungen, Wien-Leipzig 1921.
Max Neuburger, Die Lehre von der Heilkraft der Natur im Wandel der Zeiten, Stuttgart 1926.
Max Neuburger, British Medicine and the Vienna school. Contacts and parallels, London 1943.

Max Neuburger/Julius Pagel, Handbuch der Geschichte der Medizin 1–3, Jena 1902–1905.

Archivalien

UAW, Medizinische Fakultät, PA Max Neuburger.