Primavesi, Eugen

Eugen Primavesi

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12.5.1888 Brünn / Brno – 29.4.1961 Salzburg

Eugen Karl Franz Primavesi zählte während der NS-Zeit zu den aktivsten und einflussreichsten Kunst- und Antiquitätenhändlern in Wien. Er nahm als Major am Ersten Weltkrieg teil und bezeichnete sich auch später als Berufsoffizier. Er betrieb den Handel mit Antiquitäten und Kunstgegenständen von 1923 an unter seiner Wohnadresse in Wien 4, Wiedner Hauptstraße 45–47. Ab 1934 war er Experte und Schätzmeister des Wiener Handelsgerichts für das Fachgebiet antikes Kunstgewerbe und ab 1936 Vertragsangestellter des Wiener Dorotheums. Nachdem er Ende 1940 dieser Position enthoben worden war, vermutlich wegen Unvereinbarkeiten mit seiner gleichzeitigen Tätigkeit als Antiquitätenhändler, arbeitete er weiterhin als gerichtlich beeideter Sachverständiger und Schätzmeister sowie als Einkäufer für Museen, Kunsthandlungen und Sammler im In- und Ausland. Eigenen Angaben zufolge erwarb er Kunstobjekte auch bei "Sonderauktionen der Geheimen Staatspolizei", schätzte Umzugsgut vertriebener Jüdinnen und Juden zur Festsetzung der Ausfuhrabgabe und veranlasste gegen Provision Einbringungen Verfolgter ins Dorotheum.

1946 wurde vor dem Wiener Volksgericht ein Strafverfahren gegen Primavesi eingeleitet, in dem gegen ihn der Vorwurf der missbräuchlichen Bereicherung (gemäß § 6 des Kriegsverbrechergesetzes) erhoben wurde, unter anderem in Zusammenhang mit den von ihm getätigten Schätzungen und Ankäufen von Kunstgegenständen aus dem Eigentum des Wiener Spediteurs Emil Karpeles-Schenker. Primavesi hatte zwar selbst keinen Betrieb und keine Liegenschaft "arisiert", aber in enger Kooperation mit Walter Schimana, dem "Ariseur" von Karpeles-Schenkers Villa in Wien-Döbling mobile Vermögenswerte der Familie an sich gebracht. Das Strafverfahren gegen Primavesi wurde 1949 eingestellt, in den folgenden Jahren aber mehrmals wieder aufgenommen und erst 1961, im Jahr seines Todes, endgültig eingestellt. 1962 musste die Witwe, Margarethe Primavesi, auf Grund eines Urteils des Landesgerichts Salzburg das Gemälde Jagdszene von Jan Fyt an die Familie Karpeles-Schenker zurückstellen. Bereits 1951 hatte das Innenministerium Primavesis Antrag auf Streichung seines Namens aus der Registrierungsliste für ehemalige NationalsozialistInnen stattgegeben, weil aus dem Gauakt nicht eindeutig hervorgehe, dass Primavesi Mitglied der NSDAP oder der SA gewesen war. Er selbst gab an, eine frühere Mitgliedschaft nach dem "Anschluss" lediglich behauptet zu haben, um seine Ehefrau angesichts ihrer jüdischen Abstammung zu schützen. Diese Ehefrau (deren Mädchenname Kohn gewesen sein soll) lässt sich in den amtlichen Unterlagen allerdings nicht nachweisen. Eugen Primavesi hatte 1946 in Wolfsburg (Kärnten) Margarethe Gaugelhofer geheiratet, eine frühere Ehe ist in den Unterlagen des Standesamtes nicht verzeichnet. Eugen Primavesi lebte nach der NS-Zeit zunächst in Wolfsberg, ab 1947 auf Schloss Tausendlust in Hitzendorf bei Graz (das seiner Ehefrau Margarethe gehörte) und zuletzt in Salzburg, wo er ab 1950 wieder für das Dorotheum – als Kunstexperte für die lokale Zweiganstalt – tätig war. Margarethe Primavesi führte nach dem Tod ihres Gatten ab 1963 den Antiquitätenhandel als Witwenbetrieb am Standort Wien 4, Frankenberggasse 9, bis 1977 weiter.

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Publikationen zur Person / Institution

Gabriele Anderl, "Am Wiener Platz". Schlaglichter auf die Rolle des Wiener Kunsthandels während der NS-Zeit, in: Gabriele Anderl/Alexandra Caruso (Hg.), NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen, Innsbruck-Wien-Bozen 2005, 171–211.

Archivalien

BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 39, PM Karpeles-Schenker.

GISA Servicestelle, Magistratsabteilung 63 der Stadt Wien, Generalkatasterblatt zu Eugen Primavesi und Karteikarte zu Margarete (= Margarethe) Primavesi.

OeStA/AdR, ZNsZ, Gauakt 33.701, Eugen Primavesi.

WStLA, LG für Strafsachen, A11, Vr 6525/58, Eugen Primavesi.
WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr 3159/45, Vg Vr 805/55, Eugen Primavesi.