Silverio, Helene

Helene Silverio

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2.4.1906 Wien – 1991

verehelichte Helene Harding

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Helene Silverio war bis 1938 als Angestellte in der Galerie Harding in Wien 1, Kärntnerstraße 16, beschäftigt und bereits vor dem "Anschluss" mit Arnold Harding, einem der beiden Eigentümer, verlobt, was jedoch nicht offiziell bekannt war. Anfang 1939 genehmigte die Vermögensverkehrsstelle Silverio die Übernahme der Galerie von Arnold Harding – der Miteigentümer Alfred Harding war kurz nach dem "Anschluss" vor der NS-Verfolgung in die Tschechoslowakei geflüchtet. Silverio war nie Mitglied der NSDAP, trat aber Ende Juli 1938 der Reichskammer der bildenden Künste bei, um als Kunsthändlerin tätig sein zu können. Später führte sie das 1940 in Galerie Helene Silverio umbenannte Unternehmen als Alleininhaberin weiter. Sowohl der Vorbesitzer Arnold Harding als auch Silverio waren heftigen Anfeindungen und Erpressungsversuchen durch den Kunsthändler Eduard Nierscher ausgesetzt, der – allerdings erfolglos – versuchte, das Unternehmen in seinen Besitz zu bringen. Nierscher, der dort bis 1935 beschäftigt gewesen war, wusste vom persönlichen Verhältnis zwischen Silverio und Arnold Harding, das gemäß den NS-Gesetzen unter den Straftatbestand der "Rassenschande" fiel. Zudem drohten bei der "getarnten Übernahme" von Betrieben drakonische Strafen. De facto handelte es sich in diesem Fall um eine der ganz wenigen "Scheinarisierungen" in der Branche des Kunst- und Antiquitätenhandels. Von November 1941 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs versteckte Silverio Arnold Harding in ihrer unweit des Geschäfts gelegenen Wohnung in Wien 1, Weihburggasse 4, um ihn vor der Deportation zu schützen. Sie unterstützte auch andere jüdische Verfolgte, etwa Gertrude Spiegler, zuletzt verehelichte Neuwirth (1909–1965), die sie ebenfalls in ihrer Wohnung beziehungsweise den dazugehörigen Lagerräumen unterbrachte. Silverio musste auf dem Schwarzmarkt Lebensmittel organisieren und auch einige befreundete Personen und Bekannte einweihen, um die "U-Boote" verpflegen zu können.

Im Mai 1945, unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, heirateten Helene Silverio und Arnold Harding. Unklar bleiben die Hintergründe eines von Hans Lion gegen Helene Silverio angestrengten Rückstellungsverfahrens, in dem der damals in Nizza lebende österreichische Kunsthändler, der als Jude verfolgt worden war, von Helene Harding die Herausgabe des Bildes Die Fische von Gustav Klimt verlangte. Die Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien wies in ihrem Erkenntnis vom 14. Jänner 1952 den Antrag Lions als unbegründet ab. Helene Harding führte die Galerie nach Kriegsende als Alleininhaberin fort, 1949 unter diesem Namen. Im November 1974 – ein knappes Jahr nach dem Tod ihres Ehemannes – legte sie ihren Gewerbeschein zurück.

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Publikationen zur Person / Institution

Radiobeitrag von Gabriele Anderl in der Ö1-Sendereihe "Dimensionen": "Im Tarnungswege" erworben. Die Arisierung der Wiener Galerie Harding. Sendetermin: 19.12.2018, URL: oe1.orf.at/programm/20181219/538494/Im-Tarnungswege-erworben (13.6.2022).

Archivalien

OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, H. 2272, Galerie Harding/Silverio.

WStLA, Handelsgericht, Reg. A 43, 163a, Galerie Harding.
WStLA, Opferfürsorgeakt Arnold Harding, Zl. 15.224. 
WStLA, Volksgericht, A1,Vg Vr 1128/45, Eduard Nierscher.
WStLA, VEAV, C 675, 1. Bezirk, Hans Lion/Helene Silverio.