Singer, Leopold

Leopold Singer

Exlibris, durchgestrichener Name
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31.7.1869 Wien – 10.6.1942 London

Leopold Singer wurde 1869 in Wien als Sohn des jüdischen Kaufmanns Wilhelm Singer und seiner Frau Rosalie, née Klein, geboren. Nach einem Studium der Technischen Chemie in Wien, Zürich und Karlsruhe promovierte Singer 1892 mit einer Arbeit zum Thema Beiträge zur Theorie der Petroleumbildung zum Doktor der Philosophie. Im Anschluss daran arbeitete er in der Erdölraffinerie seines Vaters in Orșova im heutigen Rumänien. 1897 heiratete er Jenny Beck, mit der er die Söhne Erwin und Otto hatte. Von 1903 bis 1912 war Singer Direktor der Aktien-Gesellschaft für Mineralölindustrie vorm. David Fanto & Co. in Pardubice in der heutigen Tschechischen Republik. Eine weitere Station auf seinem beruflichen Werdegang waren ab 1914 die Mineralölwerke Rhenania AG der Royal Dutch Shell-Gruppe in Düsseldorf, wo er den Posten eines Geschäftsführers bekleidete. Daran schlossen sich Konsulententätigkeiten für die Allgemeine Depositenbank in Wien (1918) und die Universal Oil Co. of Chicago (1926) an. Schon ab 1909 war er zudem ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift Petroleum. Hinzu kamen Übersetzungen von Fachliteratur aus dem Englischen und die Mitarbeit am von Carl Engler und Hans von Höfer herausgegebenen mehrbändigen Standardwerk Das Erdöl, seine Physik, Chemie, Geologie, Technologie und sein Wirtschaftsbetrieb. Leopold Singer hielt auch dutzende Patente im Bereich der Destillisationstechnik. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich sah sich das Ehepaar Singer, das seit 1919 in Wien 1, Grillparzerstraße 7/3 wohnte, aufgrund seiner jüdischen Herkunft Repressalien durch das NS-Regime ausgesetzt. In seiner Vermögensanmeldung vom Juli 1938 schätzte Singer seine Bibliothek summarisch auf 8.000 Reichsmark. 1939 meldete sich das Ehepaar nach Rumänien ab. Es bleibt offen, wie und wann sie nach Großbritannien gelangten, wo Leopold Singer 1942 in London starb. Der ältere Sohn Erwin war bereits 1936 in Wien gestorben. Otto meldete sich 1938 nach Shanghai ab, lebte in Australien und den USA. Er starb 1981.

Im Zuge der systematischen Provenienzforschung an der Universitätsbibliothek der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien konnten 696 Bücher aus dem Eigentum von Leopold Singer eruiert werden. Diese wurden 2015 an seine ErbInnen restituiert, die den größten Teil der Werke der Bibliothek des Technischen Museums Wien (TMW) überließen. 2017 wurde ein Teil dieser Büchersammlung in die Dauerausstellung des TMW über Erdöl und Erdgas eingegliedert. Die stilisierte Rekonstruktion von Singers Bibliothek wird dort explizit als Ergebnis der Provenienzforschung der WU Wien präsentiert.

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Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Leo Ivanovszky, Obituary Dr. Leopold Singer, in: Journal of the Institute of Petroleum 28 (1942) 224, 177–178.

Johannes Koll/Regina Zodl, Provenienzforschung ins Museum: Ausstellungseröffnung und Restitution der Wirtschaftsuniversität Wien im Technischen Museum Wien (Wien, 4. Oktober 2017), in: Mitteilungen der Vereinigung österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VÖB), 70 (2017) 3/4, 346–353, URL: doi.org/10.31263/voebm.v70i3.1956 (14.11.2023).

Personales [60. Geburtstag], in: Petroleum 34 (1929), 1168.

Regina Zodl/Roswitha Hammer, Ex libris Leopold Singer. Der Weg einer restituierten Büchersammlung ins Museum, in: Markus Helmut Lenhart/Birgit Scholz (Hg.), Was bleibt? Bibliothekarische NS-Provenienzforschung und der Umgang mit ihren Ergebnissen, Graz 2018, 27–32.

Publikationen der Person / Institution

Leopold Singer, Beiträge zur Theorie der Petroleumbildung, Dissertation Universität Zürich, gedruckt Wien 1893.

Iltyd J. Redwood, Die Mineraloele und ihre Nebenprodukte. Nebst einer kurzen Geschichte der schottischen Schieferoel-Industrie, einer Beschreibung der geologischen und geographischen Vertheilung der schottischen Schiefer und der Regeneration der zur Raffination benutzten Säure und Lauge sowie einer Patentliste, die Apparate und Verfahren zur Erzeugung und Raffination von Mineraloelen betreffend. Aus dem Englischen übersetzt von Leopold Singer, Leipzig 1898.

Leopold Singer (Bearb.), Die Technologie des Erdöls und seiner Produkte, in: Carl Engler (Hg.), Das Erdöl, seine Physik, Chemie, Geologie, Technologie und sein Wirtschaftsbetrieb. In fünf Bänden, 3, Leipzig, 1911.

Leopold Singer, Anorganische und organische Entfärbungsmittel, Dresden u. a. 1929.

Archivalien

OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA  41257, Leopold Singer.

Stadtarchiv Düsseldorf, Meldekarte Leopold Singer.

WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Meldeauskunft Leopold Singer.