Getzinger, Alois

Alois Getzinger

Info
Zusatzinformationen

2.2.1900 Gablitz, Niederösterreich – 3.11.1974

Der gelernte Kellner Alois Getzinger machte sich 1922 als Trödelhändler am Standort Wien 15, Turnergasse 28, selbständig und war zwischen 1935 und 1938 auch als Sachverständiger für Effekten und Mobilien tätig. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich konnte er seinen Handel mit Altwaren und Möbeln insbesondere infolge der Liquidierung der Geschäfte des Kürschners Alexander Melion, der Pelzhändlerin Malvine Rispler sowie des Juweliers Julius Epstein in Wien 15, Mariahilferstraße 165/167, massiv expandieren, indem er die Räumlichkeiten als Warenlager "für gebrauchte Möbel aus jüdischem Besitz" nutzte. Zwar hatte Getzinger, der für die NS-Behörden zunächst als "unpolitisch" galt und auch kein NSDAP-Mitglied war, "keinen guten Ruf, da er mit jüdischen Geschäftsmethoden arbeitet", weshalb das Gaupersonalamt seine erneute Bestellung zum Sachverständigen noch im Januar 1941 nicht befürwortete. Kurz darauf wurde er jedoch als "charakterlich und politisch einwandfrei" sowie "bei Sammlungen gebefreudig" bezeichnet. Aufgrund dieser plötzlichen Wandlung in der Beurteilung seiner Person wurde er nun doch wieder zum gerichtlich beeideten Sachverständigen und Schätzmeister der Deutschen Rechtsfront sowohl für Effekten und Mobilien als auch für Altwarenhandel ernannt. In der Provenienzforschung tritt Getzinger hinsichtlich der Bewertung der Wohnungseinrichtungen von Hans Abels bzw. von dessen Ehefrau Else vor deren Flucht aus Österreich sowie des Kunstsammlers Armin Reichmann kurz vor dessen Übersiedlung in eine "Sammelwohnung" in Erscheinung.

Wie nach Kriegsende im Prozess gegen den "Ariseur" Karl Buchheim vor dem Wiener Volksgericht festgestellt wurde, hatte Getzinger ein Inventarverzeichnis der Privatwohnung des Wiener Juweliers Jakob Futterweit, der noch im März 1938 zu Tode gekommen war, angelegt. Dabei wurden eine Reihe von ZeugInnenaussagen eingeholt, laut denen sich Getzinger in der Zeit des Nationalsozialismus enorm bereichert habe, indem er die Möbel von Juden und Jüdinnen, die fliehen mussten oder denen die Deportation drohte, sehr niedrig eingeschätzt und diese nachher selbst angekauft habe. Allerdings dürfte es, anders als im Verfahren gegen Buchheim angedeutet, nicht zum Prozess aufgrund Verstoßes gegen § 6 KVG gekommen sein.

Author Info
Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Gabriele Anderl, Provenienzforschung am Museum für Völkerkunde Wien, in: Zeitschrift für Rechtsphilosophie 1 (2012), 1–58.

Archivalien

OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, Alois Getzinger/Melion – Rispler S., S 8974.

WStLA, Gauakten, A1-'Gauakten', Personalakten des Gaues Wien, K1 - Kartei zu den "Gauakten", Alois Getzinger.
WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr 1956/45, Alois Getzinger.