Josef Ungar war ein aus Galizien stammender Wiener Goldschmied und Juwelenhändler. Seit 1912 betrieb er am Trattnerhof 1, Wien 1 ein Juweliergeschäft mit Werkstätte. Er war Vorstandsmitglied der Genossenschaft und Meistervereinigung für Juweliere, Gold- und Silberschmiede. Nach dem "Anschluss" im März 1938 besetzte ein namentlich nicht bekannter, wahrscheinlich selbst ernannter kommissarischer Verwalter sein Juweliergeschäft. Josef Ungar musste wie alle nach NS-Definition als Juden und Jüdinnen geltenden Personen, deren Vermögen den Wert von 5.000 Reichsmark überstieg, bis 30. Juni 1938 eine Vermögensanmeldung bei der Vermögensverkehrsstelle abgeben, nach welcher der Wert seines Warenlagers 67.097,10 Reichsmark betrug. Ein neu ernannter kommissarischer Verwalter, Franz Szirba, bereitete im Zuge der Liquidation des Unternehmens die Übergabe der noch vorhandenen Waren an die Einkaufs- und Treuhandgenossenschaft für die Uhren- und Juwelenbranche vor. Schon im Juni 1938 hatte er aus den Beständen von Josef Ungar dem Uhrenmuseum der Stadt Wien zwei Taschenspindeluhren und ein Spindelrepetierwerk ohne Gehäuse geschenkt. 1939 liquidierte die von Andreas Käs geleitete Abwicklungsstelle für die Liquidation und Arisierung des Uhren- und Juwelenfaches die Firma Josef Ungar. Seines Geschäfts beraubt war Josef Ungar zusammen mit seiner Frau Gertrud im Dezember 1938 die Flucht nach London gelungen. Von dort emigrierte das Ehepaar 1941 weiter nach New York, wo sie bis zu ihrem Tode lebten.
Im Zuge der systematischen Provenienzforschung im Wien Museum wurden die beiden Taschenspindeluhren 2003 an die 94-jährige Gertrud Ungar restituiert, deren Ehemann Josef Ungar 1971 gestorben war. Das Spindelrepetierwerk konnte nicht zurückgegeben werden, da es 1945 an einem Bergeort der Städtischen Sammlungen verloren gegangen war.