Helene Richter entstammte einer liberalen Familie des (groß)bürgerlichen Milieus mit jüdischem Hintergrund. Ihr Vater, der Arzt Maximilian Richter, war Chef des Sanitätsdiensts der k. k. privilegierten Südbahn-Gesellschaft, Mutter Emilie Hausfrau. Gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Elise erhielt Helene von Privatlehrerinnen Unterricht und unternahm Bildungsreisen. Richter begann ab 1891 als Gasthörerin Vorlesungen an der Universität Wien zu besuchen, strebte aber im Gegensatz zu ihrer jüngeren Schwester Elise keine universitäre Berufslaufbahn an. Dennoch entsprach ihr Lebensentwurf keineswegs dem gängigen der Zeit: sie blieb unverheiratet und kinderlos, widmete ihr Leben der Forschung. Ab den 1890er-Jahren wandte sich Richter der englischen Literatur zu, trat als Übersetzerin in Erscheinung und entwickelte sich zu einer erfolgreichen und anerkannten Publizistin. Neben ihrer Beschäftigung mit der englischen Romantik und ihren biografischen Werken führte ihre anfänglich jugendliche Begeisterung für das Theater schließlich zu einer tiefgehenden wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Geschichte des k. k. Hof-Burgtheaters und dem Schauspiel. Bereits in ihrer Jugend legte Helene den Grundstein ihrer später umfangreichen Theatralia-Sammlung mit Autografen, Fotografien, Lithografien, Kupferstichen und weiteren Objekten. Gemeinsam mit ihrer Schwester lebte Helene Richter in einer Villa im Währinger Cottageviertel, in der sie regelmäßig KünstlerInnen, SchriftstellerInnen, WissenschaftlerInnen und Aktivistinnen empfing. In den 1920er-Jahren mussten Helene und Elise Richter ihre Villa aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten gegen Zahlung einer Leibrente und unter Zubilligung des lebenslangen Wohnrechts verkaufen. Trotz finanzieller Not und körperlicher Leiden veröffentlichte Helene Richter in dieser Zeit zahlreiche Aufsätze, Theaterkritiken und nicht weniger als vier Monografien. 1931 – anlässlich ihres 70. Geburtstages – ehrten sie die Universitäten Heidelberg und Erlangen sowie die Stadt Wien.
Nach dem "Anschluss" 1938 war die mittlerweile gehörlose und pflegebedürftige Helene Richter, die 1897 aus der israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten und 1911 gemeinsam mit ihrer Schwester zum evangelischen Glauben nach Augsburger Bekenntnis konvertiert war, der NS-Verfolgung ausgesetzt. Als Jüdin im Sinne der nationalsozialistischen Nürnberger Gesetze erhielt sie im Deutschen Reich Publikations- und Bibliotheksverbot. Jeglicher Betätigung beraubt, von Krankheit gezeichnet, mussten die Schwestern 1941 ihre umfangreiche Bibliothek mit Romanica und Anglistica an die Universitätsbibliothek Köln verkaufen. Auch dem Druck, ihre Autografen- und Theatersammlung an die Nationalbibliothek zu veräußern, gab Helene Richter schließlich nach. Am 10. März 1942 wurde Helene Richter gemeinsam mit ihrer Schwester delogiert, in das jüdische Altersheim in der Seegasse 16, Wien 9, gebracht und schließlich im Oktober 1942 in das "Altersghetto" Theresienstadt deportiert, wo sie am 8. November 1942 verstarb. Nach 1945 wurde kein Verlassenschafts- oder Rückstellungsverfahren eingeleitet. Erst 1972 erwirkte eine Immobiliengesellschaft Helenes offizielle Todeserklärung, da ihr Haus verkauft und ihr lebenslang zugesichertes Wohnrecht nun gelöscht werden sollte. Zwischen 2005 und 2007 erfolgten Beschlüsse der Wiener Rückstellungskommission und des Kunstrückgabebeirates, die in den Sammlungen der Stadt Wien, der Österreichischen Nationalbibliothek und des Theatermuseums befindlichen Objekte von Helene und ihrer Schwester an deren NachkommInnen auszufolgen.