Carl Reininghaus war der älteste Sohn von Julius Reininghaus und Emilie, née Mauthner Markhof. Nach dem frühen Tod seines Vaters kaufte sein Onkel Johann Peter Reininghaus dessen Anteile der Grazer Brauerei. Das ererbte Vermögen, zu dem auch eine Farbenfabrik und Schlemmwerke in Gösting zählten, sicherte Carl ein Leben in finanzieller Unabhängigkeit. Der Fabrikant sammelte Kunst und betätigte sich als Mäzen. Um 1900 besaß er laut Handbuch der Kunstpflege in Österreich eine der wichtigsten Sammlungen in der Steiermark, in der sich neben Gemälden von Hans Makart, Hans Thoma und Wilhelm von Kaulbach, auch "einige ältere Italiener" befanden. Aus privaten Gründen (Scheidung von seiner ersten Frau Zoë, née von Karajan; außereheliche Beziehung mit der in Klosterneuburg lebenden Marie Schneider) zog Carl Reininghaus 1904 von Graz nach Wien. Zugleich legte er seinen Sammlungsschwerpunkt auf Kunstwerke der Moderne und war in regem Kontakt mit Gustav Klimt, Egon Schiele sowie weiteren Künstlern der Secession. Er erwarb u. a. mehrere Werke von Ferdinand Hodler. 1907 kaufte er den anlässlich der XIV. Ausstellung der Wiener Secession von Gustav Klimt gefertigten Beethoven-Fries, den er 1915 an August Lederer veräußerte. Es war Carl Reinighaus' testamentarischer Wunsch, dass seine Kunstsammlung nach Möglichkeit als Ganzes erhalten bliebe, allerdings machten die langwierige Nachlassabhandlung, bestehende Zahlungsverpflichtungen und der dramatische Preisverfall in Folge der Weltwirtschaftskrise den Verkauf einzelner Werke notwendig. Einige Objekte wurden schließlich an die Erbberechtigten verteilt, andere über Kunsthandlungen bzw. Auktionshäuser in Wien und in der Schweiz veräußert. Zwei Kunstwerke aus der Sammlung von Carl Reininghaus befinden sich heute im Kunsthistorischen Museum Wien: Eine antike Grabplatte, 1933 bei Glückselig angeboten, aber nicht veräußert, 1940 von der Antikensammlung gekauft, und ein Sebastiano Mainardi zugeschriebenes Gemälde Madonna mit Kind, 1969 zugewiesen. Dieses Bild aus dem 15. Jahrhundert hatte als eines der Hauptwerke der Sammlung gegolten und war 1940 um 100.000 Reichsmark an den "Sonderauftrag Linz" verkauft worden. 1945 befand sich das Bild im Central Collecting Point in München, 1958 übergab es die Treuhandverwaltung für Kulturgut der BRD an die Republik Österreich. Kurz darauf forderte die Verkäuferin das Gemälde zurück. Allerdings konstatierte die mit der Causa befasste Finanzprokuratur 1969, dass der Verkauf nicht als Entziehung durch das NS-Regime zu bewerten und damit keine Begründung für eine Rückstellung gegeben sei. In der Folge wies das Bundesministerium für Unterricht das seit 1958 im Kunsthistorischen Museum verwahrte Bild diesem auch inventarisch zu. 2016 entschied auch der im Zuge der systematischen Provenienzforschung damit befasste Kunstrückgabebeirat gegen eine Rückgabe.
Carl (von) Reininghaus
Beschluss des Kunstrückgabebeirats, Carl Reininghaus, 1.4.2016, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Reininghaus_Carl_2016-04-01.pdf (3.12.2020).
Auktionshaus für Altertümer Glückselig (Hg.), Gemälde und Antiquitäten aus dem Nachlasse Carl (v.) Reininghaus. Wertvolle Musikinstrumente und Künstlerdokumente aus dem Nachlasse Ernst Löwenfeld. Mobiliar und Kunstgegenstände aus Wiener Privatbesitz, Wien 1933, [Auktion: 29.–30.5.1933], URL: doi.org/10.11588/diglit.10785.
Handbuch der Kunstpflege in Österreich. Herausgegeben vom k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht, redigiert von Wilhelm Freiherrn von Weckbecker, 3. Aufl., Wien 1902.
Susanne Hehenberger, Madonna mit Kind und zwei Engeln. Ein Renaissancegemälde aus der Sammlung Carl Reininghaus, in: Eva Blimlinger/Heinz Schödl (Hg.), … (k)ein Ende in Sicht. 20 Jahre Kunstrückgabegesetz in Österreich (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 8), Wien-Köln-Weimar 2018, 257–273, URL: doi.org/10.7767/9783205201274.257.
Karl Reininghaus. Ein Gedenkwort von Karl [Carl] Moll, in: Neue Freie Presse, 17. November 1929, 37–38, URL: anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nfp&datum=19291117&seite=37 (3.12.2020).
Ulrike Tropper, Die Sammlung Carl von Reininghaus. Ein Beispiel privater Kunstförderung um 1900, in: Gotthart Wunberg, Dieter A. Binder (Hg.), Pluralität. Eine interdisziplinäre Annäherung. Festschrift für Moritz Csáky, Wien 1996, 258–273.
Michael Wladika, Dossier Provenienzforschung bm:ukk – LMP, LM Inv. Nr. 465, 30. Juni 2010, URL: www.bmkoes.gv.at/dam/jcr:afd3e3cc-e3a0-49ee-8e79-85f8a01e73ba/dossier_schiele_sitzendermaennerakt.pdf (3.12.2020).
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