Rudolf Kaftan studierte an der Universität Wien Mathematik und Physik. Nach seinem Studienabschluss arbeitete er von 1899 bis 1917 als Mittelschullehrer, unter anderem am Währinger Gymnasium in der Klostergasse 25 und als Hauslehrer beim Leiter und Inhaber des Sanatorium Görgen in der Billrothstraße 69, Wien 19, Heinrich Obersteiner. Gleichzeitig leitete er auch die vom Esperantoverein gegründete Sprachschule Danubio in der Alserbachstraße 41, Wien 9. Kaftan interessierte sich schon seit frühester Jugend für Uhren und Uhrwerke und hatte noch während seiner Gymnasialzeit zu sammeln begonnen. Seine rasch wachsende Sammlung brachte er in einer Mansardenwohnung des Sanatoriums unter. Als das Anwesen 1917 verkauft wurde, musste sich Kaftan um neue Lagermöglichkeiten für seine auf mittlerweile 10.000 Stück angewachsene Sammlung umsehen. Am 4. Mai 1917 beschloss der Wiener Gemeinderat deren Ankauf für die Städtischen Sammlungen, wo sie als eigene Abteilung unter der Leitung von Kaftan als Uhrenmuseum der Stadt Wien geführt werden sollte. Um dem neuen Museum Ankäufe zu ermöglichen, gründete Kaftan den Verein der Freunde des Uhrenmuseums, der 1917 die Uhrensammlung der Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach und ein Jahr später die Sammlungen des jüdischen Unternehmers Gustav Leiner sowie des Uhrmachers Josef Nicolaus erwarb. Mit Hilfe des Vereines war es auch möglich, das ehemalige Palais Obizzi am Schulhof 2, Wien 1 für das Uhrenmuseum einzurichten. Über den Verein besaß Kaftan ein umfangreiches Netzwerk. Er hielt zahlreiche Vorträge im In- und Ausland sowie für Radio Wien und führte persönlich tausende BesucherInnen durch die Sammlung. Dank seines unermüdlichen Einsatzes erreichte das Uhrenmuseum große mediale Popularität, an der weder Austrofaschismus noch NS-Regime etwas änderten. Kaftan war Zeit seines Lebens um die Vergrößerung der Sammlung bemüht und erweiterte so auch in der NS-Zeit die Bestände des Uhrenmuseums, wobei ihm seine zahlreichen Kontakte zu UhrmacherInnen und SammlerInnen und die unmittelbare Nähe seines Dienst- und Wohnorts am Schulhof 6 zur Oberaufsicht der kommissarischen Verwalter, zur Zunft der Juweliere und Uhrmacher und zur "Arisierungsstelle" durchaus behilflich gewesen sein dürften. So besichtigte Kaftan schon am 22. März 1938, wenige Tage nach dem "Anschluss", in der Wohnung des jüdischen Eisen- und Metallwarenhändlers Paul Schwarzstein dessen Uhrensammlung, die 1939 an das Museum gehen sollte. Weitere Erwerbungen kamen ebenfalls aus dem Besitz von NS-Verfolgten, wie zum Beispiel Uhren aus dem Eigentum des Uhrmachers und Antiquitätenhändlers Alexander Grosz, die Kaftan am 28. Oktober 1938 persönlich aus dessen Wohnung abholte, oder von Emil Politzer und Josef Ungar, die ebenfalls im Uhren- und Juwelenfach tätig waren.
1945 blieb die Position Kaftans als Leiter des Uhrenmuseums, der nach heutigem Wissen weder Parteianwärter noch Mitglied der NSDAP gewesen war, bis zu seinem Tode 1961 unangetastet. Von 2011 bis 2013 untersuchte eine HistorikerInnen-Kommission im Auftrag der Stadt Wien die historische Bedeutung von Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, darunter auch Rudolf Kaftan. Sie kam zu dem Schluss, dass Rudolf Kaftan, nach dem 1972 die Kaftangasse im 21. Bezirk benannt worden war, zwar wissentlich entzogenes jüdisches Eigentum gekauft hatte, ihm aber keine politische Betätigung im Sinne des Nationalsozialismus nachgewiesen werden konnte.