Bayer, Alexander

Alexander Bayer

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27.11.1898 Ast bei Landshut – 20.1.1973 Prien am Chiemsee

Der Münchener Rechtsanwalt Alexander Bayer wurde Anfang Februar 1931 unter der Nummer 423.018 bei der Ortsgruppe München in die NSDAP aufgenommen, trat aber ein halbes Jahr später wieder aus, weil er, wie er 1942 angab, als Verteidiger Erich Ludendorffs Kollisionsgefahren befürchtet habe. Im Sommer 1935 dürfte er sich für eine Wiederaufnahme in die Partei interessiert haben, was zu diesem Zeitpunkt durch die mittlerweile verfügte Mitgliedersperre jedoch nicht möglich war. Bayer, der sich nebenbei als Dramatiker versuchte und hier in Rechtsstreitigkeiten geriet, stach insbesondere durch die Vertretung von infolge der NS-Machtübernahme in Bedrängnis geratenen wohlhabenden Jüdinnen und Juden hervor. Gemeinsam mit seinem Wiener Kollegen Ludwig Rochlitzer weitete er diese Tätigkeit nach dem "Anschluss" auch auf Salzburger und Wiener KlientInnen aus, darunter Ida Herz, Wally Kulka und Elisabeth Grünbaum. Spätestens im Sommer 1940 wurde man im Umfeld des Reichsführers-SS darauf aufmerksam, dass Bayer für die Kontaktaufnahme zu Heinrich Himmler, den er von der gemeinsamen Gymnasialzeit in Landshut kannte, ein Honorar von 2.000 Reichsmark verlangte. Zu dem Vorwurf befragt, bestätigte Bayer, "in mehreren Fällen für Juden, die sich in Schutzhaft befanden, beim RFSS hinsichtlich ihrer Entlassung schriftlich vorstellig geworden zu sein." Bei den Betroffenen habe es sich um Klienten Rochlitzers gehandelt. Tatsächlich existiert die Abschrift eines Schreibens Himmlers vom Dezember 1938, in dem er Bayer mitteilte: "In den Fällen, in denen Juden auszuwandern beabsichtigen, wird von uns, sofern ihre Ausreise sicher ist und keine besonders schwerwiegenden Gründe dem entgegenstehen, die Schutzhaft aufgehoben. Ich habe deshalb in den von Dir vorgebrachten Fällen meine Dienststellen angewiesen, die Schutzhaft zum Zwecke der Auswanderung aufzuheben." Da seitens der NS-Behörden persönliche Bereicherung dahinter vermutet wurde, führte u. a. Ernst Kaltenbrunner weitere Erhebungen durch, auch in Rücksprache mit Reichsjustizminister Otto Georg Thierack. Aus dem Persönlichen Stab des RFSS wurde in der Folge verlautet, Himmler beabsichtige, Bayer in ein Konzentrationslager einzuweisen: "Die Handlungsweise des Rechtsanwalts Dr. Bayer, seine Jugendbekanntschaft mit dem Reichsführer SS in dieser Weise auszunützen, kann nur als schmutzig und gemein bezeichnet werden." In der Folge wurde ein ehrengerichtliches Verfahren gegen Bayer durch die Rechtsanwaltskammer München eingeleitet, die davon ausging, dass in seinem Fall "eine nicht unerhebliche Verletzung der Standespflichten" vorliege. Die Angelegenheit verzögerte sich allerdings, im Juli 1944 vermeldete Kaltenbrunner an Himmler, dass der Reichsjustizminister noch keine Entscheidung getroffen habe, weil in der Angelegenheit "noch keine Klarheit" vorliege. Die Weiterbearbeitung der Causa dürfte aufgrund der Kriegsverhältnisse nicht mehr stattgefunden haben. Für welche Personen Bayer sich bei Himmler verwendet hatte, ist nicht mehr eruierbar, allerdings ergibt sich eine Diskrepanz der Zahlenangaben: Während bei der Untersuchung der Rechtsanwaltskammer 1942 von "16–18 Juden" die Rede war, für die Bayer bei Himmler "einen gemeinschaftlichen Antrag auf Haftentlassung und Erteilung der Ausreisegenehmigung" gestellt habe, gab er nach dem Krieg an, er habe Himmler, den er fünf Jahre lang im Gymnasium seine Latein- und Griechischarbeiten abschreiben habe lassen, im Gegenzug "für 72 jüdische Familien, deren Männer sich an mich gewandt hatten, die Entlassung aus den Konzentrationslagern und die Ausreisegenehmigung abgebettelt". Vor der Münchner Spruchkammer gab Bayer des Weiteren an, er "habe aber von März 1933 ab unentwegt aktiven Wiederstand [!] gegen die Partei mit Vermögenseinsatz geleistet." Für ihn sprach sich u. a. der Münchener Rechtsanwalt Hans Raff aus, der seinerseits großen Anteil an der Aufklärung der unrechtmäßigen Verwertung von Kunstgegenständen jüdischer KunsthistorikerInnen, SammlerInnen und HändlerInnen hatte. Bayer taucht des Weiteren 1953 im Verfahren, das Jaromir Czernin in Österreich gegen das Deutsche Reich wegen Rückstellung des Vermeer-Gemäldes "Der Künstler in seinem Atelier" führte, auf. Dabei machte sich Bayer erbötig, den ehemaligen NS-Kunststaatskommissär Kajetan Mühlmann als Experten "für das Thema: Kunsterwerbungen des Herrn Adolf Hitler" einzuvernehmen, "zu dem ich aber auf Grund anwaltschaftlicher Beratungen im Jahre 1952 noch in Beziehungen stehe und von welchem ich bestimmt eine für den Österreichischen Staat günstige und wahrheitsgemäße Aussage erreichen könnte." Die Zeugeneinvernahme Mühlmanns dürfte nicht durchgeführt worden sein. Worin die "anwaltschaftlichen Beratungen" bestanden haben sollten, bleibt im Dunkeln. Im Oktober 1958 wurde Bayer vom Bayerischen Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte verurteilt und im März des darauffolgenden Jahres wegen Verstoßes gegen die Standespflichten eines Anwalts aus der Rechtsanwaltschaft, mit dem auch ein Vertretungsverbot einherging, ausgeschlossen. Festgestellt wurde, dass Bayer ab 1933 – ab 1938 gemeinsam mit Rochlitzer – die Notlage von in Bedrängnis geratenen wohlhabenden Jüdinnen und Juden ausgenützt und sich persönlich bereichert hatte. Er durfte danach nicht mehr als Rechtsanwalt praktizieren.

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Veröffentlichungsdatum
Archivalien

BArch Berlin, ehem. BDC, PK, Alexander Bayer.
BArch Berlin, R22, 20155, NSDAP, Partei-Kanzlei.
BArch Berlin, RKK, RSK, Alexander Bayer.

Institut für Zeitgeschichte München, Sign. NO-2764, 2766.

OeStA/AdR, Finanzen, BMF, Zl. 154.244-32/53.
OeStA/AdR, ZNsZ, Inspekteur der Sicherheitspolizei, S/IIG-705/39-80.

Stadtarchiv München, RAK 2145; 2167; 2169; 2170.

Staatsarchiv München, OLG München 2158.
Staatsarchiv München, Spk A K 96, Alexander Bayer.