Kronfeld, Ernst Moriz

Ernst Moriz Kronfeld

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1.2.1865 Lemberg / Lwów, Galizien und Lodomerien (heute Lwiw, Ukraine) – 16.3.1942 Wien

Ernst Moriz Kronfeld war promovierter Botaniker und arbeitete, da ihm die Habilitation von der Universität Wien dreimal verwehrt worden war, als Kulturjournalist bzw. Schriftleiter bei verschiedenen Wiener Zeitungen wie dem "Fremdenblatt" und dem "Neuen Wiener Tagblatt". Er war viele Jahre Vorstandsmitglied im Journalisten- und Schriftstellerverband "Concordia" und von 1931 bis 1938 Mitarbeiter bzw. Konsulent bei der RAVAG (Österreichische Radio-Verkehrs-Aktiengesellschaft), weiters Mitglied der Gartenbaugesellschaft sowie des Vereins der Gärtner und Gartenfreunde. Kronfeld hielt zahlreiche Vorträge zum Theater, zu Schönbrunn und zu botanischen Themen, u. a. an der Wiener Handelsakademie, der Wiener Urania und im Wiener Volksbildungsverein, dessen Aktivitäten er als Sekretär koordinierte, und er setzte sich für die Aufhebung des Verbots des Medizinstudiums für Frauen ein. Für seine Verdienste wurde Kronfeld während der Monarchie und der Ersten Republik mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit der Ernennung zum Kaiserlichen Rat, dem Silbernen Ehrenzeichen der Republik Österreich und dem Ritterkreuz I. Klasse des österreichischen Verdienstordens, außerdem erhielt er ein Ehrendiplom der I. österreichischen Reichsgartenbau-Ausstellung sowie ein Diplom der Internationalen Botanischen Ausstellung. Durch seine beruflichen und privaten Aktivitäten akkumulierte Kronfeld eine umfangreiche Sammlung von Theatralia, botanischen Objekten sowie biografischen Informationen zu Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft. Von besonderer Bedeutung war seine über viele Jahrzehnte zusammengetragene Schönbrunnensia-Sammlung, bestehend aus Büchern, Bildern, Urkunden und Plänen, auf die er in seinen zahlreichen, bis heute rezipierten Publikationen zum Schloss Schönbrunn, zum Schlosspark und zur Menagerie zurückgreifen konnte. Kronfeld war fast 50 Jahre mit Rosalie, née Lanzer (1874–1942), verheiratet. Ihr Sohn Curt (1897–1928) wurde erster Direktor der Wiener Fremdenverkehrskommission und Gründungsmitglied der Festwochen Wien-Salzburg. Auch Kronfelds Brüder waren bekannte Persönlichkeiten: Adolf (1861–1938) war Chefredakteur der "Wiener Medizinischen Wochenschrift" und Mitbegründer des Wiener Ärzteorchesters, Robert (1874–1946) Zahnarzt und Publizist, dessen Sohn Robert jun. (1904–1948) ein international bekannter Segelflieger – nach ihm ist in Wien-Liesing eine Gasse benannt. Nach dem "Anschluss" Österreichs im März 1938 galt Ernst Moriz Kronfeld, der 1902 zum evangelischen Glauben übergetreten war, gemäß der nationalsozialistischen Nürnberger Gesetze als jüdisch und war den systematischen Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes ausgesetzt. Anders als seine beiden Brüder konnte Kronfeld mit seiner Familie nicht ins sichere Ausland flüchten. Er starb im März 1942, im Alter von 77 Jahren, in Wien. Seine Frau Rosalie und deren Schwester Hedwig Prüwer wurden im August 1942 in das Ghetto Theresienstadt und von dort in das Vernichtungslager Treblinka deportiert. Seine Schwiegertochter Marianne wurde im Oktober 1942 nach Maly Trostinec deportiert, auch sie überlebte nicht. Die Besitzabfolge von Kronfelds Schönbrunnensia-Sammlung konnte nicht mehr lückenlos rekonstruiert werden, dokumentiert ist jedoch, dass Kronfeld ab 1940 versucht hatte, Teile daraus zur vorübergehenden Sicherung des Lebensunterhaltes seiner Familie zu verkaufen. Daher empfahl der Kunstrückgabebeirat 2009 bzw. 2011 die Rückgabe der Sammlungsteile aus der Schönbrunnensia-Sammlung Kronfelds, die die Nationalbibliothek im Jahr 1942 bzw. das Naturhistorische Museum Wien, die Bundesgärten Schönbrunn sowie die Schloss-Schönbrunn-Ges.m.b.H. Ende der 1980er-Jahre erworben hatten.

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Publikationen zur Person / Institution

Beschluss des Kunstrückgabebeirats, Ernst Moriz Kronfeld, 23.1.2009, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Kronfeld_ErnstMoriz_2009-01-23.pdf (3.12.2020).
Beschluss des Kunstrückgabebeirats, Ernst Moriz Kronfeld, 10.6.2011, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Kronfeld_ErnstMoriz_2011-06-10.pdf (3.12.2020).
Beschluss des Kunstrückgabebeirats, Ernst Moriz Kronfeld, 29.9.2011, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Kronfeld_ErnstMoriz_2011-09-29.pdf (3.12.2020).

Mitchell G. Ash (Hg.), Mensch, Tier und Zoo. Der Tiergarten Schönbrunn im internationalen Vergleich vom 18. Jahrhundert bis heute, Wien 2008.

Brigitte Dalinger, Die Theatersammlung "Komplex Mauerbach". Bericht von einer Spurensuche, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Buchforschung in Österreich 2 (2013), 37–48, URL: www.buchforschung.at/pdf/MB2013-2.pdf (3.12.2020).

Ralf Leppin, Aus der alten Wiener Zeit. Der Teilnachlass des Redakteurs Ernst F. Moriz Kronfeld in der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln, Köln 1997.

Gerhard Renner, Die Nachlässe in den Bibliotheken und Museen der Republik Österreich, 2. erw. Auflage Wien 1995.

Gerhard Renner, Die Nachlässe in den Bibliotheken und Museen der Republik Österreich. Ausgenommen die österreichische Nationalbibliothek und das österreichische Theatermuseum, Wien 1993.

Gerhard Renner, Die Nachlässe in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Wien 1993.

Christa Riedl-Dorn, Von Leermeldungen zu achtzehn Dossiers – Zehn Jahre Provenienzforschung am Naturhistorischen Museum, in: Gabriele Anderl/Christoph Bazil/Eva Blimlinger/Oliver Kühschelm/Monika Mayer/Anita Stelzl-Gallian/Leonhard Weidinger (Hg.), … wesentlich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommission für Provenienzforschung (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 1), Wien-Köln-Weimar 2009, 176–194, URL: doi.org/10.7767/boehlau.9783205118862.176.

Claudia Spring, "So schön wie in Schönbrunn schneit es nirgends auf der Welt". Der Sammler, Forscher und Publizist Ernst Moriz Kronfeld, in: Eva Blimlinger/Heinz Schödl (Hg.), Die Praxis des Sammelns. Personen und Institutionen im Fokus der Provenienzforschung (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 5), Wien-Köln-Weimar 2014, 31–70, URL: doi.org/10.7767/boehlau.9783205793564.31.

Publikationen der Person / Institution

Ernst Moriz Kronfeld (Hg.), Krieg und Soldat in der Spruchweisheit. Sentenzen aus drei Jahrtausenden. Von Heraklit bis Hindenburg, München 1915.
Ernst Moriz Kronfeld, Anton Kerner von Marilaun. Leben und Arbeit eines deutschen Naturforschers, Leipzig 1908.
Ernst Moriz Kronfeld, Bilder-Atlas zur Pflanzengeographie, Leipzig-Wien 1899.
Ernst Moriz Kronfeld, Das neue Schönbrunn. Naturhistorisch geschildert, Wien 1890.
Ernst Moriz Kronfeld, Das neue Schönbrunn. Schilderung des Schlosses, des Parkes, der Menagerie, des botanischen Gartens, des Palmenhauses und des Reservegartens, nach dem neuesten Stande, Wien 1891.
Ernst Moriz Kronfeld, Der Krieg in Aberglauben und Volksglauben. Kulturhistorische Beiträge, München 1915.
Ernst Moriz Kronfeld, Die Frauen und die Medizin. Professor Albert zur Antwort. Zugleich eine Darstellung der ganzen Frage, Wien 1895.
Ernst Moriz Kronfeld, Die Volksnamen der niederösterreichischen Pflanzen, gesammelt und erläutert von F. Höfer und M. Kronfeld. Separat-Abdruck aus den Blättern des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich, Wien 1889.
Ernst Moriz Kronfeld, Führer durch die Dr. Alfons Freiherr v. Rothschildschen Gärten auf der Hohen Warte. Nebst drei Kapiteln zu Geschichte der Gartenblumen Nelken – Orchideen – Chrysanthemen, Wien 1912.
Ernst Moriz Kronfeld, Jacquin des Jüngeren botanische Studienreise 1788–1790, in: Beihefte zum Botanischen Zentralblatt 1921, Abt. II, 132–176.
Ernst Moriz Kronfeld, Park und Garten von Schönbrunn, Wien 1923.
Ernst Moriz Kronfeld, Theateranekdoten. Mit einem Geleitwort von Hugo Thimig, Wien 1923.

Moriz Kronfeld, Hundertfünfzig Jahre Schönbrunner Thiergarten (1752–1902), Wien 1902.
Moriz Kronfeld, Abbildungen amerikanischer Pflanzen und Vögel von Franz Boos, in: Botanisches Centralblatt. Referirendes Organ für das Gesammtgebiet der Botanik des In- und Auslandes 50 (1892) 10, 289–294.

Moriz Kronfeld/Carl Godlewski, Wenn die Katze nicht zu Hause ist. Ballettpantomime, Wien 1901.

Versammlung am 6. Mai 1891. Mittheilung von Dr. Ernst Moriz Kronfeld, in: Verhandlungen der zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien, Jg. 1891, 41. Band, Wien 1891, 37.

Archivalien

Archiv des Tiergartens Schönbrunn, Korrespondenzordner Otto Antonius 1939-1944.

NHM Wien, Abteilung für Archiv für Wissenschaftsgeschichte, Korrespondenz, Antiquariat Krieg, Angebot Sammlung Kronfeld, 1988.

ÖNB, Handschriftensammlung, Akten der Generaldirektion.
ÖNB, Handschriftensammlung, Archiv des Hauptverbandes der Antiquare.

OeStA/AdR, E-uReang, FLD, AZ 5256, Marianne Kronfeld.
OeStA/AdR, E-uReang, FLD, 35. Transport, Rosalia [sic] Kronfeld.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 18977, Ernst Moriz Kronfeld.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 25278, Rosalie Kronfeld.

WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Meldeauskunft Marianne, Rosalia und Ernst Moriz Kronfeld.
WStLA, M.Abt. 119, A41, VEAV Marianne Kronfeld.