Buchwieser, Helene Elisabeth Leopoldine

Helene Buchwieser

Porträt, Schwarz-Weiß-Foto, gerastert für den Druck
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26.11.1912 Wien – 13.3.2008 Hinterbrühl

ab 23.12.1939 Helene Kitschelt-Buchwieser, ab 1947 Helene Koller-Buchwieser

Helene Buchwieser, Tochter des Architekten und Baumeisters Bruno Buchwieser, studierte ab 1932 Architektur an der Technischen Hochschule in Wien. Während der Studienjahre sammelte sie praktische Erfahrungen als Maurerin, Bautechnikerin und Werkführerin auf den Baustellen ihres Vaters. Im April 1937 schloss sie ihr Studium mit dem Ingenieursdiplom ab und begab sich auf Studienreise nach England. Dort bereitete sie eine wissenschaftliche Arbeit über die Entwicklung der Universitäten im Mittelalter vor, die sie an der Wiener Meisterschule des Bauhistorikers und Dombaumeisters Karl Holey verfassen wollte, aber nach Holeys Rücktritt als Rektor der Technischen Hochschule 1938 nicht mehr weiterführen konnte. Nachdem der kommissarische Leiter des Kunsthistorischen Museums (KHM) in Wien Fritz Dworschak bei der Abteilung III der Reichsstatthalterei in Österreich im November 1938 erfolgreich die Aufnahme einer Fachkraft zur Bearbeitung aller architektonischen, baulichen und ausstattungstechnischen Fragen beantragt hatte, wurde Helene Buchwieser als Leiterin des neuen Baureferats im KHM bestellt. In dieser Funktion organisierte sie Instandsetzungen und Umgestaltungen im Bereich der Weltlichen und Geistlichen Schatzkammer, die Innenausgestaltung der Neuen Burg sowie die zur Einrichtung der Sammlung alter Musikinstrumente notwendigen Arbeiten im Palais Pallavicini in der Wiener Innenstadt. Sie plante die Aufstellung der von Edwin Grienauer und Wilhelm Fraß angefertigten Hitler-Büsten im Vestibül des Kunsthistorischen Museums und in der Neuen Burg und übernahm die Ausschmückung der Räumlichkeiten anlässlich des "Führerbesuchs" im März 1939. Buchwieser war weder NSDAP-Mitglied noch -Anwärterin. Sie arbeitete freiberuflich gegen Bezahlung eines Halbtagshonorars, doch bereits im November 1939 zwangen kriegsbedingte Sparmaßnahmen Dworschak zur Auflösung des Baureferats, womit Buchwieser ihre Position im Museum verlor. Privat blieb sie in Verbindung mit dem KHM, da sie im Dezember 1939 den Kunsthistoriker und wissenschaftlichen Beamten in der Schatzkammer Lothar Kitschelt heiratete. 1940 übernahm Kitschelt-Buchwieser die stellvertretende Betriebsleitung der Firma ihres Vaters und legte die Baumeisterprüfung ab. Nach der Einberufung Lothar Kitschelts zur Wehrmacht und dessen Vermisstmeldung im November 1944 schien Helene Kitschelt-Buchwieser noch gelegentlich in den Akten des Museums auf, um anstelle des abwesenden Ehemannes Unterschriften zu leisten.

1945 leitete sie in Vertretung des Dombaumeisters Karl Holey die Sicherungs- und Wiederaufbaumaßnahmen für den abgebrannten Wiener Stephansdom. Im September 1945 verlieh ihr das Staatsamt für öffentliche Bauten, Übergangswirtschaft und Wiederaufbau die Befugnis als Zivilingenieurin für Hochbau. 1946/47 erhielt sie ein sechsmonatiges USA-Stipendium der Hilfs- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen, um sich mit neuen Baustoffen und Bauweisen sowie mit Wohn- und Siedlungsbau auseinanderzusetzen. 1947 heiratete sie Josef Koller, Sektionsrat im Bundesministerium für Volksernährung. In den folgenden Jahren verwirklichte sie unter dem Namen Helene Koller-Buchwieser eine Reihe von Sozial- und Kirchenbauten in Österreich, etwa das Jungarbeiterdorf Hochleiten in Mödling, die Siedlung Viktring-Klagenfurt und die Siedlung An den langen Lüssen in Wien 19, das Internat der "Töchter des göttlichen Heilands" in Wien 7, die Pfarrkirche zur Kreuzerhöhung in Kittsee und die evangelisch-katholische Doppelkirche in Gießhübl-Hinterbrühl. Im Auftrag des Erzbistums Ouagadougou in Obervolta, dem heutigen Burkina Faso (Afrika), baute sie um 1970 Ausbildungszentren für Jugendliche (in Ouahigouya) und Behinderte (in Ouagadougou) sowie die Kirche St. Pierre in Ouagadougou. Im Laufe ihrer Tätigkeit als Architektin, u. a. als Mitglied der International Union of Women Architects und als Prüforgan für geförderte Bauvorhaben bei der Wiener Landesregierung, erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. Helene Koller-Buchwieser war bis 1995 beruflich aktiv.

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Publikationen zur Person / Institution

Ute Georgeacopol-Winischhofer, Koller-Buchwieser, Helene, geb. Buchwieser, in: Brigitta Keintzel/Ilse Korotin (Hg.), Wissenschafterinnen aus und in Österreich. Leben, Wer, Wirken, Wien-Köln-Weimar 2002, 396–399.

Herbert Haupt, Das Kunsthistorische Museum. Die Geschichte des Hauses am Ring. Hundert Jahre im Spiegel historischer Ereignisse, Wien 1991.

N. N., Eintrag zu Koller-Buchwieser, in: International Archive of Women in Architecture (IAWA), Biographical Database, URL: iawadb.lib.vt.edu/view_all.php?person_pk=26 (3.12.2020).

Archivalien

KHM-Archiv, III 196, PA Helene Buchwieser; Direktionsakten: I 27, I 28 (Sonderbestand Bauwesen/Architektur); 327/KL/1938, 68/KL/1939, 94/KL/1939, 111/KL/1939.

OeStA/AdR, Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, Zl. 30486/45, 31062/45, 31244/45 und Zl. 35391/48.