Hirsch Isaac Kauftheil übersiedelte 1899 mit seinen Eltern von Neu Sandez, Galizien, nach Wien. 1919 machte er sich als Juwelenhändler selbständig und heiratete 1922 Olga Esriel. Zwei Jahre später meldete er gemeinsam mit Sigmund Müller die offene Handelsgesellschaft "Kauftheil & Müller, Bijouteriewaren aus Gold und Silber" in Wien 7, Siebensterngasse 16, an, als deren Alleininhaber er ab 1933 aufscheint. Im Jahr davor hatte er seinen Vornamen in Hermann geändert. Seit dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich wurde Hermann Kauftheil als Jude verfolgt. Im Herbst 1938 wurde seine die Firma unter kommissarische Verwaltung des Uhrmachers Rudolf Maier gestellt, wenige Monate später übernahm der Prokurist Andreas Käs von der Abwicklungsstelle für die Liquidierung und Arisierung des Uhren- und Juwelenfaches die Liquidierung, die mit der Löschung von Kauftheil & Müller aus dem Firmenregister im Oktober 1941 vollzogen war. Die verbliebenen Warenbestände wurden an die zuständige Fachgruppe abgeliefert. Bereits 1938 hatte Kauftheil Ferdinand Spany als Stellvertreter des kommissarischen Verwalters Maier kennengelernt. Als ihm 1939 sein Vermieter die Wohnung kündigte, wandte sich Kauftheil an Spany, der dessen Notlage nutzte, um eigene Schulden bei seinem Cousin Alexander Sauer zu tilgen. Kauftheil musste für die illegale Zuweisung einer neuen Wohnung – über die Vermittlung Spanys – 500 RM an Sauer zahlen, der einen Teil davon wiederum für die Bestechung eines Beamten im Wohnungsamt aufwandte. Tatsächlich übersiedelte Kauftheil noch im November 1939 mit seiner Familie in eine Wohnung in Wien 20, Heinzelmanngasse 13. Wenige Wochen später wurde er gemeinsam mit Spany festgenommen und ein Verfahren wegen des Verdachtes auf Verleitung zum Missbrauch der Amtsgewalt eingeleitet. Am 4.6.1940 wurde Kauftheil von der Gestapo erkennungsdienstlich erfasst und in der Folge zu drei, Spany zu sechs Monaten Haft verurteilt. Im August 1940 meldete er sich noch in Wien 9, Porzellangasse 39. Die seit 1938 beabsichtigte Flucht gelang Kauftheil nicht mehr. Am 15.2.1941 wurde er gemeinsam mit seiner Frau Olga und seinem Sohn Kurt ins Ghetto Opole deportiert, wo er und seine Frau vermutlich zu Tode kamen. Ihr Sohn kehrte zwar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Wien zurück, verstarb dort aber am 29.10.1945 an Tuberkulose. Laut Erkenntnis der Sammelstelle A im Jahr 1961 waren nach 1945 keine Rückstellungsansprüche bezüglich des Eigentums von Olga und Hermann Kauftheil geltend gemacht worden. Wegen der an die Fachgruppe abgelieferten Warenbestände von Kauftheil & Müller wurden, soweit beim aktuellen Forschungsstand ersichtlich, keine Untersuchungen eingeleitet.
Konstantin Ferihumer, 7.1.2019