Kantor, Eva Ida Benjamine

Eva Kantor

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30.9.1908 Weikersdorf bei Baden – 2014 Toronto

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Eva Ida Benjamine Kantor war das zweite von drei Kindern von Hugo Kantor und dessen Frau Wilhelmine Sofie Hedwig, née Preyss von Steinbühl. Die Familie bewohnte eine geräumige Dienstwohnung im ersten Stock der Firma Kantor, Pollack & Co, einer Baumwollspinnerei und Bleicherei in Schwadorf bei Wien, in der Hugo Kantor zunächst als Gesellschafter, ab 1924 als Direktor fungierte. Nach Abschluss ihres Studiums an der damaligen Akademie für Musik und darstellende Kunst 1932 unterrichtete Eva Kantor an verschiedenen Wiener Institutionen Gitarre und erteilte auch private Musikstunden. Unmittelbar nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wurde Hugo Kantor aufgrund seiner jüdischen Herkunft fristlos entlassen, das Unternehmen unter kommissarische Leitung gestellt und die darüber liegende Wohnung der Familie versiegelt. Die Familie zog nach Wien, wo sie bei Verwandten Unterschlupf fand. Anfang Mai 1938 wurden Hugo und Hedwig Kantor u. a. wegen des Verdachtes der Steuerhinterziehung inhaftiert. Zwischenzeitlich kümmerten sich Eva und ihr jüngerer Bruder Stefan um die Vermögensanmeldungen der Eltern. Nach deren Entlassung bereitete die Familie ihre Ausreise vor. Das Übersiedlungsgut wurde der Spedition Johann Oberndorfer übergeben, die im Februar 1939 im Namen Eva Kantors auch ein Ansuchen um Ausfuhrbewilligung für "20 Aquarelle, 10 Ölbilder, 1 Graphik, 2 Zeichnungen, 14 Teppiche, 1 Pastell" bei der Zentralstelle für Denkmalschutz stellte. Bis auf ein Landschaftsaquarell von Josef Kriehuber, dessen Verbleib bis heute ungeklärt ist, wurde die Ausfuhr der Werke bewilligt. Zwei Zeichnungen Rudolf von Alts hatte Eva zuvor an die Albertina verkauft. Hugo und Hedwig Kantor konnten Wien schließlich im Mai 1939 Richtung England verlassen. Ein paar Monate später, im August 1939, flüchteten Eva und Stefan Kantor ebenfalls nach Großbritannien. Nach rund einem Jahr folgte Eva ihrem älteren Bruder Theodor, der bereits Anfang Juli 1938 über England nach Argentinien geflüchtet war, nach Buenos Aires, wo sie zunächst als Gouvernante tätig war und später Musik-, Englisch- und Deutschunterricht gab. Ihre Eltern kamen im Februar 1942 ebenfalls nach Buenos Aires, wo Hugo Kantor im September 1945 und Hedwig im Februar 1971 verstarb. Stefan Kantor war noch 1939 von England nach Sydney ausgewandert. Die an die Albertina verkauften Zeichnungen von Rudolf von Alt wurden 2013 zur Rückgabe empfohlen.

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Publikationen zur Person / Institution

Beschluss des Kunstrückgabebeirats, Eva Kantor, 3.5.2013, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Kantor_Eva_2013-05-03.pdf (3.12.2020).

Georg Gaugusch, Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938. A–K (= Jahrbuch der Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft Adler, 3. Folge 16), Wien 2011.

Archivalien

BDA-Ausfuhr, Zl. 1676/1939, Kantor.

OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl.10290, Hugo Kantor.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Alter Hilfsfonds, 15.799, Hedwig Kantor.
OeStA/AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Neuer Hilfsfonds, 30.227, Eva Kantor.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 46.552, Hedwig Kantor.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 45.727, Hugo Kantor.

WStLA, Wiener historische Meldeunterlagen, Meldeauskünfte Familie Kantor.
WStLA, Opferfürsorgeakt, Zl. 34251, Eva Kantor.
WStLA, Opferfürsorgeakt, Zl. 33890, Hedwig Kantor.
WStLA, LG für Strafsachen, A11, Vr-Strafakten, Vr 3208/38, Hugo Kantor.