Die Hochschule für Welthandel ging im Oktober 1919 aus der 1898 gegründeten k. k. Export-Akademie hervor, deren Aufgabe in der Ausbildung qualifizierter Exportkaufleute lag. Seit Oktober 1916 verfügte die Akademie über ein Gebäude im Währinger Park, Wien 9 (Postadressen: Exportakademiestraße, ab 1926 Franz-Klein-Gasse), für dessen Planung vor allem der Architekt Alfred Keller (1875–1945) verantwortlich zeichnete. Bis dahin war sie als dem k. k. Handels-Museum angeschlossene Einrichtung an dessen Sitz, dem Palais Festetics (Wien 19, Berggasse 16), untergebracht gewesen. 1975 wurde die Hochschule für Welthandel per Bundesgesetz in die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien umgewandelt. Sie übersiedelte 1982 in das neu gebaute Universitätszentrum Althangrund 1 (Wien 9, Augasse 2–6), dessen Planung bei Architekt Kurt Hlaweniczka gelegen war, und 2013 an den Campus am Welthandelsplatz, Wien 2, an dessen Gestaltung sich Architekturbüros aus verschiedenen Ländern beteiligt hatten.
Schon in der Ersten Republik hatte ein beachtlicher Teil des Lehrkörpers großdeutsche, zum Teil auch nationalsozialistische Sympathien an den Tag gelegt, etliche Professoren beantragten spätestens nach dem "Anschluss" Österreichs eine Mitgliedschaft in der NSDAP bzw. anderen nationalsozialistischen Organisationen. Wie die übrigen Hochschulen des Landes war die "Welthandel" schon unter dem austrofaschistischen Regime Einschränkungen der Hochschulautonomie ausgesetzt. Mit den anderen Hohen Schulen verband sie auch, dass der "Anschluss" zu einer raschen Nazifizierung und Gleichschaltung von Forschung, Lehre und Verwaltung führte. Dies äußerte sich beispielsweise in der Ausrichtung des Lehrprogramms an der NS-Ideologie und in der Anpassung von Studien- und Promotionsordnung an deutsche Vorbilder oder Vorgaben. Auch an der "Säuberung" des Lehrpersonals, der Studierendenschaft und des Verwaltungspersonals oder an der Neuberufung oder -einstellung von regimekonformem Personal lässt sich die Nazifizierung der Hochschule ablesen. In dieselbe Richtung weist die Einrichtung der Südost-Stiftung des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages Berlin zur Heranbildung junger Kaufleute für Südost-Europa, die während des Zweiten Weltkriegs der wissenschaftlichen Erforschung von Südosteuropa diente, aber auch dessen (rüstungs-)wirtschaftlicher und militärstrategischer Instrumentalisierung Vorschub leistete. Das "Führerprinzip" ersetzte kollegiale Entscheidungsprozesse. Nicht mehr das Professorenkollegium wählte den Rektor (Bruno Dietrich bis 1939, Franz Dörfel 1939, Kurt Knoll 1939 bis 1944, Leopold Mayer 1944/45), sondern der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung ernannte diesen. Nach deutschem Vorbild wurde ein Kurator zwischen Hochschule und Ministerium geschaltet.
Bereits im austrofaschistischen, vor allem aber im nationalsozialistischen Regime sowie mitunter in der Nachkriegszeit gelangten Druckwerke in den Bestand der Hochschulbibliothek, die ihren VorbesitzerInnen im Zuge politisch oder rassistisch motivierter Verfolgung entzogen worden waren. Die systematische Überprüfung von ca. 70.000 Büchern und Zeitschriften, die bis 1945 im Druck erschienen sind, im Hinblick auf unrechtmäßige Erwerbungen begann im Frühjahr 2010. Seitdem wurden die Bestände des Bibliothekzentrums im Library & Learning Center sowie der Spezialbibliotheken, die nach der Übersiedlung auf den Campus am Welthandelsplatz in drei Departments untergebracht, mittlerweile jedoch mehrheitlich in das Bibliothekszentrum überführt wurden, autopsiert. Als letzter zu beforschender Bestand wird derzeit jener der Periodika untersucht. In etlichen Fällen konnten die VorbesitzerInnen identifiziert und deren Verfolgungsgeschichten rekonstruiert sowie die Entzugsgeschichte ihrer Druckwerke rekonstruiert werden. In acht Fällen gelang es seit 2013, die Betroffenen bzw. deren RechtsnachfolgerInnen ausfindig zu machen und die Druckwerke, die ihnen bzw. ihren Vorfahren auf tatsächlich oder mutmaßlich rechtswidrige Weise entzogen worden waren, rückzuübereignen. Die bisher größte Einzelrestitution betraf die gut 700 Exemplare umfassende Privatbibliothek von Leopold Singer. Sie wurde im Oktober 2015 an Singers UrenkelInnen übergeben. Auf deren Wunsch hin übernahm das Technische Museum Wien den überwiegenden Teil dieser Bibliothek als Schenkung und integrierte im Oktober 2017 zahlreiche Bücher in die Dauerausstellung über Erdgas und Erdöl. Auf diese Weise fanden erstmals in einem Nachfolgestaat des ‚Großdeutschen Reiches‘ Ergebnisse von Provenienzforschung zu Buchbeständen Eingang in eine museale Präsentation. Die WU Wien beteiligte sich auch an der ersten grenzüberschreitenden Restitution im Bereich der bibliothekarischen Provenienzforschung: Im Dezember 2022 übergab sie mit sieben anderen Bibliotheken aus Österreich und Deutschland aus ihrem Bestand ein Buch an die ErbInnen des renommierten österreichischen Juristen Heinrich Klang, der aufgrund jüdischer Abstammung nach dem "Anschluss" verfolgt worden war und den Großteil seiner gut 9.600 Bände umfassenden Privatbibliothek zur Finanzierung seines Lebensunterhalts und der beabsichtigten Emigration über Antiquariate in Wien, Leipzig, Berlin und Frankfurt am Main hatte verkaufen müssen. Nachdem er das Ghetto Theresienstadt / Terezín (ab September 1942) überlebt hatte, amtierte er in der Nachkriegszeit als Richter am Obersten Gerichtshof (OGH) und als Vorsitzender der Obersten Rückstellungs- und Rückgabekommission. Am 3. Oktober 2023 übergaben die ErbInnen die insgesamt 42 restituierten Bände dem OGH, der sie in seine Bibliothek inkorporierte.
Die Provenienzforschung ist eingebettet in weitere Projekte und Veranstaltungen, mit denen die WU Wien ihre Geschichte in der NS-Zeit aufarbeitet. Hierzu zählt insbesondere das im November 2012 initiierte Gedenkprojekt, in dessen Rahmen ein noch nicht abgeschlossenes virtuelles Gedenkbuch mit Biogrammen zu den verfolgten Angehörigen der Hochschule für Welthandel sowie ein Mahnmal auf dem Campus der WU Wien entstanden sind. Zwischen 2021 und 2024 eruierte die WU überdies, welche Ehrendoktoren der Hochschule für Welthandel bzw. WU in einem Naheverhältnis zum NS-Regime gestanden waren. In diesem Zusammenhang wurde 2023 das Ehrendoktorat von Walther Kastner widerrufen, das die WU 1983 ungeachtet dessen maßgeblicher Beteiligung an der "Arisierung" großer österreichischer Wirtschaftsunternehmen in der NS-Zeit verliehen hatte; die Ehrendoktorate von drei weiteren Nationalsozialisten wurden im Internet kontextualisiert. Und im Juni 2015 distanzierte sich die WU im Rahmen einer "denkwürdigen Veranstaltung" (Karel Hruza 2019, 7) vom ehemaligen Vorstand des Instituts für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Hochschule für Welthandel Taras Borodajkewycz, der nicht nur bereits seit der Zeit der "Illegalität" Nationalsozialist gewesen war, sondern auch nach seiner Berufung an die "Welthandel" 1955 Äußerungen von sich gab, die antisemitisch, antidemokratisch und großdeutsch-nationalsozialistisch konnotiert waren. In ihrer Gesamtheit ermöglichen die genannten Forschungsprojekte und Veranstaltungen, TäterInnen- und Opfergeschichten, Individual- und Kollektivbiografien, Institutionen-, Politik- und Gesellschaftsgeschichte zu synthetisieren.