Glückselig, J. & Sohn, Antiquitätenhandlung

Antiquitätenhandlung J. Glückselig & Sohn

Info
Zusatzinformationen

weitere Bezeichnung: L. Glückselig (1870–1900)

Joseph Glückselig (1845–1934) eröffnete 1870 den kleinen Trödlerladen L. Glückselig in Wien 4, in der Margarethenstraße 45. Inhaberin des Geschäftes war Josephs Ehefrau Louise Glückselig, née Weiß. Dreißig Jahre lang führte Joseph Glückselig den Trödlerladen, bis er das Geschäft zur Jahrhundertwende gemeinsam mit seinem ältesten Sohn Samuel (1873–Deportation 1942) zur Antiquitätenhandlung J. Glückselig & Sohn umwandelte. Zeitgleich erfolgte der Umzug der Firma in die Himmelpfortgasse 3, in die exklusivere Innere Stadt Wiens. Im Januar 1911 schied der 66-jährige Joseph Glückselig als Gesellschafter der Firma schließlich aus der Antiquitätenhandlung aus und sein 30-jähriger Sohn Maximilian Glückselig (1881–1952) übernahm dessen Position. Fortan führten die beiden Brüder die Antiquitätenhandlung, wobei Samuel Glückselig mit 55 % und Maximilian Glückselig mit 45 % an der Firma beteiligt war. Neben dem klassischen Antiquitätenhandel veranstalteten die Brüder im Januar 1912 in Kooperation mit Alfred Wawra, Inhaber der Kunsthandlung C. J. Wawra, ihre erste bis dato belegte Auktion. Ein Jahr später, 1913, zog die Firma von Maximilian und Samuel Glückselig in die unmittelbare Nachbarschaft des Dorotheums in Wien 1, Stallburggasse 2. Dort blieb der Firmensitz bis einschließlich 1933 mit den beiden Brüdern als Gesellschafter und Inhaber der Firma bestehen. Während des Ersten Weltkrieges, im Mai 1917, hielt die Antiquitätenhandlung – erneut in Kooperation mit Alfred Wawra – eine zweite Auktion ab. Unbekannt ist, ob die Antiquitätenhandlung weitere Versteigerungen veranstaltete. Das Interesse am Auktionswesen führte schließlich dazu, dass die Brüder 1919 gemeinsam mit dem Wiener Kaufmann August Wärndorfer das Auktionshaus für Altertümer Glückselig & Wärndorfer GmbH gründeten. Die Antiquitätenhandlung blieb neben dem Auktionshaus jedoch weiterhin als wichtige Einnahmequelle bestehen. Insbesondere durch den Verkauf des sakralen sowie profanen Welfenschatzes machten sich die Brüder gegen Ende der 1920er-Jahre – auch international – einen Namen. Reisen von Maximilian Glückselig in die USA im Auftrag von Herzog Ernst August von Braunschweig in diesem Zusammenhang sind belegt.

Samuel und Maximilian Glückselig verlegten die Antiquitätenhandlung 1934 in die Krugerstraße 10, Wien 1, bis sie 1938 in die Weihburggasse 27 umsiedelten. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft waren die Gebrüder Glückselig nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt. Im November 1938 setzte die dem Staatskommissar für die Privatwirtschaft Walter Rafelsberger direkt unterstellte Prüfstelle der kommissarischen Verwalter, Josef Feistauer, den Ortsgruppenleiter der NSDAP in Maria Enzersdorf, als kommissarischen Verwalter der Firma J. Glückselig & Sohn ein. Feistauer gab seine Vollmachten jedoch aufgrund mangelnder Rentabilität zeitnah zurück und die vorgenannte Prüfstelle übertrug die Vollmachten im Dezember 1938 auf den Maler und Grafiker Alois Lirsch. Im Februar 1939 erhielt Lirsch von der Prüfstelle den Auftrag, die genannte Antiquitätenhandlung zu liquidieren. Damit kam es auch zur zwangsweisen Stilllegung des Betriebs des Auktionshauses, da die Antiquitätenhandlung als Alleingesellschafterin nicht mehr existierte. Das Gewerberecht zur Abhaltung von Feilbietungen wurde den Brüdern Glückselig im September 1939 und das Recht auf den Handel mit Antiquitäten im Oktober 1940 entzogen. Offiziell erfolgte die Löschung des Auktionshauses schließlich im April 1941 von Amts wegen. Ein Teil des Warenlagers war möglicherweise im Wiener Auktionshaus von Adolf Weinmüller im März und Dezember 1939 zur Versteigerung gekommen.

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Publikationen der Person / Institution

Kunsthandlung C. J. Wawra/Antiquitätenhandlung J. Glückselig & Sohn (Hg.), Versteigerung einer kleinen, wertvollen Sammlung von Ölgemälden, Aquarellen, alten Kupferstichen, Miniaturen und Antiquitäten aus Wiener gräflichem Besitz (= 224. Kunstauktion von C. J. Wawra), Wien 1912 [Auktion 24.-25.1.1912], URL: doi.org/10.11588/diglit.15365.

Kunsthandlung C. J. Wawra/Antiquitätenhandlung J. Glückselig & Sohn (Hg.), Versteigerung von Gemälden moderner und alter Meister, Miniaturen und Antiquitäten aus altadeligem und Wiener Privatbesitz (= 242. Kunstauktion von C. J. Wawra), Wien 1917 [Auktion 1.5.1917 u. folgende Tage], URL: doi.org/10.11588/diglit.16629.

Archivalien

Leo Baeck Institute. Center for Jewish History, Leo Glueckselig Collection,1900s–2003 (2009), digifindingaids.cjh.org/?pID=483231, Stand 1.9.2017.

OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, St 10320, K. 739, Glückselig, J.

WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Meldeauskunft Alois Lirsch.