Josef Fleischner, Sohn eines mährischen Glasfabrikverwalters, absolvierte nach seiner Matura den Kurs zur Heranbildung von Kammerstenographen im österreichischen Reichsrat und war dort ab 1880 als Hilfsstenograf beschäftigt. Rasch stieg er zum Parlamentsstenografen und -berichterstatter auf. 1899 wurde er zum Direktor des "Stenographen Bureaus" ernannt, wobei er sich tatkräftig für die berufliche Besserstellung seines Berufsstandes einsetzte und noch vor der Jahrhundertwende Festanstellungen erkämpfte. Als Direktor war er auch für die Herausgabe der Reichsrats-Korrespondenz verantwortlich. In dieser Funktion baute er die Ausschussberichterstattung der Zeitung aus und sorgte für rasche Übersetzung der Berichte über die "Delegationen", den gemeinsamen Verhandlungen des österreichischen und ungarischen Parlaments, ins Ungarische. Zusätzlich war Fleischner in zahlreichen Ausschüssen in den Landtagen von Niederösterreich, Kärnten, Mähren und Schlesien als Stenograf und Journalist tätig. In seiner von 1880 bis 1923 dauernden Dienstzeit nahm er an 3.600 Sitzungen der Kammern des Reichsrates der Ersten Republik teil. 1923 wurde er in den Ruhestand versetzt und von Bundespräsident Michael Hainisch zum Sektionschef ernannt.
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich sahen sich Josef und dessen Ehefrau Olga Fleischner, née Brass, obwohl sie 1894 (Josef) und 1914 (Olga) zum katholischen Glauben übergetreten waren, aufgrund ihrer jüdischen Herkunft der NS-Verfolgung ausgesetzt. Im Juni 1940 bot Fleischner auf Grund seiner Zwangslage der Wiener Stadtbibliothek ein Konvolut von Briefen, darunter solche von Pauline Metternich-Sándor, Johann Chlumecky, Ottokar Czernin, Berta Suttner, Hans Wilczek und einigen anderen, sowie eine Anzahl von Fotografien zum Verkauf an. Im Oktober desselben Jahres erwarb die Bibliothek dieses Konvolut, übernahm die Briefe in ihre Bestände und gab die Fotografien an die Städtischen Sammlungen Wien (Historisches Museum). Das Ehepaar Fleischner wurde in eine Sammelwohnung in der Novaragasse 41/7 eingewiesen und am 20. August 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo Olga am 30. Dezember 1942 und Josef Fleischner am 8. Jänner 1943 ums Leben kamen.
2002 wurden alle Erwerbungen von Josef Fleischner durch die Wiener Stadtbibliothek und die Städtischen Sammlungen auf Grund eines Beschlusses der Wiener Restitutionskommission an die RechtsnachfolgerInnen restituiert und anschließend wieder für die Sammlungen der heutigen Wien Bibliothek sowie des heutigen Wien Museums angekauft.