Thorsch, Alfons

Alfons Thorsch

Porträt, Schwarz-Weiß-Foto
Info
Zusatzinformationen

21.5.1872 Wien – 30.11.1945 Montreal, Kanada

Alfons Thorsch kam am 21. Mai 1872 in Wien als einziger Sohn von Markus David und Anna Thorsch, née Behrend (1844–1922), zur Welt. Nach dem Tod seines Vaters 1883 übernahm dessen Bruder Philip Thorsch (1831–1905) die Leitung der Geschäfte des Bankhauses M. Thorsch & Söhne, welche nach dessen Ableben 1905 an Alfons Thorsch überging. 1891 hatte Thorsch ein Studium an der Juridischen Fakultät der Wiener Universität begonnen und promovierte 1893 im Fach der Nationalökonomie an der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau. 1902 heiratete Alfons Thorsch Marie Spitzer (1882–1944) mit der er fünf Töchter hatte: Clarisse, Henriette, Gabriele, Eva und Dorothea Thorsch. Das Paar wohnte zuerst in der Richardgasse (heute: Jauresgasse) 9, Wien 3, 1904 zog die Familie in die Richardgasse (heute: Jauresgasse) 13 und lebte ab 1916 in dem von Friedrich Schachner 1897/1898 erbauten Bratmannpalais (Palais Thorsch) in Wien 3, Metternichgasse 4. Da sie als jüdisch galten, mussten Marie und Alfons Thorsch sowie deren Kinder Österreich in Folge der nationalsozialistischen Machtübernahme verlassen. Das Palais Thorsch wurde unmittelbar nach dem "Anschluss", durch das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK) und die Geheime Staatspolizei besetzt und schließlich durch die NSDAP enteignet, die es dem NSKK zur Nutzung überließ. Die Gestapo-Abteilung II H/So beschlagnahmte das Vermögen von Marie und Alfons Thorsch per 15. Juni 1938 und zog es in der Folge ein. Der am 23. Juli 1938 in Zürich von Marie Thorsch unterschriebenen "Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden" war kein Schätzgutachten angeschlossen, da sich die in Wien beschlagnahmte Kunstsammlung in amtlicher Verwahrung befand. Einzig die Gemälde der Sammlung wurden im April 1939 im Auftrag der Geheimen Staatspolizei von Gert Adriani, Mitarbeiter von Kunststaatssekretär Kajetan Mühlmann und ab Dezember 1938 Kustos in der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in Wien, erfasst und in das sogenannte Zentraldepot für beschlagnahmte Sammlungen in die Neuen Burg am Wiener Heldenplatz verbracht. Danach wurden sie dem "Sonderbeauftragten" Adolf Hitlers, Hans Posse, vorgelegt und für die Verteilung an verschiedene Museen bestimmt. Im August 1943 ließ das NSKK aufgrund zunehmender Gefährdung durch Luftangriffe das restliche Mobiliar aus dem Palais Thorsch in zwei niederösterreichischen Schlössern, Guntersdorf und Immendorf, bergen. Aufgrund der Sprengung des Schlosses Immendorf in den letzten Kriegstagen verbrannten die dort lagernden Bestände an Gobelins und Gemälden der Sammlung Thorsch. Alfons und Marie Thorsch war die Flucht über die Schweiz und England nach Kanada gelungen. Marie Thorsch verstarb noch während des Krieges 1944 im Exil, Alfons Thorsch im November 1945. Die Verwaltung des Erbes hatte Alfons Thorsch der Royal Trust Company in Montreal übertragen. Die 30 Gemälde, die an das geplante Kunstmuseum Linz, an das Ferdinandeum in Innsbruck und die Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums verteilt worden waren, erhielt die Familie mit Bescheid der Finanzlandesdirektion von 1949 entsprechend dem Ersten Rückstellungsgesetz zurück. Alle weiteren Kunstgegenstände aus der Sammlung Thorsch hingegen, die Familienbilder, die Bibliothek, die Möbel sowie das Tafelsilber konnten nach 1945 weder im Central Collecting Point in München noch in Österreich ausfindig gemacht werden. Ein Großteil des Gold- und Tafelsilbers war vermutlich in den Kunsthandel gelangt. Dessen Verbleib ist bis heute ungeklärt.

Author Info
Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Heinrich Benedikt, Damals im alten Österreich, Erinnerungen, Wien-München, 1979.

Hubertus Czernin, Die Auslöschung. Der Fall Thorsch (= Bibliothek des Raubes 1), Wien 1998.

Roman Sandgruber, Traumzeit für Millionäre. Die 929 reichsten Wienerinnen und Wienern im Jahre 1910, Wien-Graz-Klagenfurt 2013.

Heinrich Treichl, Fast ein Jahrhundert. Erinnerungen, Wien 2003.

Archivalien

BArch Berlin, R1501-10814.
BArch Berlin, KV-26-1-NSKK, 742.

BArch Koblenz, B 323/480, fol. 154.

BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 48, PM Thorsch.

LAB, 72 WGA 4584-4591A/57

OeStA/AdR, E-uReang, 1Rep AbwSt Abt 6, Beschlagnahmte Vermögen (1938-1939), Teilbestand.
OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 16998, Alfons Thorsch.
OeStA/AdR, E-uReang, BMfVW, Abt. 2, GZ. 32.111-2-/1948.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 33346, Marie Thorsch.
OeStA/AdR, ZNsZ, Gauakt 245.169, Kurt von Barisani.
OeStA/AdR, ZNsZ, RStH Wien, GZ.1.060/1939.
OeStA/AdR, ZNsZ, RStH Wien, SIIG 41-38-80, RSt I – 10491/38.

WStLA, Historische Wiener Meldeunterlagen, Meldeauskunft Alfons Thorsch.
WStLA, M.Abt. 119, A41, VEAV I-904, I-908, 3. Bez., Alfons und Marie Thorsch.