Deutsch, Friedrich

Friedrich Deutsch

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1.7.1894 Wien – den 8.5.1945 nicht überlebt

Friedrich Deutsch war gelernter Bankbeamter, der ab 1926 in Wien 9, Servitengasse 9 eine kleine Fluss- und Seefischhandlung betreiben sollte. Am 3. Juni 1919 heiratete er Berta, née Hermann, und wohnte mit dieser und ihrer 1922 geborenen Tochter Friederike in Wien 1, Elisabethstraße 26. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich sah sich Friedrich Deutsch aufgrund seiner jüdischen Herkunft mit zunehmenden Repressalien des NS-Regimes konfrontiert. Die Vermögenverkehrsstelle (VVSt) unterband die Warenzuteilung für die Fischhandlung, womit sie Friedrich Deutsch und seiner Familie die Geschäftsgrundlage entzog. Nachdem die VVSt im August 1938 auch den Verkauf des Betriebs von Friedrich Deutsch an dessen "arische" Ehefrau zum Preis von 1.000 Reichsmark untersagt hatte, ließ sich das Ehepaar, im Glauben das Geschäft so retten zu können, am 5. Dezember 1938 scheiden. Dies gelang nicht, ebenso scheiterte in der Folge ein Fluchtversuch Friedrich Deutschs an der Grenze zur Schweiz.

Berta Deutsch, die mittlerweile bei dem halbseitig gelähmten Arzt Sigmund Stiassny als Pflegerin tätig war, überließ ihrem geschiedenen Ehemann, dem es nicht möglich gewesen war, eine bezahlte Anstellung zu finden, diese Arbeitsstelle. Am 29. Juni 1939 meldete sich Friedrich Deutsch bei Stiassny in Wien 1, Bösendorferstraße 6 wohnhaft. Nur wenige Monate später musste er mit dem ebenfalls aufgrund seiner jüdischen Herkunft verfolgten Stiassny in eine Sammelwohnung in Wien 1, Nibelungengasse 8 übersiedeln, wo er bis zum 26. Jänner 1942 gemeldet bleiben sollte. Bis zum Tod Stiassnys unterstützte er diesen nicht nur bei der Bestreitung seines Lebensalltags, sondern war diesem auch bei der Veräußerung von dessen Kunstsammlung behilflich. Am 10. Jänner 1942 internierte die Gestapo Deutsch, am 26. Jänner 1942 erfolgte seine Deportation nach Riga, wo er entweder in das dortige Ghetto eingewiesen wurde oder im nahen Lager Salaspils Zwangsarbeit verrichten musste. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien stellte auf Antrag von Berta Deutsch mit der Todeserklärung vom 13. April 1950 fest, dass Friedrich Deutsch den 8. Mai 1945 nicht überlebt hatte.

Einem Antrag auf Anerkennung im Sinne des Opferfürsorgegesetzes von Berta Deutsch leistete das Referat Opferfürsorge der Wiener Magistratsabteilung 12 am 25. Jänner 1954 keine Folge, da aufgrund der Scheidung dieser kein "einwandfreies [...] Verhalten gegenüber dem Opfer vor und in der Zeit seiner Verfolgung" attestiert werden könne. Auch ein von Berta Deutsch gestelltes Nachsichtsansuchen lehnte die Opferfürsorgekommission im März 1960 ab. Erst aufgrund eines im selben Jahr gestellten Ansuchens gemäß Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetz sollte ihr die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland für die liquidierte Inneneinrichtung der Fischhandlung ihres Ehemannes eine geringfügige Entschädigungszahlung zusprechen.

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Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Beiratsbeschluss Sigmund Stiassny, 5.11.2021, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Stiassny_Sigmund_2021-11-05.pdf (12.7.2022).
Beiratsbeschluss Maria Perlberger, 5.11.2021, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Perlberger_Maria_2021-11-05.pdf (12.7.2022).

Opferdatenbank des Dokumentationsarchives des Österreichischen Widerstands (www.doew.at), Friedrich Deutsch (11.7.2022).

Archivalien

IKG-Archiv Wien, Hauslisten 1941/42 (Lebensmittelkarten für Juden), Nibelungengasse 8.

OeStA/AdR, E-uReang, KVSG, 60.479, Berta Deutsch.
OeStA/AdR, E-uReang, KVSG, 59.700, Friederike Deutsch.
OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, Arisierungsakt, 4813, Friedrich Deutsch.
OeStA/AdR, FLD, 15. Transport, Zl. 137, Friedrich Deutsch.

WStLA, M.Abt. 119, A41, VEAV 686, 4. Bez., Berta Deutsch.
WStLA, Opferfürsorgeakt Berta Deutsch, Zl. D 228/57.