Fritsch, Othmar

Othmar Fritsch

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27.10.1885 Wien – ?

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Othmar Fritsch studierte ab 1906 drei Semester Rechtswissenschaften an der Universität Wien, er absolvierte einen Abiturientenkurs an einer Handelsakademie sowie die Textil- und Webschule in Wien. 1909/10 lebte er in Berlin, London und Paris und betrieb private kunstgeschichtliche Studien. Ab 1911 belegte er die Fächer Kunstgeschichte, Philosophie und Archäologie an der Universität Graz, wo er 1914 mit der Dissertation Das Skizzenbuch Van Dycks von seiner italienischen Reise zum Doktor der Philosophie promovierte. Er war persönlich mit Egon Schiele bekannt, der ihn 1917 porträtierte. Im selben Jahr feilschte er mit dem Maler um den Preis für das Bild Schönbrunner Landschaft. Nach einer schweren Schussverletzung im Ersten Weltkrieg war Fritsch Teilinvalide. Gemäß eigenen Angaben war er eine Zeitlang auch als Assistent an der Landesgemäldegalerie in Graz beschäftigt und betätigte sich auch als Auktionator. 1928 erwarb er einen Gewerbeschein als Fotograf, des Weiteren war er in der Zwischenkriegszeit einige Jahre an der Herzl Weinstube in Graz, die ursprünglich seiner Mutter gehörte, beteiligt. Zwischen 1930 und 1938 lebte er unweit der Stadt auf Schloss Lannach. Laut einem nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verfassten Bericht der Staatspolizei Wien war Fritsch vor dem Zweiten Weltkrieg viele Jahre als Kunsteinkäufer für den US-amerikanischen Medientycoon und Sammler William Randolph Hearst tätig.

Nach dem "Anschluss" übersiedelte Fritsch nach Wien, wo er in der Weihburggasse 9 in der Innenstadt ein Antiquitätengeschäft eröffnete. Es handelte sich um das vormalige Tapezierergeschäft des als Juden verfolgten Emanuel Wertheim, der auch mit Antiquitäten gehandelt hatte und 1942 nach Theresienstadt deportiert werden und dort 1943 ums Leben kommen sollte. Fritsch zog in die Wohnung des jüdischen Rechtsanwalts Richard Engländer und dessen Frau Hedwig in Wien 1, Seilerstätte 5, und erstand aus Engländers Eigentum einige Perserteppiche zu einem unangemessen geringen Preis. Über das Dorotheum bezog er ein goldenes, mutmaßlich aus Rothschild-Besitz stammendes Essbesteck, und er erwarb mehrere Objekte, unter anderem einen Tabernakel, aus dem bei einer Spedition eingelagerten und später beschlagnahmten Eigentum der Brüder Ludwig und Richard Herzog. Fritsch trat nicht der NSDAP bei, gehörte aber dem Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps sowie als Antiquitätenhändler der Reichskulturkammer an. Ab März 1939 wickelte er im Auftrag der Vermögensverkehrsstelle 21 in jüdischem Eigentum befindliche Firmen unterschiedlicher Branchen ab, vor allem Tischlerei- und Tapeziererbetriebe. Ab 1943 war er nicht beamteter Experte in der Kunstabteilung des Dorotheums, 1944 erhielt er die Zulassung als gerichtlich beeideter Sachverständiger. 1947 leitete das Wiener Volksgericht ein Verfahren gegen Othmar Fritsch gemäß § 6 des Kriegsverbrechergesetzes ("missbräuchliche Bereicherung") ein. Fritsch bestritt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, unter anderem auch, dass es sich bei der Übernahme von Wertheims Geschäft und der Wohnung des Ehepaares Engländer um "Arisierungen" gehandelt habe. Das Verfahren wurde nach wenigen Monaten eingestellt. 1965 übersiedelte Fritsch von Wien nach Bad Gastein.

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Archivalien

OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, Abwickler Laconia, K. 1001, Abwickler Othmar Fritsch.
OeStA/AdR, ZNsZ, Gauakt 269.255, Othmar Fritsch.

​WStLA, M.Abt. 119, A42, NS-Registrierung, Othmar Fritsch.
WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr 2223/47, Othmar Fritsch.