Fürst, Leo

Leo Fürst

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22.7.1873 Baden bei Wien – Jänner 1941 Nizza

Leo Fürst war 1938 Direktor des Evidenzbüro österreichischer Mineralölfirmen und wohnte in Wien 1, Maria-Theresien-Straße 16/4. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich drangen Unbekannte – laut Zeugenaussage seines Neffen handelte sich um SA-Angehörige – in seine Wohnung ein und stahlen einen Teil seiner Kunstsammlung, darunter zwei Radierungen von Ferdinand Schmutzer und Isidor Kaufmann. Fürst selbst wurde im Juni 1938 von der Gestapo verhaftet und im Gefängnis Roßauerlände interniert, weil er den Diebstahl zur Anzeige bringen wollte. Nach seiner Haftentlassung floh Fürst im Juli 1938 zunächst nach Opatija, sein Vermögen wurde in weiterer Folge zu Gunsten des Deutschen Reiches enteignet. Fürsts Münzsammlung (zumeist Münzen österreichischer HerrscherInnen), die unter den "Führervorbehalt" für Gegenstände von künstlerischem oder kulturgeschichtlichen Charakter fiel, hatte die Gestapo im Juni 1938 zunächst zur Verwahrung und Katalogisierung dem Kunsthistorischen Museum (KHM) in Wien übergeben. Das Münzkabinett des KHM erbat schließlich 1941 die gesamte Sammlung von 873 Objekten vom "Sonderbeauftragten" Hans Posse. Dieser wies allerdings auch einige von den 401 Goldmünzen und von den 237 Silbermünzen als "Führerspende" den Münzkabinetten in Graz, Salzburg, Klagenfurt und Innsbruck zu. Die 235 Münzen aus unedlem Metall wurden dagegen alle dem Wiener Münzkabinett zugeteilt, 227 davon gelten heute als Kriegsverlust. Hans Posse erwähnte in einem Brief vom 24. März 1941 an den Ersten Direktor des Kunsthistorischen Museums Fritz Dworschak 18 Goldmünzen aus der Sammlung Leo Fürst, die dem "Sonderauftrag" zufallen sollten. Zu der Transaktion scheint es aber nicht mehr gekommen zu sein und die Münzen verblieben im KHM. Der Rest der Sammlung Fürst sollte auf Vorschlag von Dworschak 1941 bei der Münchner Firma Kress zur Versteigerung kommen und der Erlös zur Deckung von Ausgaben im Zusammenhang mit der Errichtung des Zentraldepots verwendet werden; Belege dafür konnten aber nicht gefunden werden. Im selben Jahr verstarb Fürst in Nizza, wohin er nach seinem Aufenthalt in Opatija geflohen war.

Sein Neffe stellte im Jahr 1986 einen Antrag auf Herausgabe der Münzsammlung. EigentümerInnen oder deren RechtsnachfolgerInnen konnten gemäß dem 2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz Ansprüche auf so genannte "erblos" gebliebene Kunst- und Kulturgüter beim österreichischen Finanzministerium geltend machen. Der Antrag wurde abgewiesen, da zu dem damaligen Zeitpunkt nicht bekannt war, dass sich ein Großteil der Münzsammlung im KHM befand. Basierend auf der Provenienzforschung von Herbert Haupt empfahl der Kunstrückgabebeirat im Oktober 2000 die Restitution der 386 Goldstücke, 234 Silbermünzen und einer Münze aus unedlem Metall aus dem Münzkabinett des KHM an die ErbInnen nach Leo Fürst. Die 621 Gegenstände – im Beiratsbeschluss ist irrtümlich die Rede von 624 Münzen – konnten im Sommer 2002 ausgefolgt werden. Das Ferdinandeum Innsbruck restituierte 2002 vier, das Kärntner Landesmuseum drei Goldmünzen, das Joanneum Graz gab 2004 einen Golddukaten zurück. Die nach Salzburg verbrachten Münzen gelten seit 1945 als verschollen.

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Publikationen zur Person / Institution

Beschluss des Kunstrückgabebeirats, Leo Fürst, 10.10.2000, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Fuerst_Leo_2000-10-10.pdf (3.12.2020).

Tiroler Landesmuseen, Provenienzforschung, Restitution, URL: www.tiroler-landesmuseen.at/?download=10729&ref=10677 (3.12.2020).

Universalmuseum Joanneum, Münzkabinett Schloss Eggenberg, Restituierte Objekte, An die Erben nach Leo Fürst, URL: www.museum-joanneum.at/muenzkabinett/ueber-uns/restitution/restituierte-objekte/an-die-erben-nach-leo-fuerst (3.12.2020).

N. N. (Redaktion), Münzsammlung Leo Fürst restituiert, in: Der Standard, 16.7.2002, URL: www.derstandard.at/story/1012222/muenzsammlung-leo-fuerst-restituiert (3.12.2020).

Karl Peitler, Zu den Restitutionen des Münzkabinetts am Universalmuseum Joanneum, in: Karin Leitner-Ruhe/Gudrun Danzer/Monika Binder-Krieglstein (Hg.), Restitutionsbericht 1999–2010 Universalmuseum Joanneum, Graz 2010, 213214, URL: www.museum-joanneum.at/fileadmin//user_upload/Presse/Aktuelle_Projekte/Archiv/2010/praesentation-des-re/Restitutionsbericht_01.pdf (3.12.2020).

Online-Edition der Karteien zum sogenannten Zentraldepot für beschlagnahmte Sammlungen in Wien, Sammlung L. F. im Katalog der Beschlagnahmungen, URL: www.zdk-online.org/c/171/ (3.12.2020).

Archivalien

BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 35, M.1, PM Leo Fürst.

KHM-Archiv, 52/KL/1941, 105/KL/1941; XII 163; XIII 55.

OeStA/AdR, E-uReang, FLD, Zl. 10338, Leo Fürst.