Morawitz, Johann

Johann Morawitz

Porträt, Schwarz-Weiß-Foto
Info
Zusatzinformationen

5.9.1924 Lojowitz / Lojovice, Tschechoslowakei – 18.1.2012 Wiener Neustadt

Johann Hugo Wilhelm Morawitz wurde in Lojowitz (Lojovice) bei Prag als zweiter Sohn des Ehepaares Edgar Ritter von Morawitz, ehemaliger Oberleutnant der k. u. k. Armee, und Kunigunde Elisabeth Mercy Austerlitz geboren. Im August 1939 nahmen Johann und sein Bruder Thomas Morawitz die spanische Staatsbürgerschaft an, um ihre Flucht aus dem nunmehrigen Protektorat Böhmen und Mähren zu erleichtern. Anfang 1940 gelang es den Brüdern nach Spanien zu ihrem Vater auszureisen, der seit 1926 in der Nähe von Barcelona, in San Pedro de Ribas, als Privatier, Automobil-Rennfahrer und Eigentümer des Autodromo de Sitges-Terramar, lebte. Wegen der Flucht musste Morawitz seine Gymnasialausbildung, die er am Lyceum Alpinum in Zuoz in der Schweiz begonnen hatte, unterbrechen. In Barcelona legte Johann Morawitz 1943 die Reifeprüfung ab und studierte anschließend eigenen Angaben zufolge sechs Semester an der Hochschule für Architektur. Er unterbrach das Studium und kehrte im Mai 1946 nach Österreich zurück. Er hielt sich zunächst bei seiner Mutter, der seit 1928 wiederverheirateten Kunigunde (Gräfin) Nostitz, in Salzburg auf.

Am 1. November 1946 wurde Johann Morawitz als wissenschaftliche Hilfskraft zur Erfassung und Repatriierung von Kunstgegenständen im Bundesdenkmalamt (BDA) angestellt. Am 12. November 1947 fuhr er im Auftrag des Bundesministeriums für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung und in Begleitung der Kunsthistorikerin Anna Spitzmüller (Graphische Sammlung Albertina) als österreichischer Vertreter zum Central Collecting Point (CCP) nach München. Seine Aufgabe war es, den Verbleib von Kunstgegenständen zu klären, die sich vor dem 13. März 1938 in Österreich befunden hatten und den rechtmäßigen EigentümerInnen während der NS-Zeit entzogen worden waren. Er identifizierte in der Folge 20 Gemälde, 61 Miniaturen, 50 antike Schmuckstücke, 19 Statuetten und kunstgewerbliche Gegenstände im Wert von 3,5 Millionen Schilling. Ab Jänner 1948 wurde Morawitz zu einem weiteren sechswöchigen Aufenthalt nach München entsandt. Nachdem der Leiter des CCP sowie der Monuments, Fine Arts and Archives Section beim Office of Military Government for Bavaria, der Kunsthistoriker Herbert Stewart Leonard, die zur Rückführung nach Österreich vorgesehenen Kunstobjekte freigegeben hatte, begleitete Morawitz den Transport am 15. März 1948 von München nach Salzburg ins Amt für Vermögenssicherung der dortigen Landesregierung. Ein weiterer Rücktransport unter Morawitz‘ Aufsicht war für Ende April 1948 geplant. Da er aber seinen Dienstvertrag auflöste und am 15. Juni 1948 aus dem Dienst des BDA ausschied, wurde an seiner Stelle im August 1948 Elisabeth Gasselseder nach München entsandt.

Obwohl Morawitz für seine Tätigkeit beim CCP von Ernst Buschbeck, Kustos der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in Wien, große Anerkennung erfuhr, beschrieb er seine Arbeiten in München als "sehr mühselig und nicht erfreulich". Nach seiner Kündigung inskribierte er im Wintersemester 1948/49 als ordentlicher Hörer an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien und besuchte Vorlesungen in den Fächern Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie. Er schloss die Studien aber nicht ab. Nach der Samtenen Revolution 1989 setzte er sich erfolgreich für die Restitution des im Dezember 1942 enteigneten und in Tschechien verbliebenen Familienbesitzes ein, die im Jahr 2006 erfolgen sollte. Die Liegenschaft selbst, die sich zuletzt im Eigentum seiner Mutter und seines Stiefvaters, Franz Anton (Graf) Nostitz-Rieneck, befunden hatte, wird seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Residenz der Österreichischen Botschaft in Prag genutzt.

Author Info
Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Theodor Brückler/Ulrike Nimeth, Personenlexikon zur Österreichischen Denkmalpflege, Wien 2001.

Georg Gaugusch, Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938. L–R (= Jahrbuch der Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft Adler, 3. Folge 17), Wien 2016.

Iris Lauterbach, Der Central Collecting Point in München (= Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München 34), Berlin 2015.

Archivalien

BDA-Archiv, PA Johann Morawitz.
BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 11, CACP München 1947–1949; K. 11/1, CACP München 1949–1950.