Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

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Das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum verdankt seinen Namen Erzherzog Ferdinand Karl, dem späteren Kaiser Ferdinand I. (1793–1875), unter dessen Protektorat der bis heute private Museumsverein 1823 gegründet wurde. In den 1840er-Jahren wurde das Gebäude in der Museumstraße 15 in Innsbruck errichtet und in den Folgejahrzehnten stetig erweitert. In der Geschichte des Museumsvereins spielten neben dem jeweiligen Kustos, dem Leiter des Museums, immer auch der gewählte Vereinsvorstand sowie die Ausschussmitglieder gestaltende und prägende Rollen. Meist erwarb das Ferdinandeum Objekte selbst, regelmäßig wurden aber auch durch das Land Tirol oder durch die Stadt Innsbruck angekaufte Kunstwerke als Leihgabe entgegengenommen. Die Sammlungen wurden zudem oft durch Geschenke oder Legate von privater Seite ergänzt. Bis heute teilen sie sich in sieben Bereiche auf: von einer Spezialbibliothek für gesamttirolische Landeskunde über Archäologie, Kunstgeschichte, Grafik, Geschichte und Naturwissenschaften bis zur Musik.

Die finanzielle Lage des Museumsvereins verschlechterte sich in den 1930er-Jahren zusehends. Während der NS-Zeit lagen die Agenden des Museums in den Händen von Oswald Trapp, der 1937 zum Vorstand des Museumsvereins gewählt worden war. Trapp übte seit 1934 auch das Amt des Landeskonservators für Tirol aus. Das Amt des Kustos war 1938 Vinzenz Oberhammer übertragen worden. Die erste Ausschusssitzung nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich fand am 12.4.1938 statt. Zwei der 16 anwesenden Ausschussmitglieder waren Mitglieder der NSDAP, wobei Richard Heuberger, ao. Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Innsbruck (NSDAP-Mitglieds-Nr. 6,228.310), zum kommissarischen Leiter des Tiroler Landesmuseums bestellt wurde. Trapp, der zwar als politisch nicht verlässlich galt, wurde am 10. Mai 1938 zum "1. Bevollmächtigten des kommissarischen Leiters" ernannt. Während Heuberger bis Kriegsende kommissarischer Leiter blieb, führte Trapp die Geschäfte des Vorstandes bis 1943, anschließend wurde Kunibert Zimmeter mit dieser Aufgabe betraut. Am 16. Juli 1945 fand nach acht Jahren wieder eine ordentliche Vollversammlung des Museumsvereins statt. Die Sicherheitsdirektion für Tirol hatte die Neuwahl des Vorstandes angeordnet.

Im Ferdinandeum erhoffte man sich im Jahr 1939, Kunstgegenstände aus entzogenen Sammlungen erwerben zu können. Kustos Oberhammer, der dabei die Detailauswahl übernahm, übersandte im Jänner 1940 eine Erwerbungswunschliste an die Zentralstelle für Denkmalschutz sowie an Hans Posse, den "Sonderbeauftragten" für das Linzer Kunstmuseum. Eine erste Zuweisung von Kunstobjekten fand im August 1940 statt. Ende Oktober 1940 berichtete Oberhammer dem Vorstand, dass im Zuge der unentgeltlichen Verteilungen nur mehr der Rest der Sammlung Oskar Bondy und die Sammlung Albert Pollak zu erhalten seien, alle anderen Bestände müssten käuflich erworben werden. Er plädierte vor allem für den Kauf von Gläsern aus der Sammlung Franz Ruhmann und von Porzellangegenständen aus der Sammlung Nathan Eidinger. Im Zusammenhang mit der Restzuweisung und den infolge des nationalsozialistischen Vermögensentzugs für die Museen günstigen Ankaufsmöglichkeiten begann ein Wettlauf mit anderen Sammlungen um die begehrtesten Objekte, wobei sich das Ferdinandeum besonders über die Benachteiligung bei der Verteilung der Gemälde Albin Egger-Lienz' beklagte.

Im Herbst 1939 hatte man im Ferdinandeum mit den ersten Bergungen begonnen. Zwischen 1942 und 1944 wurden die sieben umfangreichen Sammlungen auf zwölf Bergungsorte (Schloss Ambras, Stift Stams, Schloss Friedberg, Schloss Tratzberg, Schloss Siegmundsried, Schloss Schönwörth, Schloss Fügen, St. Martin in Schwaz, Schloss Schneeberg, Burg Lichtenwerth, Schloss Matzen, Schloss Petersberg) verteilt. Die Bergungsmaßnahmen, die hauptsächlich von den weiblichen Arbeitskräften durchgeführt werden mussten, waren im Winter 1944 abgeschlossen. Bei einem Fliegerangriff am 10. April 1945 wurde das Ferdinandeum durch Bomben schwer beschädigt.

Am 14. November 1945 wurden alle damals bekannten Restitutionsfälle nach der Vermögensentziehungs-Anmeldungsverordnung beim Stadtmagistrat Innsbruck angemeldet. Restitutionen nach dem Dritten Rückstellungsgesetz folgten. 1949 wurde das im Krieg zum Teil zerstörte Museum wieder eröffnet.

Seit 2002 wurden Objekte an die ErbInnen folgender Sammler restituiert: Gustav Arens (Felix Haas) (2009), Oskar Bondy (2009, 2015), Nathan Eidinger (in Vorbereitung), Carl Friedländer (2009), Harry Fuld (2014), Leo Fürst (2002), Albert Pollak (in Vorbereitung), Ernst Pollack (2003, 2015, 2016), Franz Reitlinger (2002), Alphonse Rothschild (2009), Louis Rothschild (2008), Martin Steiner (2009).

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Veröffentlichungsdatum
Publikationen zur Person / Institution

Erich Egg, Chronik des Ferdinandeums 1823 bis 1973, in: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 53 (1973), 5–93.

Claudia Sporer-Heis, "(…) sind dem Ferdinandeum Auslagen erwachsen, auf deren Ersatz es Anspruch erheben zu können glaubt (…)". Zur Frage der Restitution jüdischen Eigentums am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, in: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 82/II (2002), 7–37.

Claudia Sporer-Heis/Eleonore Gürtler, Restitutionsfälle am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum im Überblick, in: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 82/II (2002), 37–167.

Publikationen der Person / Institution

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (Hg.), Sammellust. 175 Jahre Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck-Wien 1998.

Veröffentlichungen des Vereins Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum.

Archivalien

Archiv Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Hausakten.
Archiv Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Verhandlungsschriften der Ausschusssitzungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum.