Heissfeld, Valerie

Valerie Heissfeld

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30.4.1876 Jägerndorf / Krnov, Schlesien (heute Tschechien) – 13.4.1942 Ghetto Theresienstadt / Terezín

née Valerie Kulka; auch Valerie Heißfeld

Valerie Heissfeld, née Kulka, war das fünfte von sechs Kindern des Leopold Kulka (1838–1909) und der Charlotte Kulka, née Scheuer (gest. 1892). 1905 heiratete sie den Regimentsarzt Jakob Heissfeld (1871–1915) und zog mit ihm zuerst nach Stanislau in Galizien, wo ihre beiden Kinder, Karl (1906–1938) und Lotte Heissfeld geboren wurden. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in der Pionierkaserne in Klosterneuburg übersiedelte die Familie 1913 nach Wien in die Paracelsusgasse 6 in den 3. Bezirk. Nur zwei Jahre später starb Jakob Heissfeld, der zum Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg einberufen worden war, an den Folgen einer Verwundung in Kolomea in Galizien. Zusammen mit ihrer Tochter Lotte bezog Valerie Heissfeld 1926 eine Villa in der Meytensgasse 27, Wien 13, die Lotte Heissfeld von ihrem Onkel, Alfred Kulka geerbt hatte. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich musste Valerie Heissfeld aufgrund ihrer jüdischen Herkunft gegenüber den NS-Behörden ihr Vermögen offenlegen, wobei der Direktor der Bibliothek der Akademie der bildenden Künste, Otto Reich, ihre aus ungefähr 54 Bildern bestehende Kunstsammlung mit rund 8.000 Reichsmark bewertete. Die Zentralstelle für Denkmalschutz verweigerte der Eigentümerin, die ins Ausland zu fliehen beabsichtigte, die Ausfuhr von zwei Aquarellen Rudolf von Alts (Schloss Greinburg und die Chorpartie der Kirche in Schöngrabern) und einem Ölgemälde Friedrich von Amerlings. Auch ihrer Tochter Lotte Heissfeld wurde die Ausfuhr von zwei Alt-Aquarellen (Nordbahnhof und Persenbeug) verweigert. Aufgrund der Ausfuhrsperre sah sich Valerie Heissfeld genötigt, diese Werke inklusive jener ihrer Tochter an die Wiener Buch- und Kunsthandlung Artaria & Co zu veräußern. Die verkauften Bilder sind seitdem unauffindbar, lediglich die Darstellung der Chorpartie der Kirche in Schöngrabern tauchte 1941 im Berliner Kunsthandel wieder auf. In der Folge wurde dieses Aquarell über Ernst Schulte Strathaus, dem Amtsleiter für Kunst- und Kulturfragen im Stab von Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß, für die sogenannte Sammlung Bormann erworben. 1945 verbrachten die Alliierten das kleine Bild von seinem Bergungsort Altaussee in den Central Collecting Point München. 1952 übergaben sie es in die Verwahrung des Bundesdenkmalamts in Wien. 1996 wurde das Aquarell nach dem Zweiten Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz – offenbar aufgrund einer falschen Zuordnung – an die ErbInnen nach Josef und Cäcilie Lilienthal zurückgestellt und 1997 aus dem Kunsthandel (Galerie Jünger, Baden bei Wien) von der Albertina erworben. Der Kunstrückgabebeirat sprach sich 2011 gegen eine Rückgabe des Werkes an die RechtsnachfolgerInnen nach Valerie Heissfeld aus. Trotz eines Grenzübertrittsstempels der Zollbehörde ist bis heute nicht rekonstruierbar, wohin die 51 zur Ausfuhr freigegebenen Bilder der Sammlung Heissfeld gelangten. Nachdem Valerie Heissfeld gemeinsam mit ihrer Schwester Adele Kulka im Februar 1939 die Flucht nach Brünn gelungen war, wurde sie von dort aus am 29. März 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie nur zwei Tage nach ihrer Schwester, am 13. April 1942, ums Leben kam.

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Publikationen zur Person / Institution

Beschluss des Kunstrückgabebeirats, Valerie Heissfeld, 15.4.2011, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Heissfeld-Valerie-2011-04-15.pdf (3.12.2020).

Albertina Wien (Hg.), Rudolf von Alt, 1812–1905. Gedächtnisausstellung im 50. Todesjahr, Wien 1955.

Otto Fritscher, Kontroversen um den "Mauerbach-Schatz". Die Restitutionsverfahren von 1969 bis 1986, Wien 2012.

Meike Hopp, "Weiß gar nicht, wo sie alle hingerathen sind". Der Münchener Bestand der Werke Rudolf von Alts und die "Sammlung Bormann" – eine Herausforderung für die Provenienzforschung, in: Andreas Strobl (Hg.), Rudolf von Alt ...genial, lebhaft, natürlich und wahr. Der Münchner Bestand und seine Provenienz, Berlin-München 2015, 146–190.

Kunsthandlung S. Kende (Hg.), Gedenkausstellung Rudolf von Alt, 12. März bis 6. April 1930, Wien 1930.

Sophie Lillie, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens (= Bibliothek des Raubes 8), Wien 2003.

Anita Stelzl-Gallian, Für immer verloren. Der Sammler Richard Kulka und die Familiensammlung Heißfeld-Kulka, in: Eva Blimlinger/Heinz Schödl (Hg.), Die Praxis des Sammelns. Personen und Institutionen im Fokus der Provenienzforschung (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 5), Wien-Köln-Weimar 2014, 201–220, URL: doi.org/10.7767/boehlau.9783205793564.201.

Archivalien

BDA-Ausfuhr, Zl. 5704/1938, Valerie Heissfeld.

OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 38413, Valerie Heissfeld.
OeStA/KA, Qualifikationslisten 1019, Jakob Heissfeld.

WStLA, Wiener Historische Meldeunterlagen, Meldeauskunft Familie Heissfeld.