Eissler, Hermann

Hermann Eissler

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21.7.1860 Wien – 26.2.1953 Nizza

Hermann Eissler studierte Geologie an der Universität Wien, wo er 1883 zu dem Thema Der geologische Bau der Rax Alpe promovierte. Danach trat er in das von der Familie geführte Holzunternehmen J. Eissler & Brüder ein und wurde 1897 öffentlicher Gesellschafter. Neben seiner Begeisterung für den Alpinismus zählte Hermann Eissler zusammen mit seinem Bruder Gottfried (1861–1924) zu den bedeutendsten Kunstsammlern Wiens. Die Sammlung bestach vor allem durch ihren Schwerpunkt auf einzigartiger französischer (Edouard Manet, Paul Cézanne, Théodore Géricault, Auguste Rodin etc.) sowie österreichischer Kunst des 19. Jahrhunderts (Ferdinand Georg Waldmüller, Rudolf von Alt, August von Pettenkofen etc.). Seine spartenübergreifende Sammeltätigkeit und stetige Leihgeberschaft ermöglichten Hermann Eissler, zahlreiche Kontakte in nationale und internationale Kunstkreise zu knüpfen. 1929 heiratete er die Wimpassinger Bürgermeistertochter Hortense Kopp. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich verkaufte Eissler, der als Jude galt, im Juni 1938 über Vermittlung der Münchner Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich vier Apothekenschilder Waldmüllers an das geplante "Kunstmuseum Linz". Im Oktober 1938 kam es zur innerfamiliären Aufteilung der Werke auf seine Tochter aus einer früheren Verbindung, Berta Morelli, und seine als "arisch" geltende Ehefrau, nichtsdestotrotz wurde die Sammlung über Antrag der Wiener Denkmalbehörde durch den Magistrat der Stadt Wien, Abteilung 2, nur kurze Zeit später sichergestellt. Nachdem eine geplante Ausreise des Ehepaars nach Nicaragua Anfang 1939 gescheitert war, gelang es Hermann Eissler alleine über Ungarn in die Schweiz und schließlich nach Südfrankreich zu fliehen. Ein paar Monate später reichte Hortense Eissler die Scheidung ein, um den Zugriff der Kreisbauernschaft Kleinzell auf das Eisslersche Gut Kleinzell zu verhindern. In den Folgejahren fanden mehrere Verkäufe Hortense Eisslers, aber auch Berta Morellis an den "Sonderbeauftragten" für das "Kunstmuseum Linz" statt. 1948 kam Hermann Eissler das erste und letzte Mal nach Wien zurück; im Juli 1951 heiratete er Hortense ein zweites Mal in Nizza, wo er 1953 verstarb. Anträge auf Restitution nach den damals geltenden Rückstellungsgesetzen hatten sie nicht gestellt. Erst 1964 erkannte Hortense Eissler Waldmüllers Gemälde Dorf Ahorn bei Ischl und die Apothekenschilder bei einem Besuch der Österreichischen Galerie wieder. Nachdem u. a. der Versuch, Dorf Ahorn zurückzukaufen, gescheitert war, brachte sie beim Landesgericht für ZRS Wien die Klage auf Herausgabe des Bildes ein, das diese 1972 abwies. Der OGH bestätigte dieses Urteil, da die Fristen zur Geltendmachung von Rückstellungsansprüchen abgelaufen waren. Hortense Eissler starb 1983.

In der Sitzung vom 24. Juni 2009 empfahl der Kunstrückgabebeirat die Rückgabe der Apothekenschilder an die RechtsnachfolgerInnen nach Hermann Eissler. Das Gemälde Dorf Ahorn wurde nicht zur Rückgabe empfohlen.

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Publikationen zur Person / Institution

Beschluss des Kunstrückgabebeirats, Hermann Eissler, 24.6.2009, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Eissler_Hermann_2009-06-24.pdf (3.12.2020).
Beschluss des Kunstrückgabebeirats, Hermann Eissler, 20.11.2009, URL: www.provenienzforschung.gv.at/beiratsbeschluesse/Eissler_Hermann_2009-11-20.pdf (3.12.2020).

Ausstellungskatalog Waldmüller, Ausstellung von Werken alter und moderner Kunst, Wien Galerie Miethke November–Dezember 1904, Wien 1904.
Ausstellungskatalog Ausstellung Deutscher Kunst aus der Zeit von 1775–1875, Gemälde und Skulpturen. Königliche Nationalgalerie Berlin, Januar–Mai 1906, Berlin 1906.
Ausstellungskatalog Sammlung Eißler Wien. Erster Teil. Alte u. neue Meister mit Ausschluß der Österreicher, Wien Kunstsalon Pisko 20–29.3.1908, Wien 1908.
Ausstellungskatalog Manet-Monet, Wien Galerie Miethke 1910, Wien 1910.
Ausstellungskatalog Corot-Delacroix-Courbet, Wien Galerie Miethke Februar–1.3.1911.
Ausstellungskatalog Französische Meister, Wien Galerie Miethke Jänner–Februar 1912.
Ausstellungskatalog Exposition rétrospective d'oeuvres de Vincent van Gogh (1853–1890), Galerie Marcel Bernheim 5.–24.1.1925, Paris 1925.
Ausstellungskatalog Die führenden Meister der französischen Kunst im XIX. Jahrhundert, 82. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession März–April 1925, Wien 1925.
Ausstellungskatalog Kaiser Franz Josef Jubiläumsausstellung »Altwiener Malerei«, Kunstverein München 6.–20. Jänner 1911, München 1911.

Katalog der Jubiläums-Ausstellung zur Feier des 80. Geburtstages von Professor Rudolf Alt, Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens, Wien, 29.4.1892.

Marian Bisanz-Prakken, Internationale Kunst in der Wiener Secession, in: Ausstellungskatalog Heiliger Frühling – Gustav Klimt und die Anfänge der Wiener Secession 1895–1905, Graphische Sammlung Albertina 16.10.1998–10.1.1999, Wien 1999, 162–196.

Alexandra Caruso/Anneliese Schallmeiner, Getrennt und gemeinsam: Die sammelnden Brüder Gottfried und Hermann Eissler, in: Eva Blimlinger/Heinz Schödl (Hg.), Die Praxis des Sammelns. Personen und Institutionen im Fokus der Provenienzforschung (= Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung 5), Wien-Köln-Weimar 2014, 99–134, URL: doi.org/10.7767/boehlau.9783205793564.99.

Franz Theodor Csokor, Schuß ins Geschäft (Der Fall Otto Eissler) (= Außenseiter der Gesellschaft – Die Verbrechen der Gegenwart 10), Berlin 1924.

Willy O. Dressler, Dresslers Kunstjahrbuch 1907. Ein Nachschlagebuch für deutsche bildende und angewandte Kunst, Jg. 2, Rostock 1907.
Willy O. Dressler, Dresslers Kunstjahrbuch 1909. Ein Nachschlagebuch für deutsche bildende und angewandte Kunst, Jg. 2, Rostock 1909.

Theodor von Frimmel, Die Waldmüller-Ausstellung in Miethkes Kunstsalon, in: Neue Freie Presse, 3.12.1904, 20, URL: anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nfp&datum=19041203&seite=20 (3.12.2020).
Theodor von Frimmel, Lexikon der Wiener Gemäldesammlungen A–F, München 1913.

Georg Gaugusch, Wer einmal war. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938. A–K (= Jahrbuch der Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft Adler, 3. Folge 16), Wien 2011.

Leo Grünstein, Gottfried Eissler als Sammler, in: Versteigerungskatalog Nachlass Gottfried Eissler. Gemälde, Aquarelle, Miniaturen, Plaketten, Silber, Keramik etc., Wien 1925.

Christian Huemer, Charles Sedelmeyer (1837–1925). Kunst und Spekulation am Kunstmarkt in Paris, in: Belvedere. Zeitschrift für bildende Kunst 5 (1999) 2, 4–19.

Vladislava Janušková, Kurzgefasste Geschichte der Stadt Bzenec bis zur Zeit vor dem I. Weltkrieg, Pädagogische Fakultät Brünn, Bakkalaureatsarbeit 2007.

Kommission für Literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Hg.), Arthur Schnitzler Tagebuch 1879–1892, Wien 1988.

Catherine Krahmer (Hg.), Julius Meier-Graefe. Kunst ist nicht für Kunstgeschichte da, Göttingen 2001.

Walter Koschatzky, Gabriele Koschatzky-Elias, Rudolf von Alt mit einer Sammlung von Werken der Malerfamilie Alt der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG, Wien 2001.

Sophie Lillie, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens (= Bibliothek des Raubes 8), Wien 2003.

Tobias G. Natter, Die Galerie Miethke. Eine Kunsthandlung im Zentrum der Moderne, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, Wien 19.1.2003–8.2.2004, Wien 2003.
Tobias G. Natter, Carl Moll – Stationen eines bewegten Lebens, in: Ausstellungskatalog Carl Moll (1861–1945). Maler und Organisator, Salzburg 1998, 25–39.

Therese Nickl/Heinrich Schnitzler (Hg.), Arthur Schnitzler. Jugend in Wien. Eine Autobiographie, Frankfurt am Main 2006.

Paul Rachler/Matthias Boeckl, Das Medium als Botschaft. Ausstellungen als Verbreitungsmotor von Ideen der Moderne, in: Ausstellungskatalog Wien-Paris. Van Gogh, Cézanne und Österreichs Moderne 1880–1960, Wien 2007, 11–21.

Paul Gustav Reinhardt (Hg.), Biographien der Wiener Künstler und Schriftsteller I, Wien 1902.

Arthur Roessler/Gustav Pisko, Ferdinand Georg Waldmüller, Wien 1907.

Werner J. Schweiger, Die Wiener Kunstwanderungen 1902 und die erste Ausstellung der ‚Modernen Galerie, in: Belvedere, Zeitschrift für bildende Kunst (2004) 2, 53–63.

Arpad Weixlgärtner, August von Pettenkofen, Wien 1916.

Publikationen der Person / Institution

Hermann Eissler, Edelweiß, Lieder eines Bergfexen, Wien 1888.
Hermann Eissler, Die Touristik als Sport, in: Deutsche Wacht, 5.6.1890.

Archivalien

Archiv der Österreichischen Galerie Belvedere, Zl. 208/1928; Zl. 41/1924; Zl. 898/1911; Zl. 344/1941.

Archiv der Wirtschaftskammer Österreichs, Registerblatt II für Gesellschaftsfirmen, Zl. 28/1871.

BDA-Archiv, Ausfuhrakten, K. 7, Zl. 764/1924.
BDA-Archiv, Historische Materialien, Wohnungsanforderungen I., II. Bezirk, GZ. 1987/1920, K I., II. Bezirk, GZ. 1996/1920, I., II. Bezirk, GZ. 2023/1920, K Wien XIII.-XXIII. Bezirk, GZ. 2904/1919.
BDA-Archiv, Restitutionsmaterialien, K. 34, PM Hortense Eissler, K. 41/1, PM Berta Morelli, K. 13/1, M. 11, K 10, M. 4, K 27/1, M. 3 und 6.
BDA-Ausfuhr, Zl. 1509/1938, Zl. 3076/1939,  Zl. 4107/1939.

NÖLA, Arisierungs- und Rückstellungsakten, Hermann Eissler, AND.

OeStA/AdR, E-uReang, VVSt, VA 668, Hermann Eissler; VA 669, Hortense Eissler.
OeStA/AdR, UWK, BMU, Sammelmappe 311.
OeStA/HHStA, Kabinettskanzlei, K. Z., Vorträge, K 8, GZ. 1313/1901.

Staatliche Museen zu Berlin – Zentralarchiv, IV/NL Bode 1637; IV/NL Bode 1638.

UAW, Fotoalbum für Sueß, Eduard (20.08.1831–26.04.1914; Geologie), Sign. 106.I.2500, 1901.

Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Nachlass Arthur Roessler, I.N. 149.726.

WStLA, Handelsgericht Wien, J. Eissler & Brüder, GZ. 28-6-97.
WStLA, LG für Zivilrechtssachen Wien, 25 Cg 199/39: Aufhebung der Ehe zwischen Hortense und Dr. Hermann Eissler am 31.8.1939; Zl. 63 RK 1446/49; 39 d Cg 120/70; 39 d Cg 147/71; 7 Ob 139/72.
WStLA, Vereinsarchiv, K. 1923, Gesellschaft zur Förderung moderner Kunst in Wien, Statuten und Protokoll der konstituierenden Versammlung am 23.2.1923.